03.04.-21.05.2012 Besteigung des Mt. Everest
05.04.2012 Erstes Lebenszeichen der Abenteurer
Nach knapp 6 Stunden Flug von Frankfurt nach Abu Dhabi (VAE) zum stopover, dann nach weiteren 5 Stunden Weiterflug sind wir am 04.04. gegen 16:30h zusammen mit unserer Gruppe, die wir bis zum Everest Base Camp führen werden, in Kathmandu angekommen. Die über 3 Mio Einwohner-Stadt ist typisch asiatisch, laute und mit Autos, Motorrädern, Dreirädern, Fußgängern vollgestopfte Straßen, überall kleine Geschäfte an und auf den Strassen, freundliche Menschen, viele mit Mundschutz, um dem allgegenwärtigen Smog zu widerstehen. Unser Hotel Vajra ist eine feine Adresse, eine ruhige Insel in der Hektik der Großstadt, umgeben von schönen Gärten, am nord-westlichen Rand Kathmandus gelegen.
Heute, am 05.04. haben wir die Swayambhunath Stupa, eines der bekannten buddhistischen Heiligtümer von Nepals Hauptstadt besucht und uns dabei so langsam in die besondere n Atmosphäre der Stadt und Kultur anzunähern.
Am frühen Nachmittag hat uns Billi Bierling, die 1. erfolgreiche Deutsche Everest-Besteigering von der Südseite (2009) – das ist auch unsere Route – besucht. Billi, geboren in Garmisch-Partenkirchen, lebt hier in Kathmandu und sie arbeitet für die legendäre Mrs. Holly, einer inzwischen alten Dame, die seit Anfang der 60er Jahre alle Besteigungen aller 8000er penibel genau registriert. Billi, selbst eine bekannte und erfolgreiche Bergsteigerin mit mehreren 8.000er im Gipfelbuch, hat uns „registriert“ für Ihre spätere Statistik. Falls wir es bis zum Gipfel schaffen, werden wir sie und Mrs. Holly Ende May dann in ihrem Büro besuchen.
Am Abend kamen alle Bergsteiger der Eco-Everest-Expedition 2012 und die leitenden Sherpas zu einem welcome-dinner zusammen, bei dem wir uns alle zum ersten Mal gesehen und gegenseitig vorgestellt haben. Wir sind insgesamt 15 Bergsteiger (6 Inder – darunter 2 Frauen - 5 US Amerikaner, 2 Georgier, wir beiden Deutsche, je 1 Tscheche, Däne und Canadier); in der Expeditionsleitung wechseln sich Dawa Steven Sherpa und Pertemba – ein legendärer Sherpa – ab. Sirdar, der Chef der Sherpas, ist Naga ein erfahrener Sherpa und der communcation officer ist ein US Amerikaner.
Namaste
Eberhard Schaaf und Paul Thelen
08.04.2012 Hillary Hospital und Yeti
Heute wollen wir nur 330 Meter höher nach Khumjung auf 3.780m. Es ist um 0°C frisch aber strahlend blauer Himmel, der uns nach kurzem Aufstieg den Blick freigibt auf den „schönsten Berg“ der Welt, die Ama Dablam, einem, 6.000er mit zwei Gipfeln. Links daneben wird zum ersten Mal auf dieser Tour „unser“ Berg, der Mt. Everest (8.848m), mit seiner typischen Schneefahne am Gipfel sichtbar. Der zuhause bereits von Tag zu Tag gestiegene Respekt vor diesem Giganten, erleben wir hier besonders bewußt in seinem direkten Anblick.
Der weitere Weg führt uns mitten über die steinige Landepiste eines unbefestigten Bergflughafens. Was mag hier in 3 Jahren los sein?
Von weitem sehen wir schon das Hillary Hospital, einem einstöckigen Flachbau. Was werden wir dort sehen und erfahren? Dr.Kami, der Leiter des Hospitales empfängt uns sehr freundlich. Von hier werden ca. 4.000 Menschen in der Region des Khumbutales medizinisch betreut. Das Hospital wurde von Sir Edmund Hillarry, dem Erstbesteiger des Mt. Everest im Jahre 1966 erbaut. Heute wird es ausschließlich von einer canadischen Stiftung und von Spenden finanziert. Auch wir überreichen hier einen Scheck über 1.500 US$ von den Teilnehmern unserer Gruppe, der deutschen Renate & Hubert Schwarz Stiftung sowie einigen weiteren Spendern.
Das Hospital ist mit Röntgen, Ultraschall und Labor ausgerüstet. Es hält eine Reihe von 2-Bett-Zimmern bereit, in denen auch Angehörige übernachten können. Die medizinische Versorgung der Sherpas ist kostenlos. Ein Schwerpunkt ist die Geburtshilfe, wodurch die Kindersterblichkeit deutlich gesunken ist. Dr.Kami, der selbst Sherpa ist, wird unterstützt durch einen Arzt und 7 medizinische Hilfskräfte. Sehr beeindruckt hat uns das Engagement von Dr. Kami und die hier gegebenen Möglichkeiten der medizinischen Versorgung auf fast 4.000 m Höhe ohne Infrastruktur.
In Khumjung besichtigen wir auch den berühmten Skalp des Himalya Yetis. Die alten Einwohner glauben, dass es ihn hier gegebenen hat. Ob wir ihn auf unserem Weg vielleicht doch noch treffen werden?
Eberhard Schaaf Paul Thelen
07.04.2012 Angekommen in der Bergwelt des Himalayas
Eberhard hat heute das Frühstück verschlafen, das liegt daran, dass er bereitds keine Uhr mehr benutzt. Trotzdem bekam er noch 5 Minuten vor Abmarsch sein Frühstück mit Marmeladenbrot und heißen Tee.
Der Weg führt uns von Phakding auf 2.610m nach Namche Bazar auf 3.450m. Es ist eine der längsten Tagesrouten auf dem Weg zum Base Camp mit rund 8 Stunden Gehzeit. Unterwegs geht es über die spektakuläre Hillary Bridge, die den Dudh Koshi (Milchfluß) genau da überquert, wo der Bothe Kosi einmündet.
Auf dem Weg fragt uns keiner nach der Zeit eher danach, wo kommst du her, wie die vier Mädels aus Thailand, die mit typisch asiatischem Lächen freundlich grüßen oder die fünf Trekker aus England, die sich schon auf das nächste Fußball-Länderspiel gegen uns Deutsche freuen.. Dass die Welt sehr klein ist, zeigt sich auch daran, dass wir hier unvermmittelt Paul`s Freund Fernando Grajales aus Argentinien treffen. Fernando ist ein drahtiger, schwarzgelockter Mittdreißiger aus Mendoza. Zusammen mit ihm war Paul zweimal auf dem Aconcagua. Wir werden ihn im Everest Base Camp wiedersehen.
Unser Treck nach Namche scheint unendlich zu sein; trotzdem fragen wir beide nicht mehr: wann kommen wir an oder wie weit ist es noch. Wir wissen, dass wir mit Gelassenheit und der Kraft unserer Beine das nächste Etappenziel erreichen werden. Die neben uns aus den Wolken auftauchenden Berge erreichen schon über 6.000 m Höhe. Ihre Eiskappen zeigen uns, dass wir am Fuße der höchsten Berge der Welt eingetroffen sind. Jetzt fühlen wir uns angekommen in Nepal.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
07.04.2012 Flug Kathmandu nach Lukla
Heute Morgen stand der spektakuläre Flug von Kathmandu nach Lukla an. Obwohl es in der Nacht bis 02:00h geregnet hat, strahlte der Himmel am Morgen in hellblau. Um 08:30 h war es dann soweit: die mit 14 Personen besetzte – 10 davon aus unserer Trekkinggruppe – und mit schwerem Gepäck beladene 2-motorige Maschine hob vom Airport Kathmandu ab und wenige Minuten später war die Flughöhe von 3.600m erreicht. Als Fluggast bekommt man die „Arbeit“ der beiden Piloten „live“ mit, da man ihnen über die Schulter schauen kann. Mit höchster Anstrengung beobachten sie das Gelände unter uns und vor allem das Wolkenbild, denn es wird immer diesiger und wolkiger. Gleichzeitig bedienen sie mit den Händen viele Knöpfe über, vor und neben sich und ab und zu ist Fußeinsatz an diversen Pedalen gefragt. Die schon älter aussehende Maschine hängt gut am Gas sprich die beiden Propeller-Motoren reagieren sofort auf Schubveränderungen.
Je höher wir kommen, um so schlechter wird die Sicht …..und die ist das wesentliche Kriterium für eine erfolgreiche Landung, denn „automatische“ Landung hier in den Bergen ist unmöglich – das handwerkliche Geschick der Piloten ist trotz eingeschränkter Sicht gefragt. Nach 30 Minuten beginnt bereits der Landeanflug; wir gehen runter auf 2.900 m und nach einigen Kurven taucht rechts vor uns ziemlich plötzlich die Landebahn auf: sie ist weltweit eine Besonderheit und gilt gleichzeitig als eine der gefährlichsten: 500m kurz, 15% nach oben geneigt und am Ende eine Felswand. Kaum haben wir sie gesehen, ist das Flugzeug schon kurz vor dem Aufsetzen und es folgt eine brutale Vollbremsung und wenige Augenblicke später steht der Flieger fast und rollt unter dem lauten Beifall aller Mitflieger nach rechts vor das kleine flache Flughafengebäude.
Innerhalb von 7 Minuten ist die Maschine ent- und schon wieder neu beladen mit Trekkern, die von Lukla nach Kathmandu zurück wollen.
Foto: Landeanflug Lukla
Uns empfangen Ang Chuldim Sherpa unser Tourguide und Jambu Sherpa sein Assistent, die uns nun zum Base Camp und die Gruppe dann später wieder nach Lukla zurückführen werden. Unsere 1. Trekkingetappe von Lukla auf 2.840m nach Pakding auf 2.610m führt über gut begehbare Wege durch kleine Dörfer, vorbei an weiß und rot blühenden großen Rododenron-Sträuchern. Bald erreichen wir die erste Hängebrücke. Einer guten Tradition folgend befestigen wir einen gelben Friedensschal am Drahtgeländer, halten kurz inne begleitet von dem Wunsch nach einer unfallfreien und erfolgreichen Bergtour. Später kommen uns erste Yaks entgegen, die hier im Solokhumbu die wichtigsten Transportmittel sind. Nach insgesamt 4 Stunden Gehzeit erreichen wir die schöne Jo`s Garden Lodge direkt am Dudh Koshi gelegen , einem wilden und lauten Himalaya-Fluß. Am Abend gehen die Temperaturen auf 5°C zurück, was die wohlige Wärme der Schlafsäcke besonders angenehm zur Geltung bringt.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
10.04.2012 Dorfleben im Khumbutal
Das Volk der Sherpas ist ursprünglich ein Volk von Farmern. Das sieht man auch heute noch bei unserer Trekkingtour hoch ins Khumbutal. Die jungen Bauernsöhne finden im Dorf keine Arbeit, sind daher arm und arbeiten als Träger für Trekker und Bergsteiger. Unsere Träger sind sehr jung und tragen schwere Lasten. Einige von ihnen schaffen es, Guides zu werden oder Lodges zu betreiben.
