02.08- 16.08.2011: Zum fünften Mal auf dem Kilimandscharo
Tourenbericht über die Besteigung von Mt.Meru und Kilimandscharo
vom 02.08.- 16.08.2011
(Veranstalter Hubert Schwarz)
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02.08.2011
In aller Frühe starten wir von den Zubringerflughäfen Nürnberg, Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Hannover nach Amsterdam. Um 10:25 Uhr hebt dort unsere Boeing 777-300 zum 91/2-stündigen Flug nach JRO – Kilimandscharo Airport ab.
Wir sind insgesamt 11 Teilnehmer, 3 Frauen: Antonia, Doris und Margit und 8 Männer: Bernd, Bernhard, Eberhard, Paul, Roland und Rudi, der Tour-Doc Eberhard und ich. Die Jüngste ist 53 Jahre, der älteste 70 Jahre. Alle haben sich in den letzten Monaten unterschiedlich mit Fahrradfahren, Laufen, Treppensteigen und der einen oder anderen Wandertour intensiv vorbereitet.
Nach ruhigem Flug landen wir gegen 19:45 Uhr Ortszeit – es ist mittlerweile schon dunkel geworden – am Kilimandscharo-Flughafen und wir werden dort von zwei freundlichen Mitarbeitern der Meru View Lodge, unserem Domizil für die Zeit, die wir nicht „am Berg“ verbringen, abgeholt. Leider ist ein Koffer von Margit nicht angekommen, was für sie natürlich einige Unannehmlichkeiten mit sich bringt – hoffentlich die einzigen dieser Art auf unserer Tour.
Nach 40-minütiger Fahrt mit dem Bus werden wir in der Lodge von freundlichen Mitarbeitern herzlich begrüßt. Nach einem schmackhaften Spätimbiß und einem zünftigen Kilimandscharo-Bier begeben wir uns in die hübschen Bungalows in die erste Nachtruhe in Afrika, sicher behütet von Moskitonetzen über unseren Betten.
03.08.2011
Geweckt durch das fröhliche Krähen einiger Hähne in unmittelbarer Nachbarschaft und sonstigem bereits munterem Federvieh sind wir schon früh bei Tagesanbruch auf den Beinen. Noch vor dem Frühstück sehen wir uns das grüne und blühende parkähnliche Gelände der Lodge etwas näher an und stellen fest, dass wir in einem tollen Stückchen afrikanischer Erde gelandet sind.
Nach einem gemütlichen Frühstück, vor dem die ab jetzt täglich mindestens 2-malige Sauerstoff- und
Herzfrequenzmessung durch unseren Tourarzt Eberhard erfolgt, machen wir uns per Bus auf, um eine Massai-
Siedlung in der Nähe von Moshi zu besuchen.
Während der fast 2-stündigen Fahrt mitten hinein in die Massai-Steppe – z.T. über tiefsandige Trails, die alle
Allrad-Technik unseres Busses erfordert - bekommen wir schon einen intensiven Eindruck dieser flachen
Hochebene am Fuße des Kilimandscharos. Dieser bleibt uns allerdings vorerst leider hinter einer dicken
Wolkendecke verborgen.
Die Massai begrüßen uns mit einem klassischen Massai-Tanz, mit dem sie uns in ihr Dorf führen.
Der schnell aber gut englisch sprechende Massai Freddy führt uns in eine Art „Museumshütte“ und erklärt uns nun zunächst wesentliche Ereignisse aus der Geschichte des Massai:
Ø Eingewandert vor 5-600 Jahren aus Nordafrika (Süd-Ägypten)
Ø Danach hauptsächlich ansässig in Kenia und in der Serengeti Tansanias
Ø Vor ca.100 Jahren, als sie zum Schutz der Tierwelt aus der Serengeti vertrieben werden sollten, in Kämpfe mit der englischen Kolonialmacht verstrickt
Ø Heute hauptsächlich verteilt auf 3 Gebiete: immer noch in Kenia, in der Serengeti Tansanias einschließlich des Kilimandscharogebietes und weit im Süden Tansanias
Sehr interessant sind auch Freddys Erklärungen zur Gesellschaftsform und zum Zusammenleben der Massai, als eigenständiger Volksstamm innerhalb Tansanias. Die männlichen Massai sind entsprechend ihrem Alter in folgende „Klassen“ aufgeteilt:
Ø Alter 0 – 8 Jahre: Babies und kleine Kinder, die vorwiegend bei der Mutter bzw. in der Großfamilie leben
Ø Alter 8 – 18 Jahre: sie sind Viehhirten, stehen unter dem Kommando des Vaters, dürfen keine Kontakte zu Mädchen haben.
Ø Alter 18 – 30 Jahre: Im Alter von 10 – 18 Jahren werden sie beschnitten und sind danach „junge Krieger“. Sie schützen das Dorf vor Raubtieren und Überfällen, suchen neue Weidegründe und organisieren die Wanderungen in andere Gebiete. Sie dürfen mit unbeschnittenen Mädchen Beziehungen eingehen und unterstehen nicht mehr dem Vater. Am Ende ihrer Zeit als „junge Krieger“ dürfen sie heiraten.
Ø Alter 30 – 40 Jahre: „ältere Krieger“, die die „jungen Krieger“ als Paten führen und ähnliche Aufgaben wie die „jungen Krieger“ haben.
Ø Alter 40 – 60 Jahre: „junge Alte“, die sich um das Lehren der jüngeren Generation in allen Fragen des Alltages und der Weitergabe der Massai-Kultur kümmern.
Ø Alter 60 – Lebensende: die „alten Alten“, quasi die Häuptlinge, die ständig im Kral bleiben und Ansprechpartner für die Frauen und Jungen sind. Sie brauchen nicht meh arbeiten, dürfen ständig sitzen und sind erkennbar an Statussymbolen wie Gnu-Schwänze oder Stöcke. Sie bilden gleichzeitig das oberste Rechtsorgan des Clans bzw. Krals.
Weitere Informationen zum Zusammenleben der Massai sind:
Ø Die Massai haben ihr eigenes, staatlich anerkanntes Rechtssystem innerhalb Tansanias
ØDer Ältestenrat (Männer 60+) legt bei Vergehen, die einzelne Massai begehen, Strafen fest, die unter anderem bis zum Verlust von mehreren Stück Vieh des Verurteilten führen
Ø Es gibt 2 Religionen: Muslime und Christen
Ø Üblicherweise leben Christen monogam und Muslime polygam
Nach einem sehr schmackhaften Mittagsmenü, welches in der gut ausgestatteten und sehr sauberen Küche des Dorfes zubereitet wird, machen wir einen kleinen Bush Walk.
Dabei erläutern uns die Massai welche Pflanzen und Sträucher sie als Baumaterial oder Medizin benutzen:
Ø Große Kakteen, die giftige Kautschukmilch enthalten, werden zunächst durch unterlegtes Feuer „angebrannt“. Dann werden die Stämme herausgetrennt und als Material für den Dachbau verwendet. Dabei wirkt der „angebrannte“ Kautschuk im Inneren der Stämme als Abwehrstoff gegen Insekten, falls diese versuchen, die Stämme anzubohren
Ø Akaziensorten, die einen Saft abgeben, der auf die Haut gerieben wird und als Mückenschutz dient.
Ø Andere Akaziensorten, die einen antibiotischen Stoff in ihrem Saft haben, der gegen eine Augenkrankheit hilft
Ø Ein Strauch, aus dessen Zweigen die Massai „Zahnbürsten“ herstellen
Zum Abschluss unseres Besuches treffen wir in einer der Hütten eine 94 jährige Massai-Großmutter, die uns mit Massaitee bewirtet. Dieser wird hergestellt aus Schwarztee, Ginger, Milch und Zucker und er schmeckt uns hervorragend.
