09.11.- 28.11.2010 Nepal Trekking, Everest Base Camp
Tourenbericht Nepal mit Mt.Everest Basislager - 21 tägige Trekkingtour mit Kala Pattar -
Veranstalter: Hubert Schwarz
09.11.2010 (Frankfurt --> Kathmandu)
Zu sechst, 2 Frauen - Ingrid und Sibylle - und 4 Männer - Michael, Thomas, Werner und ich -, besteigen wir in Frankfurt einen ziemlich neuen Airbus A 330 von Etihad Airlines, dessen Sitzreihen allerdings auf einen sehr kurzen Abstand montiert und größeren Zeitgenossen auf langen Flügen gewisse Probleme bereiten. Nach knapp 6 Stunden landen wir in Abu Dhabi, um dort nach einem 3 Stunden Stopp das Flugzeug zu wechseln und weiter geht es rund 3.000km nord-ostwärts in 4 Stunden nach Kathmandu.
10.11.2010 (Eingewöhnung Kathmandu)
Kathmandu liegt im flachen Südteil Nepals am Fuß des Himalayas auf etwa 1.350m Höhe und hat neueren Quellen zufolge über 3 Million Einwohner. Der Kathmandu Airport befindet sich südwestlich der Stadt. Pünktlich gegen 14:45h Ortszeit landen wir dort und werden vom Hotelpersonal unseres Hotel Vajra gleich landestypisch mit einem gelben „Friedens- und Freundschaftsschal" begrüßt. Der erste Eindruck von Kathmandu auf der Fahrt zum Hotel auf der anderen Seite der Stadt ist überwältigend. Gerade aus der westlichen „Zivilisation", zudem mit dem noch frischen, futuristischen Eindruck des Abu Dhabi Airports kommend, ist der Kontrast zu unserer Vorstellung von „Großstadt" kaum beschreibbar. Kathmandu ist laut, schmutzig, viel zu viele Autos, Motorräder, Fahrräder, Fußgänger, die sich alle für unsere westlichen Augen zu einem unbeschreiblichen Gewimmel chaotisch vermischen, unzählige Kleingewerbe, die ihr „business" meist auf den staubigen Straßen in kleinen, offenen Läden und Werkstätten ausüben, hin und wieder auch der eine oder andere westliche, langhaarige und inzwischen dickbäuchige Althippie der 60er Jahre; andererseits überall freundliche Menschen und wie wir später noch sehen werden, spirituelle und geistige Hochburg für Hindus, gesegnet mit einer großen Ansammlung hinduistischen und buddhistischen jahrhundertealten Tempeln und Heiligtümern.
Unser Hotel Vajra liegt direkt unterhalb des Swayambhunath-Stupa-Hügels, dem Wahrzeichen der Stadt. Einige von uns erkunden den berühmten Stupa schon einmal trotz Dunkelheit unter „outdoor-gerechtem" Einsatz der eigentlich erst im Himalaya erforderlichen Stirnlampen.
Am späteren Abend sitzen wir am Kamin des Hotel-Restaurants, abends und nachts gehen die Außentemperaturen in frische einstellige Werte über, und wir probieren vorsichtig die nepalesische Küche mit Tomatensuppe, Reis, Spinat mit Tartufo, gebratenem Fleisch, verschiedenen meist stark gewürzten Soßen, Fladenbrot und einer leckeren Milch-Creme-Nachspeise. Dazu gibt es kühles Tuborg-Bier in großen 650ml Flaschen, das uns einen guten Schlaf in der ersten Kathmandu-Nacht garantieren soll.
11.11.2010 (Stadterkundung Kathmandu)
Heute gibt es erst einmal was zu Feiern. Unsere Ingrid hat Geburtstag und gebührend beginnen wir den Tag mit einigen Geschenken und einem Geburtstagsständchen.
Nachdem wir gestern auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel einen ersten Eindruck von Kathmandu gewonnen haben, wollen wir heute Teile der Stadt zu Fuß erkunden.
Auf einem Pilgerweg, der direkt an unserem Hotel vorbeiführt, steigen wir zunächst vom Hotel zum nahegelegen Swayambhunath-Stupa auf, einem der bekanntesten buddhistischen Heiligtümer auf einem Hügel erbaut, von dem aus man die Stadt gut überblicken kann. Der Swayambhunath-Stupa ist angeblich im 5. Jahrhundert entstanden und heute eines der bedeutendsten buddhistischen Heiligtümer und „Kraftzentren" überhaupt. Wir sehen viele Pilger und Mönche in roten Gewändern, die den Stupa betend umrunden und bekommen einen ersten Eindruck von der Religiosität der Menschen hier.