Wie zuhause ist auch hier jetzt die Zeit der beginnenden Aussaat. Unser Sherpa-Guide Chuldim erzählt, dass er auch in diesen Höhen zwischen 3. und 4.000m Erbsen, Möhren, Bohnen, Kohl, Zwiebeln, Lauch, Kartoffeln, Getreide, Mais, usw. anbaut. Besonders hat er sich mit seiner Frau gefreut über unser Geschenk von deutschem Saatgut.
Auf den Feldern sieht man z.Zt. nur Frauen, weil die meisten Männer mit Trekkern in den Bergen unterwegs sind. Wir sehen sie auch an Bächen oder Flüssen ihre Wäsche auf großen Steinen wie seit alters her waschen. Überall trocknen saubere Wäschestücke auf Steinen, über Hecken und auf Leinen.
Auch Kinder helfen mit bei der Feldarbeit und beim Hüten von Kühen und Yaks. Andere kleine Kinder spielen mit einfachem Spielzeug wie Steinen und Stöckchen vor Ihren Häusern. Dabei wundert es uns sehr, dass sie meist ohne Strümpfe und in leichter Kleidung bei Temperaturen unter 10°C draußen verbringen.
Es herrscht Schulpflicht, wobei die Kinder ab 6 Jahren teilweise stundenlange Anmärsche in Kauf nehmen müssen oder wochenlang im Internat wohnen. Immer mehr Kinder besuchen die Secendory School und einige können – unterstützt von ihren Eltern – in Kathmandu oder im Ausland (Philippinen, Australien, Japan oder China) studieren. Durch Sir Edmund Hillary wurde seit den 60er Jahren das Schulsystem im Khumbutal erheblich verbessert.
Besonders beeindruckt sind wir von einem Internet-Cafe, in dem 4 kleine Kinder an Computern spielen. Pauls Anliegen, eine e-mail von seinem Computer zu verschicken, wird von einem 12-jährigen perfekt gemanagt. Der Junge spricht sehr gut Englisch und ist mit dem fremden Computer sofort vertraut. Dieses Beispiel zeigt, dass der Umgang mit neuen Medien von der jungen nepalesischen Generation beherrscht wird.
Die Verbessrung des Lebensstandards scheint sich aber nur sehr langsam zu entwickeln. Alles Material wird entweder durch Yaks oder durch Träger in diese großen Höhen transportiert. Häufig begegnen uns Träger mit großen Kühlschränken, voluminösen Wasserbehältern, schweren Holzbalken, Türen und anderen Materialien. Trotz der schwierigen Lebensbedingungen sind die Menschen stets freundlich und helfen sich gegenseitig.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
11.04.2012 Unterwegs mit den tollen Menschen unserer Trekkinggruppe
2 Wochen zusammen auf engstem Raum und unter einfachsten Bedingungen in großer Höhe unterwegs – geht das gut?
Alle haben sich intensiv vorbereitet, aber sind sie auch körperlich fit für 8 -stündige Trekkingtouren bis auf 5.550m? Wird keiner höhenkrank oder bekommt Magen-Darmprobleme von der ungewohnten Ernährung? Sind alle mental für diese herausfordernde Bergtour gut drauf?
Als wir uns in Frankfurt vor dem Abflug trafen, war die Stimmung prima. Wer sind „wir“? Acht Deutsche, überwiegend aus Süddeutschland, 2 Frauen und 6 Männer im Alter zwischen 48 und 74 Jahren und Eberhard und Paul als Tour-Guide und Tour-Doktor. Tourveranstalter ist das Hubert-Schwarz-Zentrum, Büchenbach. Unser Ziel ist das Erreichen des Mt.Everest Base Camp (5.400m) und die Besteigung des Kala Patthar (5.550m). Dazu müssen wir in der Lage sein, mehrere Tagesetappen von bis zu acht Stunden und teilweise über 1.000 Höhenmetern zu schaffen.
Inzwischen sind wir auf über 4.000m angekommen. Alle sind gut drauf und haben die bisherigen Anstrengungen gut weggesteckt. Gerade haben wir einen höhenmedizinischen Vortrag einer neuseeländischen Arztin gehört. Sie arbeitet mit 2 Kolleginnen 3 Monate lang in dieser Höhe. In dieser Zeit werden sie über 200 Einheimische und Trekker an Symptomen von Höhenkrankheiten behandeln. Wir sind froh, dass wir nur Zuhörer und keine Patienten sind. Jetzt zahlt sich die gute Vorbereitung aller „unserer“ Teilnehmer aus.
Trotz unterschiedlichem Alter, Herkunft und Beruf sind wir ein gutes Team mit gegenseitiger Rücksichtsnahme, Unterstützung und Motivation in schwierigeren Situationen. Obwohl wir häufiger „schnaufen“ müssen, bleibt beim Aufstieg genügend Luft für ernste und heitere Gesprächsthemen.
Wir haben noch einige Höhepunkte vor uns: In 2 bzw 3 Tagen wollen wir auf dem Kala Patthar stehen und danach das Mt.Everest Base Camp besuchen. Dort verabschieden sich dann Eberhard und Paul von dieser tollen Truppe, um die Mt. Everest-Besteigung zu beginnen.
Auf dem Rückweg werden 3 Teilnehmer dann noch den 6.189 m hohen Island Peak, den sie schon respektvoll erwarten, besteigen. Wir werden zu dieser „unserer Truppe“ vom Mt. Everest aus noch Kontakt halten, bis sie vor uns Nepal verlassen hat.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
13.04.2012 Fanpost für Alemannia Aachen aus dem fernen Himalaya
Obwohl bei unserer Tour in den Höhen des Himalayas die Unterstützung unserer Gruppe bei der Besteigung eines 5.000er und die Erreichung des Mt. Everest Base Camp auf 5.400m zur Zeit im Mittelpunkt steht, verfolge ich natürlich mit Spannung Alemannias Kampf gegen den Abstieg. Als uralter Alemannia-Fan und Mitglied von Alemannia Aachen geht es mir dabei nicht nur um den sportlichen Verbleib in der 2.Liga sondern um viel, viel mehr.
Heute haben WIR unser 1. Ziel erreicht und waren mit Genuß, aber auch mit sehr hohen Kraftanstrengungen auf dem Gipfel des Kalla Patthar auf 5.550m. Der älteste Teilnehmer ist 74 Jahre alt.
Ich habe die enormen körperlichen und mentalen Anstrengungen unserer Tour-Mitglieder im manchmal kalten und wenig komfortablen Umfeld des Hochgebirges als tägliches Erlebnis vor Augen. Unsere Tourmitglieder gehen häufig an ihre persönlichen Grenzen! Tun das die Alemannia-Spieler auch, die das von Berufswegen tun müßten und die dafür gut dotiert werden? Neben dem sportlichen Verbleib in der 2.Liga geht ja – noch wichtiger - um den Erhalt von Arbeitsplätzen, den Bestand einer sozial/emotional wichtigen „Instituion“, eines starken Werbeträgers für die ganze Region und nicht zuletzt um die Vermeidung des Verlustes öffentlicher Gelder. Ich gehe davon aus, dass die Spieler dies erkannt und komplett verinnerlicht haben. Wenn sie absteigen, wird der Mangel ihnen stets anhängen und wenn die Alemannia in letzter Minute „gerettet“ wird, gehört dieser „Erfolg“ paradoxerweise mit zu den positiven Ereignissen ihrer Karrieren.
Das anliegende Foto von heute mit der Alemannia-Fahne auf über 5.000m Höhe und mit dem Mt. Everest im Hintergrund, verstehe ich als meinen persönlichen Fan-Support aus dem fernen Himalaya.
Paul Thelen
13.04.2012 Unser 1. Gipfel
Welche Kleidung trägt ein Marathonläufer auf über 5.000m Höhe bei Temperaturen von unter 0°C? Kurze Hose, T-Shirt und natürlich keine Handschuhe. Wir werden Zuschauer eines Mt. Everest Marathons, der in der unglaublichen Höhe von 5.100m gestartet wird und zum Ziel Lukla auf 2.800m führt.
Den Marathon-Läufern entgegen gehend haben wir einen langen Anmarsch hinauf nach Gorap Shep auf 5.130m vor uns. Trekker und Yak-Karawanen bevölkern die Route. Bald beginnt rechts von uns der Khumbu-Gletscher, der uns bis in die Höhen des Mt. Everest begleiten wird. Weiße Eisfelder wechseln sich mit Schotter ab. Es geht unendlich bergauf- und bergab und in der Gletscherwelt scheint keine menschliche Siedlung mehr möglich zu sein. Trotzdem tauchen plötzlich vor uns die höchsten Steingebäude der Erde auf: wir sind in Gorap Shep auf 5.130m.
In unserer Gruppe machen sich Symptome einer Höhenkrankheit bemerkbar. Trotzdem erreichen 8 von 10 gegen 14:30h den 5.550m hohen Kala Patthar, unseren 1. Gipfel. Bei wolkenfreiem Wetter haben wir einen exklusiven Blick auf das unter uns liegende Everest Base Camp sowie auf den 1. Teil der Aufstiegsroute über den gefährlichen Khumbu-Eisfall. Die Gipfelpyramide des Mt. Everest ist hoch oben links vom Nuptse erkennbar.
Später sitzen wir im geheizten Gemeinschaftsraum der Lodge, rundherum wird an Computern gearbeitet, Fotos betrachtet und Tagebuch geschrieben. Dies ist der letzte gemeinsame Abend mit unserer Gruppe, die uns morgen noch bis zum Base Camp begleiten wird.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
14.04.2012 Angekommen
Leise rieselt der Schnee und erzeugt eine fast weihnachtliche Atmosphäre – 17:00h wir haben unsere Einzelzelte bezogen und wärmen uns in den dicken Daunenschlafsäcken.
Hinter uns liegt der morgendliche Aufstieg von Gorak Shep (5.130m) zum Mt. Everest Base Camp auf 5.365m. Bis hier hat uns unsere Gruppe begleitet und wird im Gemeinschaftszelt unserer Eco-Everest-Expedition 2012 mit Tee bewirtet. Der Abschied von unserer Gruppe, die jetzt wieder nach Gorak Shep zurückgeht, fällt uns nicht leicht. Chuldim, der nepalesische Führer, „segnet“ uns mit einem gelben Gebetsschal. Mit herzlicher Umarmung verabschieden wir uns von jedem einzelnen Teilnehmer unserer Trekkinggruppe.