Auf der Rückfahrt in die Meru View Lodge steht uns noch ein besonderes High Light bevor: links von uns öffnet sich unvermittelt die Wolkendecke und zum ersten Mal sehen wir den mächtigen Kilimandscharo mit seinen weitausladenden Flanken und dem weißen Kibo-Gipfel. Stark beeindruckt und zweifelnd uns selbst fragend, ob wir es denn wohl bis auf diesen so hohen Gipfel schaffen werden, setzen wir unsere Fahrt durch die staubige Steppe fort.
Den Tag beschließen wir mit einem Abendessen in der Meru View Lodge und genießen noch ein kühles Kilimandscharo Bier – das letzte für die kommenden 4 Tage - und wir bereiten uns schon mal geistig auf die morgen beginnende erste Etappe am Mt. Meru vor.
04.08.2011
Wir sind froh und voller Erwartung, dass es heute „zum Berg“, also zum Mt.Meru geht. Nachdem Margits fehlender Koffer heute Morgen um 07:30 Uhr von KLM angeliefert wurde, ist die Ausrüstung komplett und wir können uns ganz auf den Mt.Meru konzentrieren. Gegen 10:00 Uhr kommt Remedi, unser afrikanischer Führer, mit seinem Assistant Guide Alfons, beides freundliche und humorvolle, kräftige, großgewachse Männer um die 30 Jahre alt. Einigen von uns ist Remedi bekannt aus Berichten im deutschen Frühstücksfernsehen über eine Kilimandscharo-Besteigung zusammen mit einer Hubert-Schwarz-Gruppe. Flott wird unser Bus beladen und schon bald verlassen wir die schöne Meru View Lodge in Richtung Momella Gate, dem Eingang zum Mt.Meru National Park.
Am 1. Registrierungspunkt zum Eingang in den Meru-Nationalpark sehen wir uns schon einmal an einem Modell unsere Aufstiegsroute an. Am Modell sieht die 1.Etappe ziemlich einfach aus, die 2.Etappe dagegen sehr anspruchsvoll. Wie wird es in der Realität tatsächlich werden?
Nach weniger als 1 km Busfahrt nach der Registrierung direkt hinter dem Gate öffnet sich rechts des Weges eine große Lichtung, auf der sich eine ganze Reihe der hier lebenden Wildtiere zeigen: viele Zebras, eine größere Büffelherde, einige dazwischen laufende Warzenschweine, friedlich grasende Antilopen und weiter hinten einige Giraffen. Schnell findet sich für diese friedliche und beeindruckende Szene die treffende Bezeichnung „Garten Eden.“
Dann geht`s weiter zum eigentlichen Ausgangspunkt unserer ersten Besteigung, dem Registrierungsgebäude. Mit typisch afrikanischem „Palaver“ erfolgt hier die Aufteilung unserer persönlichen Ausrüstung in den Seesäcken zusammen mit der gemeinschaftlichen Verpflegung und Küchenausrüstung in transportierbare Gewichte: 15 kg Traglast + max. 5 kg persönliche Ausrüstung des Trägers, insgesamt also ca. 20 kg. Wir verziehen uns währenddessen in eine schattige Ecke und stärken uns an den ausgegebenen Lunchpaketen.
Schon bald lernen wir Said, den Ranger kennen, der uns die nächsten Tage am Mt.Meru begleiten wird. Er ist „bewaffnet“ mit einer deutschen „Mauser-Büchse“, die er nur dann mit „Luftschüssen“ gebrauchen wird, falls uns eines der wild lebenden Tiere zu nahe kommen sollte.
Gegen 12:30 Uhr brechen wir am Gate auf. Wir haben heute gut 1000Hm von 1.500m am Gate bis auf 2.521m an der Miriakamba-Hütte vor uns. Wir nehmen den sogenannten Short Track, den direkten und etwas kürzeren und dafür steileren Waldpfad. Der Long Track dient eigentlich für Versorgungsfahrten mit Allradfahrzeugen und führt durch den hier bekannten „Mammutbaum“, durch den man mit einem Auto hindurchfahren kann.
Es ist angenehm warm, das Außenthermometer an meinem Gürtel zeigt bis zu 25°C und es weht stets ein leichter Wind. Dies macht den Aufstieg durchaus erträglich. Mit zunehmendem Höhengewinn blicken wir immer wieder zurück in die hinter uns verschwindende Hochebene. Dort können wir Teile des Drehorts des John Wayn und Hardy Krüger Filmes „Daktari“ erkennen. Die „Hatari-Lodge“ hat einmal Hardy Krüger gehört bevor er nach Südafrika umgesiedelt ist.
Auf unserem Weg durch das Buschgelände passieren wir bald eine Giraffenfamilie. Deren jüngstes Familienmitglied ist sehr neugierig und kommt bis auf vielleicht 20 m bis zu uns heran und der Rest der Familie folgt langsam und ständig „sichernd“ im giraffentypischen „Wiegeschritt“. Als letzter zieht der Bulle an uns vorbei. Said zeigt uns, dass die weiblichen Tiere auf ihren Hörnern Haarbüschel tragen, die bei den Bullen fehlen, da sie bei Revierkämpfen „abgewetzt“ werden.
Im langsamen für Mt.Meru und Kilimandscharo typischen „pole-pole“ Tempo gewinnen wir ständig an Höhe. Unsere erste längere Pause machen wir im Schatten eines bewaldeten Flusstales, nachdem wir den Fluss über darin liegenden Steinen überquert haben. Danach geht es weiter aufwärts in offener werdendes Gelände, welches immer wieder lohnende Blicke zurück öffnet in die allmählich unter und hinter uns ganz verschwindende Hochebene zwischen den Städten Moshi und Arusha. Immer wieder erklärt uns Said einige Besonderheiten am Wegesrand: die kleinen Höhlen, in denen Ameisenbären nach Termiten und Ameisen gesucht haben, kleine grüne Äpfel an niedrigen Sträuchern, die für Menschen ungesund für z.B. Giraffen aber eine Delikatesse sind.
Etwas später auf unserem Weg sehen wir über unseren Köpfen einen schwarz-weißen Mantelaffen, der laut brüllend von Baumkrone zu Baumkrone springt. Ein besonderes High Light sind die frischen Kratzspuren eines Leoparden an einem Baum, die etwa mannshoch beginnen und bis zum Boden reichen. Kurz vorher haben wir einen intensiven, beißenden „Katzengeruch“ vermerkt, mit dem der Leopard sein Revier offenbar deutlich markiert hat.
Nach 41/2 Stunden Gehzeit erreichen wir die sauberen Miriakamba-Hütten auf 2.521m. Verteilt auf 4 „Zimmer“ mit 4er-Stockbetten machen wir uns bereit, für die erste Nacht am Mt. Meru. Nach einem gut zubereiteten Abendessen im Gemeinschaftsraum gehen wir bereits gegen 21:00 Uhr in unsere Stockbetten.
05.08.11
Nicht besonders ausgeschlafen, werden wir um 06:30 Uhr von Alfons, dem Assistant Guide mit einem freundlichen „good morning“ und „did you sleep well“, was wir mit einem freundlichen aber nicht der Wahrheit entsprechend „Yes“ beantworten, geweckt. Alfons hat verbunden mit seinem „wake up call“ für jeden eine Tasse heißen Tee, Kaffee oder Kakao im Angebot, das wir dankbar annehmen. Leider können wir den Sonnenaufgang am Kilimandscharo heute nicht beobachten, da es zu diesig und wolkig ist.
Nach dem Frühstück im Gemeinschaftsraum machen wir uns um kurz nach 08:00 Uhr bei frischen aber sehr angenehmen 15°C und inzwischen aufklarendem Himmel auf die 2. Etappe. Die Route führt über lang aufsteigende und gut befestigte hölzerne Treppenstufen durch den Regenwald. Es herrscht eine typische „Harry-Potter-Atmosphäre“. Von den gewaltigen, weit ausladenden Bäumen des Regenwaldes wehen „Irish Moos“ und Farne herab, die mit den Bäumen in Symbiose leben.