Jetzt beginnt für uns ein neuer Abschnitt. Herzlich willkommen werden wir von Pertemba, dem Base Camp Manager, den wir schon von Khumjung her kennen. Er zeigt uns unser zuhause für die nächsten Wochen: Küchenzelt, gemeinschaftliches Essenszelt, Versorgungszelt, Kommunikationszelt und die 19 Einzelzelte für die 16 Mt.Everest- und 3 Lhotse-Besteiger .Vor uns sind schon einige Inder eingetroffen, die uns freundliche „Antrittsbesuche“ in unseren Zelten abstatten und Gia, ein sympathischer Georgier.
Den 1.Abend verbringen wir im Essenszelt zusammen mit den Indern und mit Gia. Wir fühlen uns schon ein wenig zuhause hier im Base Camp in der freundlichen Atmosphäre wohl ausgelöst durch die ruhig-charistmatische Persönlichkeit von Pertemba, dem berühmten 66-jährigen Sherpa und der kameradschaftlichen Freundlichkeit der Inder und von Gia, dem Georgier. Aber, von anderen Everest-Besteigern wissen wir: der lange Aufenthalt hier im Base Camp zehrt am „seelischen Gleichgewicht“. Wie wird es uns ergehen?
Eberhard Schaaf Paul Thelen
17.04.2012 Wintercamping in über 5.300m
Wer hat Lust auf Camping? Auch bei -11°C in der Nacht, auf Blankeis mit losem Schotter, hügeliges und unbefestigtes Gelände, das Toilettenzelt in 20m Entfernung, dumpfes Grollen von abgehenden Lawinen, Wasserrinnsale unter dem Zelt, Wäsche, die direkt nach dem Waschen gefriert? Das ist unser Zuhause für die nächsten Wochen.
Die Tage sind durch Essenszeiten strukturiert: 08:00h Frühstück, 13:00h Lunch, 19:00h Abendessen immer im Gemeinschaftszelt. Dazwischen Rundgänge im Base Camp (Fläche: ca. 1.000m x 500m) und Besuche bei anderen Expeditionen, Akklimationsaufstiege bis auf 5.700m zu den umliegenden Bergen und Eiskletter-Training an den hohen Eissäulen des nahen Khumbugletschers,
Tagsüber ist es ziemlich warm - im Zelt bis 30°C; die Nächte lausig kalt bisher bis -11°C. Sie dauern 12 Stunden, da wir schon gegen 20:00h in die Schlafsäcke gehen und erst wenn die Sonne unsere Zelte erreicht, gegen 07:30h aufstehen.
Im Gemeinschaftszelt lernen wir allmählich alle anderen Teilnehmer immer besser kennen. Zu den Indern und Gia, dem Georgier sind noch 2 Amerikaner dazugekommen. Neben Persönlichem kommen wir immer wieder auf Themen aus Weltpolitik, Sport, Religion, Kultur, Umwelt, usw. zu sprechen.
Schon jetzt erkennen wir immer mehr für uns selbst die Wichtigkeit einer persönlichen, inneren Balance über die Zeitdauer des Aufenthaltes hier am Mt. Everest. Dabei spielt der regelmäßige, persönlich/telefonische Kontakt zu unseren Familien zuhause eine entscheidende Rolle. Wir sind dankbar, dass das Telefonieren gut funktioniert und zudem noch recht preisgünstig ist.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
18.04.2012 Einer, der mit uns auf den Everest geht
Bekanntlich ist unsere EEE 2012 international. Heute wollen wir Euch einen Teilnehmer etwas näher vorstellen: Gia aus Georgien, der erste, den wir im Base Camp getroffen haben. Er ist eine ganz besondere Persönlichkeit: geboren 1960, verheiratet, zwei Kinder, wobei er froh ist, dass keiner Bergsteiger geworden ist, zwei Enkelkinder und Dr. der Archäologie.
Sein persönlich wichtigstes Anliegen ist die Unabhängigkeit seines georgischen Volkes. Deshalb ist er in verschiedenen politischen Gremien aktiv, u.a. als Vorsitzender der demokratischen Partei Georgiens, als Fraktionsvorsitzender dieser Partei im georgischen Parlament sowie als Vorsitzender des Antikrisen-Councils Georgiens. An seinem Zelt weht immer die georgische Flagge im Wind.
Gia dürfte der erfolgreichste Bergsteiger Georgiens sein. Seit 1977 ist er auf der ganzen Welt unterwegs. Er hat 12 x 7.000er bestiegen, 8 x 8.000er, darunter den Mt. Everest zweimal von der Nordseite. Seit 2001 ist er Vorsitzender der IMA (International Mountaineering Association). Gia ist auch als Schriftsteller und Fotograph bekannt; so hat er ein Buch mit dem Titel „13 Stories“ geschrieben, Dokumentarfilme produziert, eine umfangreiche Chronik der georgischen Bergsteigergeschichte angefertigt, Fotoausstellungen organisiert, den Bildband „Big Mix“ herausgegeben und eine Monographie über archäologische Themen veröffentlicht.
Auch er unterstützt die Ziele der EEE-2012.
Auf die Frage, wie er sich auf diese Mt. Everest-Besteigung vorbereitet hat, antwortet er trocken: durch das Einpacken von 2 Flaggen: der georgischen Nationalfahne und einer Flagge mit der Botschaft: Georgia Without Occupants“
Eberhard Schaaf Paul Thelen
19.04.2012 Noch Zwei, die mit uns auf den Everest gehen
Beeindruckt sind wir von der Gruppe der 6 Inder, darunter besonders von den beiden 25-jährigen Frauen Nandi und Binita, die wir hier näher vorstellen.
Nandi kommt aus einer 4-köpfigen Familie, die in Südindien in der Nähe von Banglori lebt. Ihr Vater ist Konstrukteur und ihr Bruder arbeitet bei ihm. Sie selbst ist IT-Managerin im Fachbereich „business developement“.
Sie betreibt mehrere Sportarten: Volleyball, Jogging und besucht regelmäßig ein Fitness-Studio.
Schon im Alter von 17 Jahren hat sie davon geträumt, einmal den Mt. Everest zu besteigen. Ihre Sehnsucht nach den Bergen empfindet sie als „emotionalen Kontakt zur Natur“ und als „Verbindung zu Gott“.
Die Finanzierung ihres großen Traumes, die Besteigung des Mt.Everest, hat sie sich selbst erarbeitet durch die Kontaktaufnahme zu rund 80 Firmen, von denen sie 12 als Sponsoren gewonnen hat. Eine davon ist die große indische Firma Tata Steel, die u.a. auch den indischen „Volkswagen“ produziert.
Im Alter von 16 Jahren hat sie bereits mit Hochtrekking-Touren begonnen und so über die Jahre „Bergerfahrung“ gesammelt. Speziell auf den Mt.Everest hat sie sich durch Absolvierung eines 1-monatigen Basis-Bergkurses an einem 6.000er im Mai/2011 vorbereitet. Danach hat sie selbst weiter trainiert und als Everest-Vorbereitung in der letzten Woche den 6.189 m hohen Island Peak hier in der Nachbarschaft des Mt. Everest bestiegen.
Warum sie gerade die EEE-2012 ausgewählt hat? Sie unterstützt die ECO-Aspekte und sie fühlt sich wohl in ihrem indischen Team.
In ihrem noch jungen Alter hat sie eine bemerkenswerte Philosophie: Verwirkliche das, was du dir vornimmst oder Lebe Deine Träume!
Binita, die zweite Inderin, haben wir heute Morgen katzengewandt im Eisbruch klettern gesehen. Sie kommt aus Ost-Indien; ihre Eltern betreiben dort eine Farm, sie hat 2 Brüder und eine Schwester. Zurzeit arbeitet sie als Gast-Instruktorin bei ihrem Hauptsponsor, der Firma Tata Steel, in der Abteilung Abenteuerreisen. Für indische Frauen untypisch spielt sie in Ihrer Freizeit Fußball.
Sie hat bereits eine beachtliche Bergerfahrung. So bestieg sie den fast 7.000m hohen Aconcagua in Argentinien und zwei weitere 7.000er in Indien sowie mit Nandi zusammen den 6.189m hohen Island Peak.
Für uns unvorstellbar bereitete sie sich auf den Everest bei Bergtouren in Höhen von über 4.000m und Gewichten von über 20kg im Rucksack vor. Ihre Begleiter berichten auch über ihren 2.000km langen Wüstenritt auf Kamelen im letzten Jahr.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
20.04.2012 Klettertraining im Eisfall
Jeden Tag pünktlich um 18:00h friert alles Wasser rings um die Zelte, wieder Zeit, den Tag Revue passieren zu lassen. Das geht relativ komfortabel im geheizten Gemeinschaftszelt oder etwas unbequemer im eigenen Zelt.
Heute sind wir bei -9°C gegen 07:00h aufgewacht und haben nach aufgehender Sonne gegen 08:00h das Zelt zum Frühstück verlassen. Pertemba macht den Vorschlag, den Morgen für ein Eiskletter-Training zu nutzen. Gia, der erfahrenste Kletterer, überprüft jeden von uns, ob die angelegte Kletterausrüstung vollständig und technisch richtig ist. Dabei geht es u.a. um die richtige Länge der Rebschnüre für die Aufstiegsklemme und den Safty Belt. Auch die verschiedenen Abstiegshilfen werden individuell angepasst.
Die Sherpas haben für uns an einer 10m hohen und fast senkrechten Eisfahne im direkt vor uns gelegenen Khumbu Gletscher einen Kletterparcour mit Eisschrauben und Seilen eingerichtet, der einer Traverse am Gelben Band in ca. 8.000m entspricht. Zusätzlich fixieren Sherpas mehrere zusammengebundene Alu-Leitern über einer Gletscherspalte, damit wir das Überwinden von Gletscherspalten, wie es auf dem Weg nach Camp 1 erforderlich ist, üben können.
Unter Anleitung der Sherpas fühlen wir uns sicher, auf diesem ungewohnten Terrain. Dabei erinnern wir uns an die Trainingseinheiten zuhause mit den Obstleitern im Garten, die uns hier den Einstieg erleichtern.