Nach gut einer Stunde Gehzeit hat sich die Wolkendecke soweit geöffnet, dass wir vom Meru aus den Kilimandscharo sehen können. Hoch über der Wolkendecke, die wie ein Teppich auf etwa 2.000m über dem Hochland liegt, sehen wir den mächtigen Kibo-Gipfel mit seinen weiß glänzenden Hängegletschern, etwa 50 km entfernt von uns, zwischen den Bäumen des Meru-Regenwaldes.
Für die heute wiederum ca. 1.000Hm von 2.521m zur Saddle-Hütte auf 3.566m nehmen wir uns 4,5 Stunden Zeit. Bereits hier erreichen einige von uns, die in den Alpen noch nicht höher als 3.000m waren, ihren neuen Höhenrekord.
Nach einem kleinen Lunch in der nicht ganz so feinen Saddle-Hütte und einer kurzen Mittagsrast sind wir um 15:00h bereit zu einer besonderen Akklimatisierungstour: Bis auf Bernhard möchten alle anderen aus unser 11er-Gruppe den Gipfel des Little Mt.Meru auf 3.800m besteigen. Im langsamen pole-pole Tempo auf vielen staubigen Zick-Zacks schlängeln wir uns rund 300Hm nach oben. Kurz vor dem Gipfel liegt noch eine kurze, etwas ausgesetzte Kletterpassage, die alle bestens meistern. Schließlich, nach 1 Stunde und 15 Minuten erreichen alle den Gipfel unseres 1.Berges. Bei klarem, sonnigen Wetter genießen wir die tolle Rundumsicht. Sieben (!!) von uns haben hier soeben einen neuen persönlichen Höhenrekord aufgestellt.
Von diesem Gipfel aus sehen wir „hinter“ den Little Mt.Meru nach Norden in Richtung Kenia in die weite afrikanische Hochebene - nahe am (Big) Mt.Meru - mit kleinen, uralten teils wassergefüllten Kratern. „Vor“ dem Little Mt.Meru, nach Süden und Westen – für uns von besonderem Interesse - sehen wir große Teile unserer morgigen Aufstiegsroute zum „großen“ Mt.Meru. Diese prägen wir uns schon einmal ein, damit wir in der folgenden Nacht einigermaßen nachvollziehen können, wo wir uns gerade befinden.
Nach dem Abstieg und dem schon gegen 18:00 Uhr folgenden Abendessen, liegen alle gegen 20:00 Uhr in den Schlafsäcken. Heute haben wir die Akklimatisations-Regel befolgt: „go high, sleep low“ und es folgt nun eine sehr kurze Nacht.
06.08.11
Wie häufig bei Gipfeltagen üblich, beginnt der Tag schon sehr früh. Um 01:00 Uhr werden wir geweckt. Auch diesmal haben wir das Gefühl, nicht besonders gut geschlafen zu haben. Offensichtlich haben wir schon eine Menge Adrenalin im Blut im Hinblick auf den vor uns liegenden neuen Gipfeltag.
Zu Zehnt – Rudi hat sich entschlossen, seine Kräfte für unser eigentliches Ziel, den Kilimandscharo zu schonen und später am Morgen auf den Rhinopoint (3.800m) zu steigen - bereiten wir uns auf den Weg zum Gipfel des Mt.Meru vor.
Unausgeschlafen, etwas fröstelnd und nach einem „mageren“ Frühstück, bestehend aus Porridge, Biskuits und Tee oder Kaffee starten wir 10 um kurz nach 02:00 Uhr. Bei sternklarem Himmel und zunehmendem Mond – Außentemperatur etwa 6°C - haben wir gute Sicht; dennoch sind die Stirnlampen eingeschaltet. Unsere 10er Gruppe wird vervollständigt durch 8 afrikanische Begleiter, die für verschiedene Eventualitäten während der nächsten rund 12 Stunden zur Verfügung stehen.
Nahezu wortlos begeben wir uns auf das erste flache Stück zum Anstieg auf den Rhinopoint. Der „Rhino“ erfordert bereits erhebliche Kräfte. Vor allem das letzte steile Stück führt durch Feinstaub und Vulkangeröll in endlosen Zick-Zacks. Nach 11/2 Stunden erreichen wir – kurz vor dem Rhinopoint - einen sehr schmalen, ziemlich steil abfallenden, Gott sei Dank nicht allzu langen Felsgrat. Dies ist eine von 3 anspruchsvollen Teilstücken, die auf dem Weg zum Gipfel vor uns liegen. Mit Konzentration und der Hilfe unserer Begleiter passieren wir diese Stelle und kurz danach sind wir auf der ersten Wegmarke auf unserer Route zum Gipfel, dem Rhinopoint auf 3.800m. Hier machen wir unsere zweite Pause.
Nach der Rast folgen wir nun weiter auf dem einzigen Weg zum Gipfel und es warten auf uns die nächsten größeren Herausforderungen: das Passieren zweier schräg abfallender Felshänge. Unsere Führer zeigen uns die beste Route und helfen uns auch in dem einen oder anderen kritischen Bereich. Hier nehmen wir die Stöcke jeweils in eine Hand zur Abstützung auf der Talseite und haben dabei die andere Hand frei zum besseren Halt am Felsen auf der Bergseite.
Nachdem wir das untere Ende des zweiten schräg abfallenden Hanges erreicht haben, geht es etwas besser voran. Wir folgen, wie wir später bei Tageslicht sehen werden, dem äußeren Kraterrand - jetzt erst einmal auf einem breiten Pfad. Allerdings ist hier der Untergrund sehr lose, so dass wir Kraft aufwenden müssen, um nach dem Motto „1 Schritt vorwärts und ½ Schritt wieder zurück“ nur langsam vorwärts kommen. Danach schließen sich wieder Felspassagen an, deren Überwindung häufiger des Gebrauches von einer oder beider Hände bedarf.
Wir sind jetzt schon fast 4 Stunden unterwegs und das Gelände erfordert die ganze Kraft aller Teilnehmer. Die 4.000m-Marke ist schon deutlich überschritten, eine Höhe, in der die meisten von uns noch nie waren.
Konsequent machen wir alle 45-60 Minuten eine Trinkpause; dennoch gehen wir jetzt allmählich an die körperlichen Grenzen. Bei 4.300m – immer im Wechsel zwischen einigermaßen gut begehbarem Pfad und schwieriger zu passierenden Felspassagen – entschließen sich Doris und Eberhard zum Abstieg. Sie treffen wohl die richtige Entscheidung, da es nicht sinnvoll ist, sich schon am Mt.Meru total auszupowern und später am Kilimandscharo dann keine Kraftreserven mehr zu haben. Zwei afrikanische Guides begleiten sie sicher nach unten.
Vor den Übrigen liegen jetzt noch 3 weitere harte Stunden anstrengenden Aufstieges. Die Route wird immer felsiger und steiler, stets entlang des äußeren Kraterrandes. Von Said kommt der Hinweis in bestem Englisch: „the sun is prepared to coming out“, was uns veranlasst, nach Osten zu blicken, wo wir eine leichte Rötung am Horizont sehen. Allmählich wird es heller und wir können unsere Stirnlampen ausschalten, denn ein neuer Tag bricht über Afrika an. Das Licht des neuen Tages, mobilisiert die letzten Kräfte.
Wir sind jetzt noch 8: unsere beiden Ladies Antonia und Margit, dann Bernd, Bernhard, Paul, Roland, Eberhard, der Tourdoc und ich, dazu natürlich noch unsere einheimischen Begleiter.
Die letzten 200Hm haben es besonders in sich: Immer wieder signalisieren die Felstürme am Kraterrand, dass jetzt der Gipfel kommen muss – aber ein wenig frustriert - müssen wir erkennen, dass es noch eine Biegung und noch eine Felsformation zu passieren gilt, bevor endlich in etwa 50m vor und über uns die eiserne grün-gelbe Gipfelfahne auftaucht. Jetzt ist es noch eine halbe Stunde, in der alle Kräfte herausgeholt werden müssen. Auf der kleinen Gipfelkanzel des „Socialist Peak Mt.Meru 4.562m“, wie eine ebenfalls gelb-grüne Inschrift verkündet, ertönen leise Jauchzer – oder sind es etwa „Schmerzschreie“ ?? – jedenfalls sind Erleichterung und Freude über den Gipfelerfolg groß und alle umarmen und beglückwünschen sich und genießen diesen emotionellen Augenblick nach langen und harten 7 Stunden und 10 Minuten Aufstiegs.
Es ist jetzt 09:10 Uhr und die Sonne steht hell über dem Kilimandscharo. Sie beleuchtet majestätisch den weiß glänzenden Kibo-Gipfel mit seinen Hängegletschern, lässt rechts daneben auch den zerklüfteten Mawensi erahnen und ermöglicht auch das Erkennen aller Details des schräg stehenden „kleinen“ inneren Meru-Kraters einige hundert Meter direkt unter uns.
Über das, was wir hier oben beeindruckt sehen, hat uns Rudi, der Vulkanologe unserer Gruppe schon vorher aufgeklärt: Der „große“, äußere Merukrater, auf dessen oberster Erhebung wir gerade stehen, ist ursprünglich einmal ein Riesenvulkan gewesen. Er gehört zu den „Schichtvulkanen" (auch unter der Bezeichnung Stratovulkane bekannt)“, die das Material meist in explosiver Form nach oben auswerfen. Unter dem Vulkan hatte sich eine riesige Lava- und Gasblase gebildet, die zu einer gewaltigen explosiven Eruption führte. Nach dieser gigantischen Eruption, die vor ca. 6000 Jahren stattfand, ist der Vulkan kollabiert und seitlich abgerutscht. Dadurch ist die ganze östliche Kraterwand „verschwunden“ und es steht heute nur noch 1/3 des ursprünglichen Kraters, nämlich der Westteil, der jetzt den Gipfel des Mt.Meru bildet. Die heutige Form des Meru gleicht übrigens sehr seinem bekannteren Pendant, dem Mount St. Helens in den USA.
Die etwas unterhalb gelegenen Momella - Seen entstanden durch den Schlamm- und Gesteinstrom des kollabierenden Vulkans. Durch einen weiteren Kollaps der Caldera 1800 Jahre später, wurde der Lauf des Flusses, der die Seen speiste, geändert und alle Seen, außer dem Kleinen Momella-See, wurden isoliert.
In dem verbliebenen „großen“ Restkrater des Mount Meru hat sich mittlerweile eine neue Eruptionsstelle, ein sogenannter Aschekegel entwickelt, der nach wie vor als vulkanisch "aktiv" eingestuft werden muss. Diesen Aschekegel aus Lapilimaterial mit der seitlich angeordneten Lava-Ausflusstelle und Staukuppe nennen wir „Ofen- oder Kanonenrohr“; er hat eine einmalig schöne Form. Von uns aus gesehen glatt abgeschrägt und nach links abgeschnitten, sieht er aus wie „gemodelt“. Der glatte Linksschnitt hat wohl damit zu tun, dass während des Ausbruches starker Wind von rechts diese Abschrägung verursachte. Die letzten Ausbrüche fanden in den Jahren 1880-1910 statt.
Heute Morgen breitet sich eine weiße Wolkendecke auf etwa 3.500m unter uns aus, so dass wir nicht in die unten liegende, weite Hochebene hinabblicken können. Dennoch bietet sich ein phantastischer Blick auf den Kilimandscharo und rechts davon auf den Mawenzi. Nach dem Schießen der Gipfelfotos und nachdem wir uns ein wenig regeneriert haben, beginnen wir den langen und beschwerlichen Abstieg. Wir folgen genau der gleichen Route zurück, auf der wir hoch gekommen sind. Obwohl es nun überwiegend bergab geht und die Schwerkraft uns automatisch nach unten bringt, ist es erforderlich, sich in den Felspassagen auf jeden Schritt und Tritt genau zu konzentrieren. Je weiter wir nach unten kommen, umso heißer und staubiger wird es und wir halten untereinander größere Abstände, um etwas weniger Staub des Vordermannes abzubekommen. Erst jetzt registrieren wir etwas genauer die beiden schräg abfallenden – durchaus herausfordernden - Felspassagen und den schmalen Felsgrad am Rhinopoint, die wir heute Nacht im Schein unserer Stirnlampen bewältigt haben.
Auf dem Rhinopoint begrüßt uns Rudi, der von hier aus die Meru-Krater studiert und fotografiert hat. Gemeinsam nehmen wir die letzte Stunde Abstiegs in Angriff. Die Sonne steigt immer höher und das Thermometer zeigt über 20°C. Schließlich erreichen wir gegen 14:00 Uhr – nach insgesamt 12 Stunden Auf- und Abstiegs - ausgepowert aber mit einer ordentlichen Portion Glückshormone die Saddle Hütte auf 3.566m.
07.08.2011
Nach einem langen, erholsamen Schlaf sitzen wir um 08:00 Uhr beim Frühstück. Die Stimmung ist gut. 5 der 8 Meru-Gipfelbesteiger unserer Gruppe haben am Vortag nicht nur wie alle anderen eine bemerkenswerte Leistung vollbracht, sondern auch noch einen persönlichen Höhenrekord aufgestellt. Wichtiger ist aber vielleicht noch, dass alle an ihre persönlichen Grenzen herangegangen sind bzw. sie haben sie überschritten und das ist eine generell wertvolle Erfahrung eines jeden einzelnen.
Nach dem Frühstück beginnen wir in einem vorsichtigen Tempo – unser Weg ist durch Regenfälle in der Nacht und durch den Morgennebel ziemlich rutschig - den Abstieg.
Immer wieder drehen sich unsere Gespräche um die Erlebnisse und Ereignisse der letzten Nacht. Nach einem Zwischenstopp 1.000m tiefer in der Miriakamba Hütte geht es schnurstracks zum Momella-Gate, dem Ausgangspunkt unserer Meru-Besteigung. Dort verabschieden wir uns von Said und gegen 16:30 Uhr erreichen wir die Zivilisation unserer schönen Meru View Lodge. Hier schließlich verabschieden wir uns auch von Remedi und Alfons, die wir 3 Tage später wieder beim gemeinsamen Aufstieg zum Kilimandscharo treffen werden.
Am Abend genießen wir ausführlich ein gutes Abendessen bei kühlem Kilimandscharo-Bier oder einem (sehr) trockenen tansanischen Rotwein.
08.08.2011
Heute haben wir einen freien Tag, den wir zu einer gemütlichen Erkundung des Umfeldes unserer Lodge nutzen. Wir begeben uns auf einen Spaziergang in das dörfliche USA-River, der kleinen „Stadt“, in der die Meru View Lodge liegt und lernen dabei ein wenig das Landleben der hiesigen Dorfbewohner kennen. Bei einem ortsansässigen Maler, der seine Werkstatt und seinen Verkaufsstand hier aufgebaut hat, kaufen wir ordentlich ein: Motive, die an unsere Tour erinnern: Kilimandscharo, Massai-Land, afrikanische Tierwelt usw.