Unfälle und Verletzungen am Mt.Everest sind oft Folge auch ungenügender technischer Vorbereitung. Um das zu verhindern, werden wir unsere Zeit im Base Camp noch ausführlich nutzen, um für die technisch schwierigen Abschnitte bestmöglich vorbereitet zu sein. Jede überflüssige Bewegung in 7. – oder 8.000m erfordert einen emensen Kraftaufwand, den es zu verhindern gilt. Durch diese Trainingsmaßnahmen stärken wir einerseits die eigene mentale Stärke und anderseits bauen wir ein persönliches Verhältnis zu den Sherpas auf.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
21.04.2012 Akklimatisationsaufstiege und Warten auf die PUJA
Heute Morgen sind wir beide mit Pertemba gegen 09:00h bei herrlichem Wetter vom Base Camp (5.360m) zum High Camp des uns gegenüberliegenden Pumori auf ca. 5.700m aufgestiegen. Pertemba nimmt dazu möglichst die „Direttissima“, einen ziemlich herausfordernden knapp 3-stündigen steilen Anstieg. Es geht meist über große Felsbrocken, manchmal spitz und ein wenig glatt, fast immer außer Atem, da sich hier die Höhe sehr deutlich bemerkbar macht. Während einiger Trinkpausen haben wir eine fantastische Aussicht auf die oberen Bereiche des Everest, die man vom Base Camp nicht einsehen kann: das gelbe Band, das wir an einem steilen Hang queren werden, den „Balkon“ und den Südgipfel sowie den Hillary Step, direkt unter dem Hauptgipfel.
Es hat uns sehr berührt, dass er heute vor genau 27 Jahren gegen 10:00h von der Nordseite her mit Sir Chris Bonnington, einem bekannten Englischen Wissenschaftler und Bergsteiger den Everest bestiegen hat. Minutenlang beobachten wir schweigend die Wolken, die über den Everest ziehen und folgen unseren Gedanken.
Heute Nachmittag gab es die von allen Expeditionen mit Spannung erwartete Zusammenkunft der Expeditionsleiter aller wichtigen Expeditionen auf der Südseite des Mt. Everest. Wir waren vertreten durch Pertemba und Bill Burke, unser sehr erfahrenes Teammitglied aus Kalifornien, der den Everest bereits 2009 von der Nordseite bestiegen hat und ältester amerikanischer Everest-Besteiger ist. In dem Meeting werden gewisse Regeln für das beginnende Besteigen des Berges festgelegt. Die wichtigsten Punkte:
§ Ø Am 22.04. findet die PUJA, die buddhistische Zeremonie zur Segnung von Menschen und Materialien statt, bevor der Berg bestiegen werden kann
§ Ø Danach kann theoretisch der Aufstieg zu Camp 1 (6.100m) erfolgen
§ Ø Die Route bis Camp 2 auf 6.400m wird durch die Sherpas ab dem 24.04. gesichert sein.
§ Ø Es werden Aluleitern zur Überwindung der Gletscherspalten und zur Besteigung der Eisblöcke in Längen von bis zu 12m verlegt.
Theoretisch dürfen wir also am 23.04. zum Camp 1 aufsteigen.
Gleichzeitig mit diesen Informationen verheißt aber der Wetterbericht nichts Gutes: es zieht ein Zyklon von Süden her auf unser Gebiet zu. Wenn der Wetterbericht stimmt, der aus Seattle/USA kommt und der laut indischer Expedition auch von deren Schweizer „Wettermann“ bestätigt wird, hat der Zyklon starken Wind/Sturm und viel Schnee im Gepäck und macht den Aufstieg am 23.04. und evtl. auch an den Folgetagen unmöglich. Für uns heißt das jetzt erst einmal abzuwarten.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
26.04.2012 Am 23.04. zum 1.Mal durch den berüchtigten Khumbu Eisfall
Allan Smith hat in der Zeit unserer Abwesenheit vom 23.04. – 26.04. in einem blog kurz berichtet, dass wir unsere 1. Akklimatisations-Rotation begonnen haben. Hier nun unsere Erlebnisse im Einzelnen.
Manche beschreiben die Durchsteigung des Khumbu-Eisfalls als „Himmel und Hölle“ zugleich, andere sagen: „Vergiss die Gefahr und genieße diese einmalige Eis- und Gletscher- Welt“. Der Khumbu-Eisfall wird auch als einer der spektakulärster Natur-Parcours für Eisklettern bezeichnet. Nach 3 Tagen sind wir heute, am 26.04. zurück im Base Camp und es fällt noch schwer, die Eindrücke genauer wiederzugeben. Am 23.04. haben wir uns zum ersten Mal auf den aufregenden Aufstieg vom Base Camp (5.400m) zum Camp 1 (6.100m) begeben. Nach dem Start morgens um 05:30h überquerten wir den zugefrorenen Gletscherfluß. Vor uns lagen im unteren Bereich des Gletschers hunderte Gletscherspalten.
Die breiteren und steileren müssen mit Aluleitern überquert werden. Die Leitern sowie die steilen und ausgesetzten Passagen werden alljährlich von den sogenannten „Eisdoktoren“ – besonders gewandte und erfahrene Sherpas – verlegt bzw. gesichert ert. Da sich der Khumbu-Gletscher ständig bewegt, müssen alle kritischen Stellen ständig neu gesichert werden.
Nach ca. 1 Stunde Klettern kamen wir in den Bereich, in dem der Gletscher haushohe Eisblöcke, die tief-blau schimmern und phantasievolle Formen bilden. Mit der steigenden Höhe der Eisblöcke wurden auch die zu überquerenden Spalten breiter und tiefer. Zunächst konzentrierten wir uns beim Überqueren voll und ganz auf die Technik, d.h. die Balance wurde gehalten durch 2 Sicherungsseile rechts und links, in die wir zusätzlich unsere Carabiner einhängten. Der beste Auftritt mit den Steigeisen bestand darin, diese hinter den beiden Vorderzacken auf die Sprossen aufzusetzen. Mit zunehmendem Aufstieg bekamen wir mehr und mehr Routine und wir trauten uns immer wieder durch die Leitersprossen hindurch in die Tiefe zu blicken. Unten eröffnete sich eine in Farbe und Form ständig wechselnde und einmalige Gletscherwelt.
Nach oben hin engt sich das Gletschertal ein. Rechts und links hängen riesige Hängegletscher, deren Ausläufer wir überwinden müssen. Das Eis dort sieht aus wie massives Glas. Kurz danach öffnet sich eine Hochebene und wir haben den Eisfall durchstiegen. Nach einer flach ansteigenden Passage sehen wir schon bald die Zelte von Camp 1 auf 6.100m. Gegen 12:30h, also nach 7 Stunden haben wir zum ersten Mal den Khumbu-Eisfall durchstiegen, zweifellos eine unserer bisher größten bergsteigerischen Herausforderungen. Die Nacht auf Camp 1 war etwa -10°C kalt und ziemlich stürmisch und es war kaum vorstellbar, am nächsten Morgen bei diesen Bedingungen weiter aufzusteigen.
Wie die nächsten 3 Tage (24.04.-26.04.) verliefen, schreiben wir in den nächsten blogs.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
26.04.2012 Am 24.04. zum 1.Mal von Camp 1 (6.100m) nach Camp 2 (6.500m)
Nach der kalten und stürmischen Nacht auf Camp1 - im Zelt -10°C und draußen etwa -15°C wagen wir uns kaum aus den Zelten. Gnadenlos aber wie am Vorabend abgesprochen wecken uns die Sherpas um 07:00h. Zum „Frühstück“ gibt es Tee am Zelt und Müsli. Der Grund für unser frühes Aufstehen liegt darin, dass wir heute den heißesten Teil der gesamten Aufstiegsroute durchsteigen werden: kaum vorstellbar – durch die „Spiegellage“ des Western Cmn = Stilles Tal – eingeklemmt von Everest, Lhotse und Nuptse – können in dieser Höhe oberhalb von 6.000m Temperaturen von bis zu 40°C Lufttemperatur auftreten. Die starke Abstrahlung der Sonnenstrahlen vom Eis und die beinahe Windstille verursachen derart hohe Temperaturen.
Nahezu unendlich zieht sich die Route über Gletscherspalten den Khumbu hinauf. Gott sei Dank erscheinen bereits nach 3 Stunden die an der Everest-Schulter links – noch ziemlich weit entfernt – die ersten Zelte. Wir haben vermieden, uns zu lange im immer heißer werdenden Western Cmn aufzuhalten, wenngleich es noch ein hartes Stück Arbeit ist, den oberen Rand von Camp 2 auf fast 6.500m zu erreichen.
Wir sind die ersten 4 aus unserer Expedition, die es bis hierhin geschafft haben. Als wir ankommen, sind die Sherpas noch dabei, das Camp aufzubauen. Es besteht aus 2-Mann-Zelten, einem Küchenzelt und einem ca. 15 qm großen Gemeinschaftszelt. Anders als in Camp 1 auf flachem Eis liegen hier unsere Zelte auf einem Schotterhang. Obwohl die Sherpas mit großem Arbeitseinsatz für jedes Zelt ein eigenes Plateau bauten, war es für alle sehr beschwerlich sich in diesem Gelände zu bewegen. Schon mehr als 3 Schritte bringen uns in Atemnot und erfordern hohe Aufmerksamkeit in dem losen Geröll.
Von Camp 2 aus kann man gut die Route nach Camp 3 (ca. 7.300m) erkennen.
Für diese 1.Rotation wollen wir in Camp 2 auf 6.500m zwei Nächte verbringen, um uns für diese Höhe zu akklimatisieren.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
27.04.2012 Am 25.04. Müllsammeln in Camp 2 (6.500m)
Wie von uns für die notwendige Akklimatisation auf verschiedenen Höhen geplant, wollen wir uns in dieser 1. Rotationen (Auf- und Abstieg vom und zum Base Camp) möglichst 2 Tage und 2 Nächte auf dieser Höhe von 6.500m aufhalten.
Wie schon berichtet, sind wir 4: Nick/USA, Gia/Georgien und Eberhard und ich die 4 ersten aus unserer Expedition, die vorgestern den Khumbu-Eisfall durchstiegen haben und gestern von Camp 1 hierher nach Camp 2 aufgestiegen sind.
Heute wollen wir 2 Ziele miteinander verbinden: Akklimatisation durch den Aufenthalt auf 6.500m und den Sherpas helfen, alte Abfälle hier in Camp 2 einzusammeln. Beides passt sehr gut zueinander, denn Akklimatisation erfolgt am besten mit leichter körperlicher Bewegung auf der entsprechenden Höhe, wenn man sich körperlich gut fühlt. Wir sind beide ohne die üblichen Kopfschmerzen, die sich häufig auf einer neuen Höhe einstellen und insofern beteiligen wir uns gerne an der „Mülleinsammlung“.
Camp 2 liegt auf einer Länge von ungefähr 500m – wie das Base Camp – direkt rechts am Rande des Khumbu-Gletschers und zwar genau an einer Stelle, wo unter dem Gletscher ein Felsausbuchtung nach oben, den Gletscher „zwingt“, beim Abfluss, untere Schichten nach oben zu drehen. Vereinfacht ausgedrückt: Jahrzehntealte Eisschichten werden hier nach oben befördert und mit ihnen auch alte Abfälle. Eine spezielle Erkundung durch Sherpas im letzten Herbst hatte ergeben, dass hier in Camp 2 der letzte Platz am Mt. Everest ist, wo noch „Rest-Müll“ zu entfernen ist, nachdem alle anderen Camps nahezu müllfrei sind.