Später besuchen wir noch eine kirchliche Feier der Sieben-Tage-Adventisten auf dem Gelände der nahegelegenen Arusha Universität. Darauf aufmerksam geworden sind wir durch lautstarke und lange Predigten – immer wieder unterbrochen durch Gesangseinlagen. Es hat sich dort eine elegant und farbenfroh gekleidete Gemeinde zusammengefunden, die hier – für unsere Empfindung in einer etwas aufdringlichen Art und Weise – ihre Religion praktiziert.
Den Nachmittag verbringen wir in der Lodge, am Swimmingpool und bei Verpackungsvorbereitungen - im Jargon „Rödeln“ genannt - für den übermorgigen Aufstieg zum Kilimandscharo.
09.08.2011
Um 09:30 Uhr begeben wir uns mit dem Bus auf den Weg zur Schule der Renate & Hubert Schwarz Stiftung im Slum von Arusha. Meleck, der Leiter, begrüßt uns hier und erläutert die Entwicklung und den heutigen Stand des Projektes:
Ø die Anfänge seit 1996 als private Initiative von Meleck, der eigentlich als Student aus dem Massai-Land nach Arusha gekommen war und zu seinem Lebensunterhalt als Träger am Kilimandscharo arbeitete
Ø als „richtige“ Schule dann gegründet 1999 aus der Zusammenarbeit Meleck und Hubert Schwarz
Ø Schule 1 (die wir gerade besuchen) mit ca. 100 Kindern inmitten von Arusha gelegen
Ø Schule 2 (seit 2005, im Massai-Gebiet ca. 50 km außerhalb Arushas) mit ca. 180 Kindern
Die Philosophie des Projektes ist es nicht, nur Bildung zu vermitteln, sondern auch den Kindern die Lebensauffassung einzuprägen, dass gute Bildung die beste Basis für ein selbständiges und erfülltes Leben ist.
Wir dürfen an einem Unterricht in 2 Klassen von 3-6-jährigen Kinder in englischer Sprache teilnehmen und können uns davon überzeugen, dass die noch jungen Kinder schon Grundelemente der englischen Sprache beherrschen.
Wir erfahren, dass Kinder, die diese Vorschule verlassen, bereits erfolgreich die weiterführenden Primary und Secondary Schulen besucht haben und die ersten Absolventen schon ein Collage besuchen. Der Schulbetrieb und der Unterhalt der Kinder (Kosten für Lehrer, Schulmaterial, Verköstigung der „Nachmittagskinder“, Uniformen, usw.) werden von der R.&H.Schwarz-Stiftung bzw. deren Spendern finanziert. Gerade wird geprüft, ob eine neue Schule gebaut wird, da die bisherige Schule 1 auf gepachtetem Gelände steht, welches jederzeit gekündigt werden könnte. Vor der Verabschiedung lassen wir im Auftrag der R&H Stiftung noch eine größere Anzahl von Fußballschuhen hier, die den Kindern die Ausübung des Fußballspielen erleichtern wird.
Sehr beeindruckt von den Kindern, von Meleck, von der Schule und dem Projekt als Ganzem, fahren wir weiter zum „Tanzanian Heritage Center“. Hier können wir eine Riesenauswahl an einheimischer Kunst, Schnitzereien und Handwerksarbeiten aller Art bewundern und für die Lieben zuhause oder als Souvenir für uns selbst einkaufen.
Einen besonderen Eindruck hinterlässt auch ein integrierter Neubau des Heritige Centers, der in sehr einzigartiger Architektur und Design von der afrikanischen Bau- und Gestaltungskunst Zeugnis ablegt.
Am Abend genießen wir als Schlummertrunk noch ein Kilimandscharo-Bier, wohl wissend, dass ab morgen unser eigentliches Ziel, die Besteigung des Kilimandscharo beginnen wird.
10.08.2011
Um 08:45 Uhr brechen wir mit dem Bus in Richtung Moshi auf. Auf der fast 2 – stündigen Fahrt bekommen wir wieder eine Menge Eindrücke vom afrikanischen Alltagsleben mit: Maisernte – und -trocknung, vorbeiziehende Bauern und Massais mit ihren Rinder- und Ziegenherden, die verschiedensten Handwerksbetriebe direkt an der Straße mit offener Werkstatt - von der Autoreparatur bis zum Sargschreiner, überall Trinkwassertransporte in gelben Kanistern auf Fahrrädern, Schubkarren, Autos und natürlich der übliche chaotische Straßenverkehr auf dieser vielbefahrenen Route zwischen Arusha und Moshi.
Zum Ende unserer Busfahrt geht es den Berg hinauf zum 1.970m hoch gelegenen Eingangsgate der Marangu-Route.
Hier müssen sich alle registrieren, egal, ob sie nur einen Tagesausflug machen, den Berg auf einer großen Runde umwandern oder wie wir auf den Gipfel wollen. Gegen 12:45 Uhr haben wir unsere Formalitäten am Eingangsgate erledigt. Wohlgelaunt, optimistisch und neugierig geht es nach einem Gruppenfoto vor dem Eingangsgate nun langsam – pole-pole - auf die 1.Etappe. Es ist etwa 20 °C warm und diesig/schwül.
Der Weg führt ausschließlich durch den Regenwald, und meist schweigend ziehen wir unseren Weg nach oben. Die Entfernung zur Mandara-Hütte beträgt etwa 8,0 km und wir benötigen dafür etwa 4 Stunden inklusive unserer regelmäßigen Trinkpausen nach jeweils 45 Minuten sowie einer längeren Pause „halfway“ auf einem sauberen Rastplatz.
Kurz hinter diesem Rastplatz erleben wir bei einem kleinen Halt einen richtigen Ameisenangriff. Beim Kreuzen eines „Ameisenzuges“, der sich schwarz-braun über unseren Weg zieht, krabbeln die kleinen Insekten an Schuhen und Beinen hoch und es brennt und juckt plötzlich überall am Körper. Einige Ameisen kommen nach kurzer Zeit an Hals, Armen und Hüften zum Vorschein allerdings nicht ohne uns vorher malträtiert zu haben. Besonders Antonia wird stark heimgesucht und es dauert eine ganze Weile bis wir die Plagegeister von Körper und Kleidung entfernt haben. Jetzt verstehen wir auch, warum unsere afrikanischen Begleiter immer wieder davor gewarnt haben, an Stellen, wo Ameisen auf dem Boden laufen, stehenzubleiben.
Nach Erreichen der Mandarahütte auf 2.720m bekommen wir 3 Schlafräume im sogenannten „weißen Haus“, einem festen Steinbau am Rande des Camps zugewiesen. Der Bau macht auf den 1. Blick einen etwas kalten und unwirtlichen Eindruck, da wir aber das ganze „Haus“ für uns haben, können wir uns hier ganz gut ausbreiten und einrichten.
Beim Abendessen in der großen Gemeinschaftshütte üben wir „vor Publikum“, den anderen Gästen, das Kilimandscharo Lied, dann „Jambo“ und die tansanische Nationalhymne. Letztere wollen wir einige Tage später gemeinsam mit unserer ganzen Crew zum Abschied singen.
Die Nachtruhe ist einigermaßen erholsam, auch wenn sie immer wieder unterbrochen wird durch das Öffnen und Schließen der Eingangstür, wenn einer die Außentoilette aufsucht.
11.08.2011
Der Morgen zeigt sich feucht und nebelig, aber mit 10 °C recht warm. Nach dem Frühstück starten wir pünktlich um kurz nach 08.00 Uhr auf unsere 2.Etappe. Schon kurz nach Verlassen der Hütten treten wir unvermittelt hinter einer Bachbrücke aus dem Regenwald heraus und vor uns liegt die nächste Vegetationszone - das Hochmoor - mit einem immer niedriger werdenden Baumbestand.
Auf einem kleinen Umweg besuchen wir den uralten Maundi-Krater, der rechts unseres Weges liegt. Wie unser Vulkanexperte Rudi erläutert und Remedi bestätigt, ist der Krater sehr alt und wohl eine seitliche Ausbruchstelle des Kilimanjaro-Massives. Möglicherweise ist hier glühendheiße und flüssige Lava auf Grundwasser gestoßen, was zu Grundwasserexplosionen geführt haben könnte.
Den Namen erhielt der Krater wohl von dem bei der Entdeckung hier herrschenden Stammeshäuptling. Leider ist es nebelig und wir können nur die Umrisse erahnen.
Der Weg führt uns wieder zurück auf die Hauptroute zu den Horombo-Hütten. Bei inzwischen angenehmer Trekking-Temperatur von 13°C ziehen wir unseren gut befestigten Weg stetig ansteigend nach oben. Es kommen uns bald die ersten Gruppen von oben entgegen, die am Vortag den Kilimandscharo bestiegen haben. Einige berichten von kalten Minustemperaturen um – 15°C, die in der vorletzten Nacht auf dem Gipfel geherrscht haben.
Nach einigen Pausen – in der Regel so jeweils nach einer Stunde Gehzeit - erreichen wir nach 5 Stunden einen großen Rastplatz mit Tischen, Bänken und einigen Toilettenhäuschen.
Nach einer längeren Rast fallen uns die restlichen 2 Stunden Gehzeit bis zu den Horombo-Hütten nicht allzu schwer.
Auf unserem Weg weiter aufwärts sehen wir eine größere Anzahl der hier wild wachsenden Bromelien und Lubea sowie die inzwischen am Kili seltenen Senezien, palmartige Bäume, die aber zur Gattung der Kräuterpflanzen gehören.
Gegen 16:00 Uhr, nach 8 Stunden Gehzeit incl. Pausen, in denen wir wieder 1.000Hm und ca. 13 km zurückgelegt haben, bekommen wir 3 Hütten auf der neuen Lagerhöhe von jetzt 3.720 m zugeteilt.
Nach der inzwischen üblichen 17:00 Uhr -Tea-Time gibt es zeitig das wohlschmeckende Abendessen. Wie am Vorabend unterhalten wir die ziemlich volle Hütte auch heute wieder mit den inzwischen immer besser klingenden „Kilimandscharo-Lied“ und „Jambo“ sowie der Tansanischen Nationalhymne.
Bettruhe ist ab 21:00 Uhr angesagt; Doc Eberhard und ich bewohnen diesmal zusammen mit Karl, einem „Einzelkämpfer“ aus Hamburg und einem freundlichen, aber schlecht Englisch sprechenden Süd-Koreaner eine „eigene“ Hütte, separat von unserer Gruppe.
12.08.2011
Heute legen wir einen Akklimatisations- bzw. Ruhetag ein. Um 09:15 Uhr verlassen wir bei 10°C das Camp in Richtung Mawensi-Sattel. Leider hat sich der Himmel ziemlich zugezogen, so dass wir den Mawensi nur teilweise sehen können. Unsere Akklimatisationstour soll uns auf etwa 4.200m führen, wo das Hochmoor immer mehr in Wüste übergeht.
Nach einem steilen Anstieg erreichen wir nach ca. 2 Stunden zunächst den „4.000m Rock“ bzw. den wegen seiner schwarz/weißen Zeichnung sogenannten „Zebra-Felsen“. Rudi, unser Vulkanologe, erklärt uns hier das Zustandekommen der schwarz-weißen Maserung mit dem Eindringen von mineralhaltigem Wasser in den ursprünglich schwarzen Fels und dem Verbleiben von hellen Rückständen.
Nach einer ausführlichen Rast am „Zebra-Rock“, kurzweilig gefüllt mit einigen „Spaßbesteigungen“ von einzelnen Felsen in der Umgebung durch Tour-Doc Eberhard,
steigen wir weiter hoch zu einem „View-Point“, der auf 4.200m genau oberhalb des Zebra-Felsen liegt. Dort angekommen haben wir einen guten Blick auf den Kibo-Gipfel und einen Teil der vor uns liegenden Aufstiegsroute des nächsten Tages.
Über das erste Stück der Aufstiegsroute des morgigen Tages steigen wir nun ab. Bald erreichen wir rechts des Weges einen größeren „Senezienwald“, in dem speziell Tourdoc Eberhard mit Video- und Filmkamera besonders schöne Motive findet. Hier treffen wir auch einen südkoreanischen Trekker / Bergsteiger, der ziemlich höhenkrank ist und von 2 afrikanischen Guides herunter geführt wird. Er erzählt uns, dass er den Gipfel nicht geschafft hat bzw. er vorher umkehren musste. Später gegen Mittag sehen wir ihn unten in den Horombohütten in seiner Gruppe, die inzwischen vom Gipfel heruntergekommen ist. Ihm geht es schon wesentlich besser. Die Südkoreaner stammen von einer koreanischen Universität und sie wollen innerhalb von 10 Jahren die 7 Summits, also die 7 höchsten Gipfel der 7 Kontinente, besteigen.
Nach dem Lunch sortieren wir unsere Ausrüstung für den nächsten Tag und genießen ein wenig die Ruhe des Lagers mit Lesen, Tagebuchschreiben und dem einen oder anderen Schwätzchen mit anderen Camp-Bewohnern.
13.08.2011
Heute ist für uns Deutsche ein wichtiger historischer Jahrestag: heute vor 50 Jahren wurde in Berlin die Mauer gebaut, was auch beim Frühstück hier in Afrika das Morgenthema ist.
Uns steht ein weiterer langer Tag bevor. Auf unserer vorletzten Etappe zum Gipfel geht es heute zur 1.000Hm höher gelegenen Kibo-Hütte, dem Ausgangspunkt für den Gipfelsturm. Uns allen wird wieder einmal deutlich, wie glücklich wir uns schätzen können, hier sein zu dürfen und am Abenteuer einer Kilimandscharo-Besteigung teilnehmen zu können.
Wie meist an den Vortagen geht es um 08:15 Uhr gut gelaunt bei noch kühlem aber sonnigem Wetter und ausgestattet mit der für diese Höhe normalen Sauerstoff- und Pulswerten los. Nach einem heftigen Anstieg gleich zu Beginn erreichen wir eine lange nur sanft ansteigende „Gerade“, die gleich den Blick auf Teile des Kibo freigibt. Hier erreichen wir die nächste Vegetationszone, die Hochwüste mit nur spärlichem Bewuchs durch vereinzelte Flechten und Steingewächse. Unsere morgige Aufstiegsroute zum Gilman`s-Point rückt immer näher in unser Blickfeld und lässt den groben Verlauf immer deutlicher erkennen. Dabei kann sich jeder von uns schon einmal – zumindest geistig – auf die kommende Gipfelnacht ein wenig einstellen.
Auf dem Weg zur Kibo-Hütte kommen uns immer wieder schwer beladene Träger von oben entgegen, ihre Lasten vorwiegend auf dem Kopf tragend, und wir sehen deutlich, welch schwere Arbeit sie hier am Berg verrichten.
Unser Aufstiegstempo ist heute besonders langsam, da wir so viel Kraft wie möglich für die kommende Gipfelnacht sparen möchten. Das Wetter ist nicht besonders angenehm, ziemlich frisch, stark windig, manchmal leichte Regenschauer. Unsere Crew überrascht uns gegen 13:00 Uhr mit einem Lunch, vor dem starken Wind geschützt, zwischen einigen hohen Felsen mit heißer Suppe und kohlenhydratspenden Nudeln und Gemüsesoße. Auf den mitgebrachten Gaskochern bereiten sie alles „im Freien“ vor und wir können uns bestens aufwärmen und verpflegen.