Aus unseren eigenen Beobachtungen können wir bestätigen: das Base Camp ist sauber bis auf sehr wenige neue Abfälle, die am Ende der Saison beseitigt werden, Camp 1 ist völlig sauber und nur hier in Camp 2 ist einiges zu tun. Camp 3 und 4 kennen wir noch nicht; wir werden darüber berichten.
Nun zu unserem heutigen „Einsatz“ in Camp 2. Zusammen mit dem „Obersherpa“ Karsan machen Eberhard und ich uns, bewaffnet mit festen Müllsäcken, Handschuhen und unseren Eisäxten auf den Weg zum Gletscher. Schon aus einiger Entfernung sehen wir, dass an verschiedenen Stellen die unterschiedlichsten Gegenstände aus dem Eis herausragen: Zeltreste, Schnüre, Zeltunterlagen, Papier-Verpackung, Schuhe, zerrissene Kleidungsstücke, Plastiksäcke, Glasflaschen, und anderes mehr. Als erstes machen wir einen historischen Fund: einen Holzbalken aus den 50er oder 60er Jahren, wie Karsan meint, der damals von den frühen Bergsteigern zur Überwindung von Gletscherspalten benutzt wurde. Sehr bald füllen sich unsere Müllsäcke und nach 3-4 Stunden haben wir große Mühe sie auf dieser Höhe von 6.500m Höhe über Eis gehend zu unserem Sammelplatz zurückzuschleppen. Fazit: unser Einsatz zu Dritt brachte ca. 50 kg Müll.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
29.04.2012 Am 26.04. Abstieg von Camp 2 (6.500m) zum Base Camp (5.365m)
Nach 2 Tagen und 2 Nächten Aufenthalt in Camp 2 sind wir auf der Höhe von 6.500m gut akklimatisiert. Ein weiterer Aufenthalt auf 6.500m kostet sehr viel körperliche Energie wegen des geringen Sauerstoffgehaltes, der Kälte, des schwierigen Geländes, reduzierten Schlafes, etc. Deshalb empfiehlt uns Pertemba, unser erfahrener Expeditionsleiter, per Funk hinunter zum Base Camp zu kommen.
Wir starten um 06:30h nach einem kurzen Frühstück mit Tee, Porridge und Keksen. Es ist kalt – etwa -15°C – doch bald kommt die Sonne in das Western Cmn und in wenigen Minuten klettern die Temperaturen auf über Null Grad. Es geht flott bergab über den gut begehbaren Gletscher und bereits nach 1,5 Stunden tauchen vor uns die Zelte von Camp 1 auf. Dort treffen wir auf unsere „Nachfolger“: 5 Inder und 2 Amerikaner, die gerade aus ihren Zelten kriechen und heute nach Camp 2 aufsteigen wollen.
Nach einer Tasse Tee verabschieden wir uns in die große Herausforderung des heutigen Tages: den erstmaligen Abstieg durch den Khumbu-Eisfall.
Voran, unser „Ober-Sherpa“ Karsan, der von jetzt an während des gesamten Abstieges Mantras murmelnd und singend betet, geht es nach einem flachen Stück, direkt in die steil abfallenden Passagen die mehrere Stockwerke haushohen Eisblöcke hinunter, gesichert durch Seile. Bald erreichen wir einen Bereich, in dem in der letzten Nacht eine Eislawine unsere normale Abstiegsroute zerstört hat. D.h. hier gibt es keine Sicherungsseile und wir müssen uns über die großen und kleinen Eisblöcke nach unten kämpfen. Danach folgen viele Passagen, bei denen wir Gletscherspalten per Leitern überqueren: eine neue „Sportart“, denn die Leitern sind meist abwärts geneigt, was eine andere Technik erfordert. Dabei wird der Oberkörper etwas nach vorne/abwärts geneigt und die beiden seitlichen Sicherungsseile hinter dem Körper gefasst, was eine gewisse mentale Überwindung erfordert. Weiter unten gibt es wiederum viele Steilstufen abwärts, die lange Tritte erfordern. Einmal löst sich bei mir (Paul) ein Steigeisen, was aber der nach mir folgende Sherpa sofort bemerkt und ich kann es umgehend neu anlegen.
Zeit zum Fotografieren bleibt kaum: Der Abstieg erfordert alle Konzentration und jeder möchte so schnell wie möglich aus dem Eisfall herauskommen. Auf einem freieren Stück auf dem Gletscher, wo keine Seracs (Eistürme) umfallen können, machen wir eine kurze Trinkpause; die Sonne brennt unerbittlich auch hier mitten in der Eiswüste und Trinken ist immer noch die wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung der Höhenkrankheit.
Die Sherpas machen Druck: sie wollen so schnell wie möglich heraus aus dem Gletscher. Immer noch Mantras murmelnd, führt uns Karsan immer weiter hinunter; wir können kaum folgen, sehen aber die Zelte des Base Camps immer näher kommen, was auch uns beflügelt, unsere letzten Kräfte zu mobilisieren.
Endlich nach 4,5 Stunden seit Verlassen des Camp 1 kommen wir am „Crampons-Point“ an, dem Punkt, an dem wir unsere Steigeisen ablegen können, denn wir haben hier den Eisfall durchstiegen. Nun sind es noch über 30 min Gehzeit durch das Base Camp bis zum Standort unserer Expedition ganz im „Eingangsbereich“ des Base Camps.
Für den geglückten Abstieg bedanken wir uns nach guter buddhistischer Sitte, an der PUJA, dem in unserem Expeditionsbereich aufgebauten Altar, und opfern dort ein Paar bereitgehaltene Reiskörner. Pertemba, unser „Chef“, der über Funk unseren Abstieg verfolgt hat, begrüßt uns freundlich und empfiehlt uns jetzt erst mal einige Tage „relaxen“.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
29.04.2012 "Restdays" and "Restnights" im Base Camp
Wie ihr bestimmt schon mitbekommen habt, gibt es zwischen unseren Rotationen, d.h. den Aufstiegen auf immer größere Höhen zwecks Akklimatisation die Abstiege zum Base Camp, wo wir uns „erholen“ sollen, um wieder neue Kraft zu schöpfen. Hier einige etwas spassig, aber auch ernst gemeinte Beispiele, die das Leben im Base Camp charakterisieren.
Pass auf, wo du abends deine Zähne putzt wegen des Spülwassers, denn das ist morgens gefroren und du rutscht leicht darauf aus. Das gleiche gilt auch für die kleinen Wasserläufe, die tagsüber das Base Camp durchziehen und morgens überall zu Rutschbahnen werden.
Freu dich nicht auf die Nacht, denn sie wird bitterkalt – im Zelt bis zu -12°C. Wenn du die Füße 10 cm nach rechts oder links bewegst, sind sie neben der Matte und liegen nahezu auf Eis und Eisfüße werden nicht warm.
„Pippi at night“ mit Stirnlampe und Pi-Flasche im Zelt ist eine Herausforderung, ohne Stirnlampe wie Roulette, denn die Flasche ist irgendwann voll. Für mehr als Pippi mußt du raus. Dann sitzt du im Toi-Zelt auf einem a-kalten Sitz bei -15°C und Wind ohne Klospülung aber mit kaltem Mondschein. Und das ist die komfortable Base Camp-Lösung – weiter oben in Camp 1 – 4 sieht das ganz anders aus. Dann mußt du mit einer Tüte – genannt Sch-bag – vors Zelt. Dabei ist Zielen wichtig. Verschlossen wird der bag mit einem ZIP-Verschluß und landet so – gefroren - im Rucksack auf dem Weg zur Sammelstelle unten im Base Camp.
Angenehmes gibt es aber auch zu berichten: Lesen ist eine willkommene Abwechslung, es sei denn man hat seine Lektüre aus Reisegewichts-Gründen zu Hause lassen müssen. Dafür kann man vor dem Gemeinschaftszelt seltene Vögel fotografieren, die noch sogar in dieser Höhe leben. Verbringen sie den Winter in Indien?
Eine andere Beschäftigung hat unser dänischer Freund Jakob: Er geht hinunter nach Gorak Shep und trifft dort seinen Chef, der standesgemäß mit dem Heli einfliegt.
Zeit zum Nachdenken haben wir genug; das gelingt aber nicht so richtig wegen des Sauerstoffmangels in dieser Höhe.
Eisfallklettern wäre auch eine Option, aber von der Sportart haben wir noch genügend vor uns.
Wir können auch den Sherpas zuschauen, die immer arbeiten. Sie müssen das Wasser von weit her aus dem Gletscher holen. Sie bauen und optimieren im Küchenzelt zentrale Kochstellen aus großen Steinen, die perfekt ineinander gefügt sind.
Im Gemeinschaftszelt registrieren wir Produkte aus aller Welt z.B. Kräcker aus Malaysia, Kakao-Kräcker aus Brasilien, Marmelade aus Spanien, Käse aus Frankreich und Österreich, Milchpulver aus Belgien. Zu Trinken gibt es grünen, schwarzen, Kamillen-Tee, Milch, Kakao und Kaffee aus Pulver.
Geduscht wird immer mittwochs - in der Hocke, da der Wassersack sehr niedrig hängt. Der Koch bestimmt die Temperatur, indem er kochendes Wasser mit kaltem mischt und dann eine Zufallstemperatur dabei herauskommt.
Langeweile kommt nicht auf, da wir beide versuchen, unsere blogs up to date zu halten und sie dann auch trotz der sehr limitierten Internet-Kapazitäten abzusetzen.
Die Abende – bis max. 20:00h, dann ist „Schlafsackzeit“ – sind sehr interessant. Aus unserer internationalen Gruppe kommen tausende Geschichten aus Gipfelerfolgen und Tragödien an den Bergen dieser Welt, von denen wir inzwischen auch einige bestiegen haben und daher die stories gut nachvollziehen können.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
30.04.2012 Rippenprellung bei Paul
Heute ist zu berichten, dass mir ein kleiner Sturz vor 3 Tagen immer noch ziemlich zu schaffen macht. Am Abend des 27. April bin ich hier im Base Camp beim Gang vom Gemeinschaftszelt zu meinem Zelt in der Dunkelheit seitlich-rückwärts von einem Stein, der durchbrach, abgerutscht und mit einer Rippe auf einem anderen Stein ziemlich hart aufgeschlagen. Eberhard hat sofort diagnostiziert, dass die Rippe Nr. 10 zwar nicht gebrochen aber geprellt ist. Trotz Schmerzmittel und anderer Medikation waren die Schmerzen heftig. Beim Arzt hier im Base Camp, der die gleiche Diagnose stellte, haben wir geprüft, ob ein Helikopterflug zum Hillary-Hospital in Kunde hinunter auf 3.800m zwecks Röntgenuntersuchung weitere Klarheit bringen könnte. Die Doktores kamen aber zu dem Ergebnis, dass eine Röntgenuntersuchung auch keine grundlegende Änderung der Medikation bringen und deshalb wurden mir 4-5 Tage relaxen, relaxen, relaxen und eine Schmerzmitteltherapie verordnet.