Gegen 15:00 Uhr erreichen wir schließlich die Kibo-Hütte auf 4.700m. Mit ein wenig „Nachhilfe“ bekommen wir in der spärlich ausgestatteten Kibo-Hütte einen eigenen Ess- und Schlafraum vorne rechts in der Kibo-Hütte. Wir beginnen sofort mit den Vorbereitungen für die kommende Gipfelnacht, indem wir unsere warme „Gipfelkleidung“ zurechtlegen und unseren „Gipfelrucksack“ mit den notwendigen Utensilien bepacken.
Nach einem frühen „Dinner“ ist um 18:00 Uhr Bettruhe und jeder versucht, bis zur Weckzeit um 22:30 Uhr so gut es geht etwas zu schlafen. Noch sind keine größeren gesundheitlichen Einwirkungen der inzwischen enormen Höhe von 4.700m erkennbar auch wenn der eine oder andere über Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit in den letzten Nächten klagt.
14.08.2010
Gegen 22:30 Uhr erfolgt der Weckruf, der eigentlich nicht notwendig ist, da wir ohnehin schon ziemlich wach sind. Der Doc prüft bei allen die Puls- und Sauerstoffwerte und erklärt alle für „bergfähig“. Ein wenig verschlafen, etwas nervös und mit großem Respekt vor den kommenden Stunden brechen wir nach einem „kleinen“ Frühstück mit Porridge, Tee und Keksen genau um 23:37 Uhr auf, wie meine Pulsuhr anzeigt. Wir sind eine Gruppe von 18, außer uns 11 Deutschen, Remedi, unser einheimischer Guide, die beiden Assistant Guides Alfons und Rodgers, der Arztkoffer-Träger Marco und 4 weitere Träger als z.b.V., falls unterwegs jemand umkehren und sicher zurückgeführt werden soll.
Als wir die Kibo-Hütte verlassen herrscht gutes Wetter, etwa 5°C, fast windstill und ziemlich klar mit Vollmond, der durch einige Wolkenschleier hindurch scheint, so dass nicht alle die Stirnlampen einschalten müssen.
Die Route steigt zunächst moderat an und wir gehen auf felsigem Untergrund. Unser Tempo ist sehr langsam, da wir wissen, dass noch enorme Anstrengungen erforderlich sein werden, um vor allem den letzten, besonders steilen Abschnitt bis zum Gipfel zu bewältigen.
Schon nach kurzer Zeit erreichen wir die ersten Zick-Zacks, die durch loses Geröll führen. Hier ist das Vorwärtskommen besonders schwierig, da wir nach einem Schritt aufwärts wieder einen halben Schritt zurückfallen. So geht es eine lange Strecke. Unsere anfänglichen Unterhaltungen und Kommentare sind inzwischen verstummt. Zu unserer „Abwechslung“ singen unsere tansanischen Begleiter in Suaheli einige „Berglieder“, was eine besondere Stimmung bei allen verursacht. Es mischen sich auch religiöse Lieder darunter, wie die hin und wieder gebrauchten Worte „Halleluja“ und „Amen“ zeigen.
Die erste Pause legen wir nach ca. einer Stunde an einem Felsen ein, der Platz zum Sitzen und Schutz vor dem inzwischen einsetzenden frischen Wind gibt. Wir nehmen unsere erste Ration heißen Tee sowie einen kleinen Snack zu uns. Dann geht es weiter. Immer in endlosen Zick-Zacks Meter um Meter aufwärts. Der leicht gefrorene Boden – überall glitzern kleine Eiskristalle im Schein der Stirnlampen - macht das Aufsteigen etwas leichter, da er einen festeren Halt bietet als der lose Vulkanstaub. Alle sind noch in guter Kondition. Inzwischen ist auch der Gesang unserer tansanischen Begleiter verstummt. Jeder ist voll und ganz mit sich selbst beschäftigt, denkt respektvoll über das nach, was wohl noch im Laufe der Nacht passieren wird und hofft insgeheim auf eine baldige nächste Pause
Der Weg bis zu unserem 2. Stopp, der Hans Meier Cave – benannt nach dem Erstbesteiger des Kilimandscharos – ist noch verdammt lang. Je höher wir kommen, umso deutlicher sagt die Körpersprache einiger von uns, dass die „Knautschzone“, also der Bereich, in dem neben der Körperkraft auch die bewusste mentale Unterstützung einsetzten muss, erreicht ist.
Nach ziemlich genau 3 Stunden erreichen wir die Hans-Meier-Höhle. Wir zwängen uns geduckt in die Höhle bzw. suchen uns – schon ziemlich erschöpft - außerhalb einen geeigneten Sitzplatz. Wieder heißt es, Trinkflaschen herausnehmen, was auch schon eine kleine Anstrengung ist und trinken, trinken, trinken. Unser Doktor und ich gehen zu jedem einzelnen und versuchen zu ermitteln, wie die jeweilige körperliche und mentale Verfassung ist – jetzt, nachdem die Hälfte des Aufstieges hinter uns liegt.
Nach dem Aufbruch kommt jetzt der schwierigste Abschnitt: Über wieder endlose Zick-Zacks im inzwischen extrem losen Untergrund geht es unablässig aufwärts. Eine gewisse Gruppendisziplin verlangt von jedem Einzelnen, seine gesamte mentale und physische Kraftreserve zu mobilisieren. Nur, wenn es wirklich nicht mehr geht, gibt es schon mal den einen oder anderen Stopp, auch wenn die bessere Taktik lautet, „langsam, sehr langsam aber kontinuierlich weiterzugehen“.
Bei Erreichen der oberen Felsregion etwa auf 5.500m stoppen wir erneut. Einer unserer Kameraden, Rudi, bittet um eine erneute Pause. Er ist ziemlich ausgepowert und nach einem Gespräch mit Doc Eberhard entscheidet er sich, an dieser Stelle umzukehren. Begleitet vom Assistent Guide Alfons, der den Abstieg gut kennt, wissen wir ihn in sehr guten Händen. Rudi verabschiedet sich schweren Herzens von uns und geht hinunter zur Kibo-Hütte. Auf dem Weg dorthin erholt er sich zusehends und er trifft wohlbehalten noch vor dem Morgengrauen dort ein.
Wir anderen geben nun unsere letzten Reserven. Der Gipfel ist quasi schon zu erahnen und die ungefähre Position an den Stirnleuchten der über uns befindlichen Gruppen auszumachen. Hier, kurz unterhalb des Gilman`s-Gipfels, bedarf es auch des Einsatzes unserer Hände, um die hier liegenden großen Basaltbrocken zu erklimmen. Alle bekommen einen erneuten Adrelaninschub, um nochmal alle Kraft zusammenzunehmen, da jedem jetzt klar ist, dass wir ganz kurz vor Erreichen des großen Zieles stehen.
Die Überwindung der allerletzten Basaltblöcke geht fast automatisch und plötzlich stehen wir alle auf dem Gipfel vor der windschiefen Holztafel mit der grüngelben Aufschrift „Gilman`s Point, 5.681m“. Erschöpft aber glücklich fallen wir uns in die Arme und feiern uns selbst, unsere afrikanischen Begleiter, denken zurück an alle die Mühen, Trainingseinheiten, Zweifel und Hoffnungen, die uns mehrere Monate lang bis zu diesem Zeitpunkt begleitet haben. Ganz sicher werden jedem von uns diese Momente, die teilweise auch tränenreich ausfallen, noch ganz lange in Erinnerung bleiben. Unsere Gedanken schließen natürlich auch Rudi ein, der so kurz vor dem Gipfel umkehren musste.
Allmählich genießen wir trotz Kälte – ist jetzt etwa 3°C unter Null - und Müdigkeit diese grandiose Atmosphäre, die „umrahmt“ wird von dem Schauspiel der aufgehenden Sonne, die den ganzen östlichen Horizont zunächst rot, dann immer stärker gelb färbt. Dem völlig zerklüfteten Mawensi, der uns schon tagelang treuer Wegbegleiter zur Rechten war, schauen wir nun von oben aufs zerklüftete Haupt, was im Licht der aufgehenden Sonne schon wieder eine neue Perspektive dieses Berges ergibt, der auch in den Dolomiten liegen könnte.