Neben dieser klassischen Medizin werden mir auch die Erkenntnisse der „Traditionellen Georgischen Medizin“ per Salbe aus einem alten Geheimrezept und die Vorteile der „Traditionellen Indischen Medizin“ – Massageöl, persönlich überreicht vom obersten Führer der Indischen Grenztruppen im Grenzgebiet Indien/Pakistan - zuteil. Allerdings bleibe ich bei der Klassischen Schulmedizin. Seit heute habe ich neben der Schmerztherapie von Eberhard einen Stützverband verpasst bekommen, der auf jeden Fall Erleichterung bei bestimmten Bewegungen bringt.
Bisher hat das „Rippenproblem“ noch keine zeitliche Verzögerung bezüglich der 2. Rotation - Akklimatisation auf 7.200m – gebracht. Vermutlich werden Eberhard und ich am 02.Mai – einen Tag später, als die meisten anderen aus unserer Expedition – wieder durch den Eisfall nach Camp 2 und dann nach Camp 3 aufsteigen. Camp1 ist vorgestern Morgen um 09:00h durch eine Eislawine zerstört worden (das Camp war Gott sei Dank weitgehend leer), was – da wir auf der Höhe von 6.100m schon akklimatisiert waren – für unseren Ablauf keine entscheidende Bedeutung hat.
Ich hoffe auf Besserung und bin zuversichtlich, dass es am 02.Mai in die 2 Akklimatisation geht.
Paul Thelen
02.05.2012 Frustration - die Route nach Camp 3 (ca. 7.200m) ist nicht gesichert
Nachdem gestern Abend noch nahezu klar war, dass zumindest einige von uns morgen früh um 05:00h zum 2. Mal durch den gefährlich/schönen Eisfall das Base Camp in Richtung Camp 2 verlassen würden, zeichnet sich jetzt ab, dass wir noch weiter warten müssen.
Das Ziel der 2. Rotation ist es, nachdem wir nach der 1.Rotation auf 6.500m akklimatisiert sind, dass wir uns nun auf die Höhe von ca.7.200m akklimatisieren sollten. Dazu war geplant, vom Base Camp (5.365m) durch den Khumbu-Eisfall vorbei am durch eine Lawine zerstörte Camp 1 (6.100m) direkt zum Camp 2 (6.500m) aufzusteigen. Dort dann erneut eine Nacht zu verbringen und am nächsten Tag zum Camp 3 auf ca. 7.300m weiter hochzusteigen.
Die Route dorthin – direkt unterhalb des sogenannten „Gelben Bandes“ - ist aber seit Tagen, Gegenstand von Diskussionen, da die ursprünglich gedachte Route (auch die der Vorjahre) zu gefährlich ist und mehrfach durch Lawinen – vor allem Steinschlag zerstört wurde. Gestern haben einige langjährig erfahrene Profis die Route inspiziert und beschlossen, dass sie komplett (nach rechts) in Richtung Lhotse-Face / Nuptse verlegt und auch der Platz für Camp 3 weiter rechts vom Gelben Band liegen wird. Alle Expeditionen haben einige Sherpas abgestellt, die jetzt dabei sind, diese neue Route ausfindig zu machen und anschließend mit Fixseilen zu sichern.
Die erfahrenen Bergsteiger und Sherpas, die mehrfach am Everest waren, glauben, dass der trockene und daher schneearme Winter Ursache dafür ist, dass bei starkem Wind, mehr Steinlawinen zw., einzelne lose Steine nach unten geschleudert werden, was ein Passieren dieser Stellen zu gefährlich macht .
Wir versuchen nun, uns auf eine unbestimmte Wartezeit einzustellen, was hier im Base Camp nicht einfach ist. Allerdings war uns immer klar, dass solche Situationen eintreten können und wir werden berichten, wie wir sie überstehen werden.
Also jetzt ist Körperpflege angesagt, wir wissen noch nicht, wer wen rasiert. Die Feuchttücher reichen noch und wir müssen sie niccht zuteilen.
Zeit auch für Pertemba, meinen Schlafsack zuzunähen, an dem der Reißverschluß kaputt gegangen ist. Auch die Daunenjacke von Paul näht er, so daß die Daunen nicht mehr fliehen können. Wir werden die ersten Würste anschneiden und so den Tag ausklingen lassen.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
01.05.2012 Die Climberfamilie wartet im Base Camp auf besseres Wetter
Der aktuelle Wetterbericht sagt für die nächsten Tage „heavy winds“, das heißt mit über 120 km/h auf den Hochlägern voraus. Deshalb ist unsere 2. Akklimatisations-Rotation auf Camp 3 (ca.7.200m) noch nicht möglich, da zu gefährlich wegen Steinschlag, Lawinen, usw. So richten wir uns noch auf einige Tage im Base Camp ein, was mir (Paul) wegen der Rippenprellung sehr entgegenkommt.
Heute Morgen haben wir ein „family-photo“ unserer Eco-Everest-Expedition von allen Bergsteigern und Pertemba, unserem Expeditionsleiter, geschossen. Wir sind trotz der vielen Nationalitäten tatsächlich so etwas wie eine Familie für 2 Monate geworden, die sich intensiv bei den kleinen oder größeren gesundheitlichen Problemen oder in Ausrüstungsfragen intensiv unterstützt. Der Jüngste in unserer Gruppe ist 23 Jahre alt und der aktuell wohl beste Nepalesische Marathonläufer; der älteste ist mit 69 Jahren Bill Burke/USA, zur Zeit schon der älteste Everest-Besteiger der USA, der jetzt noch einen weiteren Besteigungsversuch unternimmt.
Interessant ist auch die Vielfalt der vertreten Berufe: mehrere Ingenieure, Rechtsanwalt, Immobilienmarkler, Arzt, Politiker, IT-Experten, Reiseleiter, Militär, usw. Dementsprechend abwechslungsreich sind auch die abendlichen Gespräche im Gemeinschaftszelt: Welche Vor- und Nachteile haben das angelsächsische und europäische Justitzsystem? Wie verwendet Norwegen den Überschuß aus seinen Erdöl- und Erdgasvorkommen? Was ist ein gerechtes Steuersystem? Wie wirken sich unterschiedliche Bildungssysteme in USA – Europa – Asien aus? Was bedeutet „Obamacare“ für die amerikanische Gesellschaft?
Breiten Raum nehmen aber natürlich auch die vielen Berggeschichten, insbesondere auch die Tragödien von 1996 am Everest ein, da einige der von John Krakauer beschriebenen Personen um Scott Fischer insbesondere „unseren“ Amerikanern persönlich bekannt sind.
So sind die Abende im Base Camp meist kurzweilig; dennoch hoffen wir, dass es am 03. Oder 04.05. auf die 2 Rotation geht.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
03.05.2012 Motivation weicht der Frustration
Der Wetterbericht und die Berichte aus Camp 3 hören sich inzwischen besser an. Statt der Windgeschwindigkeiten von 160 km/h am Gipfel und von über 100 km/h im Bereich von Camp 3 soll der Wind morgen dort nachlassen und auf unter 50 km/h heruntergehen.
Der 2. große Problembereich – die Verlegung und Sicherung der Route von Camp 2 nach Camp 3 - ist heute abgeschlossen worden. Jetzt um 17:00h Ortszeit sieht es so aus, dass morgen die 2. Rotation beginnt.
Um möglichst sicher durch den Eisfall zu kommen, werden wir um 03:00h aufstehen und um 04:00h mit dem Aufstieg beginnen. Wir, das sind nach jetzigem Stand: die 6 Inder, die beiden tschechischen Brüder, 1 Amerikaner, Gia, der Georgier, Eberhard und Paul und unser junger Nepalesischer Marathonläufer.
Der Plan ist, vom Base Camp (5.365m) aus durch den Khumbu Eisfall, vorbei am zerstörten Camp 1 über das heiße Western Cmn nach Camp 2 in 6.500m hochzusteigen. Dort wollen wir eine Nacht übernachten und dann übermorgen zum ersten Mal nach Camp 3 (7.300 – 7.500m) aufzusteigen. Das Camp 3 werden wir aber nur „touchen“, wie das in der Fachsprache heißt, also nicht in dieser Höhe übernachten, sondern am gleichen Tag wieder nach Camp 2 absteigen und dort 1-2 Mal übernachten.
Insgesamt werden wir also das Base Camp ca. 4 Tage für die Akklimatisation auf der Höhe von über 7.000m verlassen, anders ausgedrückt, voraussichtlich werden wir am 07.05. wieder im Base Camp zurück sein.
Mit Allen Smith, unserem communication manger ist abgesprochen, dass er von morgen bis 06./07.05. kurze Tages-statements über den Verlauf abgibt.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
04.05.2012 Die 2. Rotation beginnt
Nachdem wir 5 Tage nicht „on air“ waren, melden wir uns nun wieder bei unseren blog-Lesern. Dass es keine blogs gab, hatte 2 Gründe: Erstens unser communication manager Allan Smith mußte zurück nach Hause (Kalifornien), weil sein 88-jähriger Vater erkrankt war und Zweitens, weil Eberhard und ich zur 2. Akklimatisations-Rotation „am Berg“ waren. Hier nun unser Bericht zu den letzten Tagen beginnend mit dem 04.05.
Es ging sehr früh los: um 03:00h Wecken, bei -15°C. Mageres Frühstück – Porridge, 1 gekochtes Ei, 1 Scheibe Toast, Tee; dann um 04:30h Abmarsch, zuerst zu unserer Puja, wo alle ein Reisopfer brachten bzw. um für unfallfreie Tage am Berg zu bitten.
Dann im Schein der Stirnlampen, aber auch schon im Lichte des neuen Tages den fast 1 km langen „Stolper-Weg“ durch die Geröllhalden des Base Camps zum sogenannten „crampons point“ am Beginn des Eisfalls, wo die Steigeisen (= crampons) angelegt werden müssen.
Es ist jetzt 05:00h und wir beginnen unseren 2. Aufstieg durch diese einmalige aber auch sehr gefährliche Gletscherwelt. Nachdem wir bei der 1. Rotation mit dem ersten Auf- und Abstieg durch den Khumbu-Eisfall quasi den „bergsteigerischen Ritterschlag“ erhalten haben, können wir und diesmal etwas genauer umsehen und den Aufstieg sogar in Teilen genießen. Die allgegenwärtige Gefahr wird deutlich durch das ständige Beten – gemurmelte Mantras unserer beiden Begleiter Karsan und Pemba. Vor stahlblauem, kaltem Himmel türmen sich die haushohen Eisblöcke auf, manche nach unten geneigt, viele durch Wind, Sonne, Frost zu eigenen Formen, manche wie Segel geformt. Das Überwinden der Gletscherspalten durch darübergelegte Leitern ist inzwischen fast zur Routine geworden, auch wenn jede einzelne Leiter – es dürften etwa 20-30 Leitern „one way“ sein – jeweils die volle Konzentration erfordert.
Nach insgesamt 5 Stunden gegen 10:00h haben wir den Khumbu-Eisfall – jetzt zum 2. Mal von unten nach oben die ca. 700Höhenmeter durchstiegen und vor uns liegen die überwiegend zerstörten Zelte des Camp 1, über das eine Lawine hinwegfegte. Das Camp 1 war Gott sei Dank nahezu unbelegt; es wird eigentlich nicht als Camp mit längeren Übernachtungen benutzt.
Nach einer kurzen Trinkpause ging es unverzüglich weiter das inzwischen heiße Western Cmn hinaus zu Camp 2. Wie schon früher berichtet liegt das Western Cmn wie in der Mitte eines Spiegels, der gebildet wird von Everest, Lhotse und Nupse. Bei Windstille, wie an diesem Morgen, durch die starke Sonneneinstrahlung „von oben“ und die Rückstrahlung „von unten“ kommt es heute zu Lufttemperaturen von 25 – 30°C.
Wir haben in der dünnen Luft – inzwischen oberhalb von 6.000m – bei den heißen Temperaturen und mit unseren schweren Rucksäcken – ein Teil unserer Ladung deponieren wir in Camp 2 – schwer zu kämpfen. Wir brauchen insgesamt 4 Stunden von Camp 1 nach Camp 2, ehe wir endlich gegen 14:00h das Camp 2 auf 6.400m erreichen. Völlig erschöpft – die ganze „Operation“ kam uns vor „wie 2 Marathons hintereinander“ – beziehen wir erst mal unsere Einzelzelte.
Das Camp 2, welches wir ja schon von der 1. Rotation kennen, ist ein wirklich unwirtlicher Ort. Die Zelte liegen auf kleinen Plateaus und alleine der 20m-Weg vom eigenen Zelt zum Gemeinschaftszelt ist in dieser Höhe und bei dem „Moränengelände“ eine kleine Herausforderung.
Den Nachmittag nutzen wir zu „Erholung“. Am Abend ist nicht klar, welches Wetter uns am nächsten Morgen erwartet und damit, ob wir unser Ziel das Camp 3 auf 7.100m angehen können oder nicht.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
(ohne Bild, da Übertragungsproblem)
05.05.2012 Schlechtes Wetter
Wegen der Witterungsunwißheit haben wir uns darauf verständigt, gegen 06:00h das Wetter „mit eigenen Augen“ zu prüfen und dann zu entscheiden, ob wir nach Camp 3 aufsteigen können oder nicht. Der „Augenschein“ ergibt: mit -14°C ziemlich kalt, sehr windig, leichter Schneefall. Nach dem in Camp 2 gegenüber dem Base Camp noch sparsameren Frühstück entscheiden wir uns kurzentschlossen dafür, zu versuchen nach Camp 3 (7.100m) aufzusteigen in der Hoffnung, dass sich das Wetter bessert insbesondere der Wind nachlässt.
Zusammen mit den 5 Indern und den beiden „Tschechen-Brüdern“ machen wir uns um 07:00h auf den Weg, zunächst ohne Steigeisen über das Auf und Ab der Moränen-Geröll-Halde und dann mit Steigeisen in dem zunächst nur leicht ansteigenden Gelände in Richtung Lhotse-Face.
Schon nach kurzem Anstieg wird der Wind so stark, begleitet von Schneewolken – die Schneekristalle treffen wie kleine Geschosse auf die ungeschützten Stellen der Gesichtshaut – dass wir übereinstimmend zur Entscheidung gelangen, dass heute keine Möglichkeit besteht, Camp 3 zu erreichen. Wir machen uns auf den Rückzug nach Camp 2 und verziehen uns erst mal frustriert in unsere Zelte.
Am Nachmittag bessert sich das Wetter etwas und so nutzen wir den verbleibenden Tag einerseits zum Mülleinsammeln in der näheren Umgebung und andererseits (Eberhard) zum Schießen einiger Aufnahmen im wechselnden Licht, hervorgerufen durch die schnell vorbeiziehenden Wolken. Paul verschläft währenddessen den späteren Nachmittag.
Am Abend kommt eine schlechte Stimmung auf, als wir über Funk den Wetterbericht aus dem Base Camp bekommen: weiter Wind und leichter Schneefall, was so viel bedeutet wie Abstieg und Abbruch der 2. Rotation!
Eberhard Schaaf Paul Thelen
(ohne Bild, da Übertragungsproblem)
06.05.2012 Zum ersten Mal in Camp 3 (7.100m)
Zu unserer aller Überraschung zeigt sich das Wetter heute besser als der Wetterbericht des Vorabends aussagte: Beim Wecken morgens um 06:00h (- 15°C wie üblich im Zelt) wenig Wind, kein Schnee, kaum Wolken. Schon längst haben die Sherpas entschieden, dass es nicht wie befürchtet hinunter zum Base Camp und damit zum Abbruch der 2. Rotation geht sondern hinauf zum Camp 3 auf 7.100m.
Die sogenannten „Climbing Sherpas“ und „Ice Doctors“ haben die Route einige Tage vorher etwas nach rechts verlegt, um einem Gebiet mit Steinschlag auszuweichen; diese neue Route, die bis 2005 die Standard-Route war, gilt jetzt als sicher.
Um 07:00h sind wir auf der Piste – wieder wie am Vortag ohne Steigeisen auf der sehr unangenehmen Geröllstrecke, dann mit Steigeisen auf dem moderat ansteigenden Gletscherrücken zum sogenannten Lhotse-Face. Hier beginnt DIE Herausforderung: Auf 6.900m Höhe, am Fuße des Lothse-Face gilt es eine 200m hohe Eiswand, teilweise aus blauem Eis, Steigung ca. 80° zu ersteigen.
Eingeklemmt mit der Steigklemme in das Sicherungsseil und unter nahezu ausschließlicher Nutzung der beiden Vorderzacken der Steigeisen gilt es mit sehr großem körperlichen Aufwand Meter um Meter unsere Körper nach oben zu ziehen. Sehr häufig im Grenzbereich der körperlichen Kraft zahlt sich hier unser spezielles Bergtraining aus, dass die Mitarbeiter von MedAix AC-Laurensberg für uns ausgearbeitet hatten. An dieser Eiswand kommt es auf eine gute Koordination zwischen Arm- und Fuß-/Beineinsatz an und das über einen relativ langen Zeitraum! Gott sei Dank kommt es an einzelnen Seilabschnitten hin und wieder zu Staus, die uns kleine Pausen vergönnen und wieder zu Atem kommen lassen.
Endlich nach 2 Stunden anstrengender Arbeit gegen 12:00h haben wir den Bereich der gelben Zelte von Camp 3 auf 7.100m erreicht.
Erschöpft , aber ein wenig stolz und glücklich – bei Paul ist diese Höhe ein neuer persönlicher Rekord, Eberhard war früher schon einmal über 1.000m höher – genießen wir erst jetzt die wunderbare Aussicht: nach oben, den Everest zum Anfassen, zwar immer noch ca.. 1.800m vom Gipfel entfernt, nach unten, das ganze Western Cmn vor uns ausgebreitet.
Aus Akklimatisierungsgründen bleiben wir fast 1 Stunde und beginnen dann den Abstieg vom Steileis. Mit voller Konzentration gehen wir zum ersten Mal an die „Arbeit“, mit dem Abseilachter die so mühevoll erklommenen Steilstücke abzuseilen. In ca. 30 min gelangen wir so an das das untere Ende der Steilstufe. Mit positivem Gefühl ist der Rückweg von dort zu Camp 2 fast ein Kinderspiel, denn wir wissen, heute haben wir etwas besonders erreicht.
Müde aber zufrieden fallen wir in die kalten Zelte von Camp 2 und freuen uns schon auf den morgigen Abstieg zum Base Camp.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
(ohne Bild, da Übertragungsproblem)
07.05.2012 Abschluss der 2. Rotation
Nach einer „gut geschlafenen Nacht“ ertönt heute um 06:00h der schon gewohnte Frühstücksgong (Löffel auf Alutopf). Das Aufstehen fällt wie immer bei -15°C schwer. In dieser Höhe von 6.400m gerät man bei einer unbedacht schnellen Bewegung sofort außer Atem, was wiederum durch zusätzliches Atmen ausgeglichen werden muß. Besonders große Mühe macht das Anlegen des Klettergurtes mit eiskalten Fingern. Es ist ein besonderer Balanceakt in die 3 „Schlaufen“ so einzusteigen, dass hinterher alle benötigten Karabiner, Schlaufen, Achter, usw. griffbereit an der richtigen Stelle hängen.
Gegen 07:00h verlassen wir das nicht besonders beliebte Camp 2 in Richtung Western Cmn abwärts. Die Stimmung ist gut, weil wir gestern unser Ziel erreicht haben; allerdings es ist ziemlich kalt und wir frieren an Fingern und Füßen. Die erste Herausforderung des Tages ist die breite Gletscherspalte, die mit 2 zusammengebundenen Leitern überquert werden muß. Nach gut einer Stunde erreichen wir Camp 1. Hier wird das fast völlig zerstörte Camp wieder aufgebaut.
Inzwischen ist die Sonneneinstrahlung so stark, dass wir unsere Daunenjacken ausziehen und im Rucksack verstauen können. Nun steht unser „4. Durchgang“ bzw. der 2. Abstieg durch den gefährlichen Khumbu-Eisfalls an. Wir registrieren bei unseren beiden Sherpas eine respektvolle Konzentration. Wie immer, in gefährlichen Situationen, murmeln sie ihre Mantras, was auch bei uns die Konzentration und den Respekt für den vor uns liegenden Abstieg erhöht.
Der obere Teil des Eisfalls besteht aus riesigen schiefen, haushohen Türmen blauen Eises. Die Sherpas schaffen es immer wieder, eine mit Seilen abgesicherte Durchquerung durch dieses Labyrinth zu ermöglichen. Je weiter man nach unten absteigt, umso mehr werden unsere technischen Fähigkeiten gefordert. Es gilt Spalten per Leitern zu überwinden, sich an steilen Eisplatten abzuseilen, sich durch schmale Eisspalten zu zwängen und senkrecht/steile Stufen hochzuziehen.