Nach einer guten Viertelstunde Erholung, Genuss, Freude, Respekt, Glückwünschen, Gipfelfotos, Frieren und Trinken, Trinken, Trinken entschließen sich Doris und Eberhard sowie Bernd, der unter kalten Füßen leidet, glücklich aber erschöpft zusammen mit zwei Assistant Guides von hier wieder zur Kibo-Hütte abzusteigen. Vorsichtig, inzwischen aber begleitet von der Helligkeit des neuen Tages, treten sie den Rückweg auf der Aufstiegsroute der Nacht an und realisieren jetzt erst richtig, was sie in der Nacht geleistet haben. In gut 2 Stunden sind sie wieder „unten“ auf 4.700m und holen gleich den in der Nacht versäumten Schlaf nach.
Wir anderen 7, begleitet von 4 Afrikanern, machen uns zeitgleich auf den Weg zum Uhurupeak, dem höchsten Punkt Afrikas. Es sind noch 2 lange und anstrengende Stunden in teilweise steilem Gelände zu bewältigen. Der äußere Kraterrand, der dabei zu umgehen ist, vermittelt immer wieder den Eindruck, dass der Uhurupeak hinter der nächsten Biegung erreicht sei, es kommt aber immer noch eine Biegung und noch eine und noch eine.
Schließlich nach gut 7 Stunden seit unserem Aufbruch in der letzten Nacht, erreichen wir den „Uhurupeak“ = „Freiheitsgipfel“ auf 5.896m. Nochmal beglückwünschen wir, Antonia und Margit unsere beiden Frauen, dann, Bernhard, Roland, Paul, Eberhard unser Doc und ich uns zum 2.Gipfel des Tages. Besonders bemerkenswert ist die Leistung von den beiden Damen und unserem Ältesten, meinem Namensvetter Paul, der wie die beiden Frauen auch, mit seinen 70 Jahren alle Gipfel unserer Tour, Little Mt. Meru (3.800m), den „großen“ Mt. Meru (4.562m), den Gilman`s Point (5.610m) und den Uhurupeak 5.895m) bravourös erklommen hat.
Nach den obligatorischen Fotos, haben wir noch ausreichend Zeit, die umliegenden hochaufragenden Gletscher sowie den inneren Krater näher zu begutachten. Die von unten nur als weiße Flächen auszumachenden Hängegletscher zeigen sich hier oben in ihrer vollen Ausdehnung und Höhe. Auch wenn sie im Laufe der letzten Jahre stark zurückgegangen sind, ragen sie teilweise bis zu Höhen von 30 oder mehr Metern hoch. Innerhalb des großen Kraters erkennen wir auch die Konturen des Reusch-Kraters, in dessen unteren Teil man aber nicht hineinsehen kann.
Beeindruckt und voll von vielen Eindrücken, aber auch ziemlich erschöpft, treten wir nun den Rückweg vom Uhurupeak zur Kibohütte an. Vorbei an Stella Point und Gilman`s Point geht es nun schnell bergab. Es ist ungleich leichter, die vielen Zick-Zacks als „Direttissima“ geradewegs nach unten „wie im Neuschnee hinunterzuwedeln“, wenngleich das eine gewisse Koordination und Kraft in den Oberschenkeln erfordert. Nach knapp 3 Stunden ist die Kibohütte erreicht und alle legen sich nach insgesamt 12 Stunden Auf- und Abstieg in die Schlafsäcke zu einem wohlverdienten Tiefschlaf für einige Stunden.
In 2 getrennten Gruppen erfolgt am späteren Nachmittag der Abstieg bei kaltem und stürmischen Regenwetter um weitere 1000Hm zur Horombohütte.
15.08.2011
Den ersten Tag nach unserem Gipfelerlebnis beginnen wir bereits mit einem frühen Frühstück gegen 06:30 Uhr. Ganz entspannt treten wir um 08:00 Uhr unseren Abstieg bis zum Marangu-Gate an, nachdem es eine etwas seltsame Aus-check-Kontrolle durch die Ranger an den Horombohütten gegeben hat. Es ist anfänglich etwas diesig später aber immer sonniger. Schon nach gut 2 Stunden erreichen wir die Mandara-Hütten.
Nach kurzer Lunchpause in der großen Kantinenhütte geht’s weiter abwärts. Immer wieder begegnen uns Gruppen, die noch das große Ziel der Kili-Besteigung vor sich haben. Wir geben ihnen unsere Erfahrungen verbunden mit guten Wünschen mit auf den Weg.
Nach insgesamt 6 Stunden Abstieg erreichen wir bestens gelaunt gegen 14:00 Uhr das Ein-/Ausgangsgate.
Nun folgt das letzte Highlight der Kilimandscharo-Besteigung: die Verabschiedungszeremonie von unserer Crew.
Zunächst bedanken wir uns bei Remedi unserem Guide und seiner insgesamt 31-köpfigen Crew, bestehend aus, Assistant Guides, Köchen, Kellnern und Trägern für die sichere Führung und den guten Service während der gesamten Besteigung. Als Gegenleistung singen sie für uns den berühmten Kilimandscharo-Kanon, das Jambo-Lied und zum Schluss singen wir gemeinsam mit ihnen die tansanische Nationalhymne, die wir Deutsche vorher textlich, inhaltlich und melodiemäßig während der Abende in der Lodge und auf den Hütten zumindest in Ansätzen gelernt haben.
Nach 2 stündiger Busfahrt zurück zur Lodge werden wir „upgegradet“ und dürfen noch eine Nacht in der wunderschönen Ngurdoto-Lodge übernachten. Der Abend wird lang: nach den erlebnisreichen Tagen am Mt.Meru und Kilimandscharo mundet das Kilimandscharo Bier oder ein „Roter“ aus Südafrika hervorragend zum Abendmenü der vorzüglichen Küche. Viele Geschichten unseres Afrika-Abenteuers wirken nach und die Leistungen eines jeden Einzelnen werden „verbrieft“ gewürdigt. Nachtruhe kehrt dann erst in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages ein.
Resümee
Ø Dies war Eberhards (Tour Doc) und meine 5. Kili-Besteigung. Jede Kilimandscharo-Besteigung ist für jeden Teilnehmer ein echtes Abenteuer mit vorher nicht genau vorhersagbarem Ausgang. Je größer die Anstrengung, desto intensiver das Erlebnis
Ø Die insgesamt am Mt.Meru und Kilimandscharo zurückgelegte Strecke – in km ausgedrückt – ist enorm: insgesamt etwa 140 km.
Ø Übereinstimmend haben wir festgestellt, dass die Anstrengungen, Schmerzen, Überwindungen, etc. schneller vergessen werden als die sehr emotionalen Gipfelerlebnisse, die wahrscheinlich lebenslang haften bleiben.
Ø Das Gesamt-Erlebnis einer solchen Besteigung ist umso größer je homogener (körperlich, mental, sozial) die Gruppe ist. Wir waren sehr homogen
Ø Die permanente Anwesenheit eines Arztes ist eine äußerst wichtige reale und psychologische Unterstützung für alle Teilnehmer
Ø Jeder einzelne Teilnehmer unserer Gruppe, auch unser Kamerad, der bei 5.500m absteigen musste, hat am eigenen Körper „live“ erlebt, dass es möglich ist, über längere Zeiträume vermeintliche körperliche Grenzen zu überschreiten und dabei etwas überdurchschnittliches zu erreichen. Dies lässt sich im gewissen Sinn auch auf Herausforderungen des privaten und beruflichen Alltagslebens übertragen
Aachen/Würselen, den 27.08.2011
Gez. Paul Thelen