Bei der Überquerung einer der Gletscherspalten, die mit 2 zusammengebundenen Leitern „gesichert“ ist, stockte Paul der Atem. Mitten über der Gletscherspalte hatte sich sein rechtes Steigeisen genau dort eingeklemmt, wo die beiden Leitern mit Stricken verbunden sind. Stocksteif blieb er erst mal stehen, um die Situation genauer zu analysieren. Die beiden Sherpas und Eberhard erkannten natürlich auch sofort das Missgeschick und begannen „von außen“ entsprechende Lösungsvorschläge zu geben. Vorfuß heben, Hinterfuß heben, ganzen Fuß bewegen. Alles führte aber nicht zum Lösen des eingeklemmten Steigeisens. Paul selbst dachte daran, das Steigeisen vom Schuh zu entfernen, um so aus der Klemme zu kommen. Glücklicherweise kam er aber durch viele „Wackler“ aus der misslichen Lage heraus und mit wenigen Schritten auf sicheres Eis.
Uns zwar bekannt, aber wieder scheinbar unendlich, zieht sich der untere Teil des Gletschers in glühender Hitze noch einigen Stunden hin und völlig ausgepowert erreichen wir gegen 13:00h das Base Camp.
Wir sind glücklich, diese 2. Rotation erfolgreich bis auf 7.100m beendet zu haben. Jetzt sind wir akklimatisiert für einen Gipfelversuch.
Das weitere Vorgehen hängt jetzt vom Wetter ab.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
(ohne Bild, da Übertragungsproblem)
11.05.2012 Wir werden nervös - das Wetter spielt nicht mit!
Jetzt sind wir 3 Tage „auf Urlaub“ in der schönen Lodge Himalayan Hotel-Lodge in Pheriche auf 4.275m. Gestern und heute haben wir von hier aus mehrstündige Trekkingtouren gemacht, um nicht ganz einzurosten.
Allmählich werden wir nervös, weil die Zeit läuft: Ziemlich sicher setzt ab der 1. Juni-Woche der von Indien heraufziehende Monsun ein; d.h. viel Schnee und keine Chance überhaupt vom Base Camp loszukommen. D.h. andersherum: es gibt nur noch max. 20 Tage die Chance, bei einem entsprechenden Wetterfenster von 3-5 Tagen für einen Gipfelversuch. Wie wir hören, sind aus unserer Expedition schon 2 Teilnehmer abgereist, einer weil er krank ist, einer weil er nicht an eine Wetterbesserung glaubt.
Trotz dieser nicht befriedigenden Situation versuchen wir beide uns zu konzentrieren auf Fragen, die bei einem Gipfelversuch beantwortet sein müssen und darauf fokussieren wir uns, falls es doch „plötzlich“ los geht:
§ Ø Wie genau funktioniert das Sauerstoffsystem? Wir haben tschechische und russische Flaschen, 4 kg schwer, 380 atü Druck, Reichweite ca. 9 Stunden bei 2 ltr/min Verbrauch. Der Regulator ist das russische System Poisk und die Maske ist neu entwickelt von dem britischen ehemaligen Luftwaffenmitarbeiter Ted Atkinson, unserem Zeltnachbarn im Base Camp mit Spitznamen „Mr. Oxygen“. Mit ihm haben wir einen laufenden Kontakt, um alles über Funktion, Handling, Fehlfunktionen, usw. zu erfahren
§ Ø Wieviele Flaschen Sauerstoff brauchen wir genau? Wo genau sind die Wechseldepos?
§ Ø Welche Verpflegung werden wir oberhalb von 7.000m haben bzw. sinnvollerweise zu uns nehmen, wenn der Körper auf einen komplett anderen „Modus“ umschaltet?
§ Ø Welche genaue Kleidung werden wir ab 7.000m tragen? Reicht die dicke Unterwäsche aus, uns bei 7.100m (Camp 3) und 7.800m (Camp 4) im dicken Dauen-Schlafsack warm zu halten? Wie funktioniert das Schlafen mit Sauerstoff in den Camps 3 + 4?
§ Ø Welche (wenigen) Medikamente werden wir mitnehmen? Wie sind sie verteilt auf uns beide und unsere Sherpas?
§ Ø Wie ist ganz genau der zeitliche Ablauf in der Gipfelnacht? Um wieviel Uhr müssen wir unterwegs sein? Zu welchen Zwischenzeiten sollten wir an welchen markanten Routenpunkten (Balcony, South Summit, Hillary Step, etc.) sein?
Gott sei Dank halten uns alle diese Fragen so „auf Trapp“, dass das Wetterthema etwas in den Hintergrund rückt. Wir konzentrieren uns auf das, was wir beeinflussen können, um bestens vorbereitet zu sein, falls es einen „Startschuss“ für einen Gipfelversuch gibt.
Wir haben uns entschlossen, morgen früh zum Base Camp aufzusteigen. Dafür brauchen wir von hier 2 Tage. Wir werden also am 13.05. dort ankommen und melden uns dann am 13. oder 14.05. vom Base Camp wieder mit dem nächsten blog.
Eberhard Schaaf Paul Thelen
(ohne Bild, da Übertragungsproblem)
14.05.2012 Schon morgen geht es los!
Am 12.05. sind Eberhard und ich von Pheriche (4.200m) in einem kleinen “Gewaltmarsch” ueber Thukla, Lobuche und Gorak Shep in 7 Stunden zum Base Camp (5.400m) zurueckgekommen. Die Trekker unserer Gruppen kennen diese Strecke, die wir normalerweise in 2 ½ Tagen mit Uebernachtungen in Lobuche und Gorak Shep zuruecklegen. Bei unserem Aufstieg haben wir unsere Rucksaecke einem Traeger uebergeben, allerdings mit dem negative Nebeneffekt, dass das Display unseres schoenen notebooks, dabei irreparable zerstoert wurde und fuer den Rest unseres Aufenthaltes nicht mehr gebraucht warden kann.
Der Ersatz ist ein aehnliches nepalesisches notebook, welches aber noch einer entsprechenden “freundschaftlichen Annaeherung” bedarf.
Formatierungen, Rechtschreibung und aehnliche “fitures” werden vielleicht noch etwas zu wuenschen lassen.
Aber nun zu den wichtigen Neuigkeiten im Base Camp?! Wegen des bisher schlechten, sprich viel zu stuermischen Wetters oberhalb von Camp 3, ist die Route oberhalb von 7.100m noch nicht besteigbar. Das, und andere Gruende haben dazu gefuehrt, dass sich das Base Camp schon merklich geleert hat. Z.B. die grosse HiMex-Expedition mit ueber 30 Bergsteigern ist komplett abgereist. Auch unsere Expedition hat sich um 3 Bergsteiger reduziert, die aus unterschiedlichen Gruenden abgereist sind.
Der Wind spielt insofern eine entscheidende Rolle, weil der sogenannte Jet-stream mit hohen Geschwindigkeiten ueber die Everestregion hinwegfegt und wir warten jetzt darauf, dass er etwas seine Richtung aendert und wir dann ruhigere Verhaetnisse, d.h. Windgeschwindigkeiten von unter 50 Stundenkilometer haben werden.
Seit heute gibt es nun die “Frohe Botschaft”, dass der Wind ab
17./18.05 abnehmen soll und die 2-3 Tage danach verbesserte Aufstiegsmoeglichkeiten bestehen. Deshalb hat unsere Expeditionsleitung heute morgen entschieden, dass eine 1. Gruppe morgen frueh zum 3. Mal durch den Khumbu Eisfall zu Camp 2 aufsteigen soll. Diese 1.Gruppe wird bestehen aus: Gia, dem Georgier, Nick aus Aricona, den beiden Bruedern aus Tschechien und aus Eberhard und mir.
Die 6 Inder werden dann am 16. oder 17.05. folgen. Der Abstand zwischen den beiden Gruppen ist notwendig, um einerseits aufs Wetter zu reagieren und andererseits weil ab Camp 3 nicht genuegend Zelte fuer beide Gruppen zur Verfuegung stehen.
So besteht unsere heutige Tagesarbeit ausschliesslich darin, jedes einzelne Detail festzulegen, welches wir morgen frueh mitnehmen werden. Der vorlaufige Zeitplan fuer die naechsten Tage sieht wie folgt aus: 15.05. Aufstieg nach Camp 2 (6.500m); 16.05. Verbleiben auf Camp 2; 17.05. Aufstieg nach 3 (7.100m); 18.05. und 19.05. Kurzstopp in Camp 4 (7.800m), Gipfelversuch und Abstieg moeglichst bis Camp 2 (6.400m). Ob das so ablaufen wird ist natuerlich offen, da neben dem Wetter von vielen anderen Faktoren abhaengig.
In der Zeit, in der Eberhard und ich “oben” sind, werden Pertemba oder Dawa Steven kuerzere blogs ueber den aktuellen Stand verfassen und wir hoffen Euch darueber gut informiert.
Wir muessen uns jetzt auf das Wesentliche hier am Berg konzentrieren:
den Gipfel erreichen und heil herunterkommen.
Eberhard und Paul
19.05.2012 Gipfelsturm
Hallo Alle zusammen,
ich habe neue Nachrichten aus dem Base Camp:
Paul und Eberhardt haben gestern das Camp 4 erreicht und wollen heute den Gipfel besteigen! Wir drücken Ihnen die Daumen, dass sie ihr Ziel erreichen und gesund wieder kommen! Sobald ich weitere Neuigkeiten habe, lasse ich es euch wissen…
Stefan
21.05.12
21.05.2012 Jaehes Ende des Everest-Projektes; Dr.Eberhard Schaaf stirbt an der Hoehenkrankheit (HACE) Alles sah nach einem gelungenen Gipfelerfolg aus. Eberhard war mit 4 anderen aus unserem Gipfelteam am 18.05. gegen 20:30h zum Gipfel aufgebrochen. Am 19.05. kam gegen 11:30h im Kommunikationszelt von Camp 4 die Meldung: Eberhard hat soeben den Gipfel erreicht! Auf dem Abstieg im Bereich des Hillary-Steps, kurz unterhalb des Gipfels, also immer noch auf ca. 8.800m, passierte es dann: Eberhard verstarb in kurzer Zeit an der Hoehenkrankheit (HACE) Da ich meinen Gipfelversuch fuer den 20.05. geplant hatte, befand ich mich in Camp 4 (7.950m) und habe alle Versuche, Eberhards Leben zu retten, mitbekommen.
Ich trete morgen meinen vorzeitigen Rueckweg nach Kathmandu an und fliege voraussichtlich am 26.05. nach Deutschland zurueck.
Von Beileidsbekundungen an die Familie von Eberhard moege bitte abgesehen werden. Wenn Fragen zum Hergang am 20.05. bestehen, bitte diese an mich stellen.
Paul Thelen