Nach dem Abstieg vom Stupahügel begeben wir uns in das Getümmel der nepalesischen Hauptstadt, um zunächst den Durbar-Square, das alte Zentrum von Kathmandu zu erkunden. Vorbei an hunderten von kleinen Geschäften, in denen es wohl nahezu alles zu kaufen gibt, vorausgesetzt, man findet den richtigen Laden, fällt die Orientierung trotz fehlender Straßennamen nicht schwer. Die breiteren Hauptstraßen, allerdings hoffnungslos verstopft mit hupenden und stinkenden Autos, Kleinbussen, Motorrädern, Fahrradfahrern und Trägern mit voluminösen und schweren Lasten - hier und da auch wie wir durch Hautfarbe und Kleidung auffallende Touristen - weisen uns den Weg zum Durbar Square. Als erstes treffen wir auf die Maju Deval, einem pagodenähnlichen, auf einer neunstufigen Pyramide aufgebauten Bauwerk, erbaut im 17. Jahrhundert. Vom obersten Stockwerk genießen wir einen ersten Blick auf die umstehenden weiteren alten Bauwerke am Durbar Square. Der Weg hinunter führt uns vorbei an einigen heiligen Kühen und hunderten von Tauben zum 6-armigen schwarzen Shiva. Hier drängen sich besonders weiße Besucher, die diese Monstergottheit betrachten.
Dann geht es weiter zum alten Königspalast Hanuman Dohka. Dieser Palast diente der Königsfamilie noch bis 1886 als Wohnsitz; ein kleinerer Teil ist heute ein Museum. Die nächste Attraktion ist der Kumari-Chowk. Hier leben seit dem frühen Mittelalter die Kumari, ein einzelnes, nach verschiedenen Kriterien im ganzen Land ausgesuchtes Mädchen, das vor der Pubertät steht und als lebende Inkarnation der Göttin Taleju verehrt wird. Bis 2008, also bis zum Ende der Monarchie in Nepal, malte die Kumari alljährlich dem König beim Jaatra-Fest ein tika (segenbringendes Zeichen) auf die Stirn. Die „aktuelle" Kumari haben wir leider nicht gesehen; aber wir können uns vorstellen, wie sie auch jetzt noch in ihrem Chowk (=Turm) lebt.
Dann verlassen wir den Durbar Square und schlendern durch verstopfte, enge Gassen nördlich in Richtung Thamel. Wieder sind wir mitten im Getümmel der Menschen, Autos, Motorräder, vielen Sprachen, Gerüchen, optischen und akustischen Reizen. In Thahity, am Kathesimbu sighal , einem kleinen Platz mit einem buddhistischen Heiligtum, verweilen wir, sind beeindruckt von einer Mantraschule, in der buddhistische Mönche, die Jüngsten vielleicht 10 Jahre alt, unablässig und monoton Mantras sprechen, hin und wieder unterbrochen von Trommelschlägen und Glockenklängen. Mehr noch beeindruckt sind wir von einer Thangka = Malschule auf der anderen Seite des Platzes, die z.B. in einem einzigen Bild die wesentlichen Inhalte der Buddhistischen Lehre in einer handwerklich hochwertigen Gestaltung darstellen können. Hier versprechen wir, am Ende unser Tour nochmals vorbeizukommen, um eventuell das eine oder andere Bild zu erwerben.
12.11.2010 (Flug Khatmandu-->Lukla (2.840m)-->Trek nach Phakding (2.610m)
Um 05:00h ist Wecken und um 06:30h sind wir bereits am Flughafen und checken ein zum Flug nach Lukla. Leider ist der Flughafen in Lukla wegen schlechten Wetters zunächst geschlossen, so dass es statt um 07:00h erst um 11:00h losgeht. In einer kleinen, 14 Personen fassenden 2-motorigen Propellermaschine geht es nun endlich in die Berge. Der Flug ist durchaus spektakulär: die Maschine „hängt gut am Gas", läßt sich wie es scheint mühelos manövrieren, schnell sind wir auf konstanten 2.950m Höhe über NN, unter uns eine terrassenförmig gestaltete, grün bewachsene Berg- und Tallandschaft mit bewässerten Feldern, auf denen u.a. Kartoffeln, Weizen und Mais wachsen. Je weiter wir in die Berge fliegen, desto weniger Gehöfte sind sichtbar, dafür immer häufiger breite Flußtäler, die sich grau und ziemlich ausgetrocknet erscheinend in wilden Schlangenlinien durch die ansonsten grüne Bergwelt ziehen. Der Flugplatz Lukla kündigt sich dadurch an, dass uns 5 oder 6 Maschinen, die kurz vor uns in Lukla gelandet sind, schon wieder besetzt mit Treckern auf dem Rückflug sind und uns entgegenkommen. Die Landung ist ein ganz besonderes Erlebnis. Die Maschine nähert sich ziemlich unvermittelt der in einen Hang gebauten Landebahn, die eine Steigung von 15% aufweist und nur etwa 500 m lang ist. Mit einer harten Bremsung bringt der Pilot die Maschine zum Stehen, kurz vor einer Felsmauer, die sinnigerweise die Landebahn im Ausrollbereich begrenzt. Spontan brandet in der Maschine Beifall auf, obwohl oder gerade weil die meisten Insassen durchaus erfahrene „Flieger" sind.
In einem Bienenstock ähnlichem Gewusel von Flughafenpersonal, Polizei, Trägern, Treckern, die gerade vor uns angekommen sind oder nach Kathmandu runterfliegen wollen, finden wir bald unsere Seesäcke und dann auch unseren Guide Lhakpa Nuru Sherpa, kurz Lhakpa, der uns die nächsten 14 Tage führen wird. Nach einem kurzen Imbiss lernen wir auch Sherab, den Assistent Guide und unsere 3 Träger kennen. Die 3 müssen jeder etwa 40 kg (!!) tragen - jeweils 2 x 15kg schwere Seesäcke von uns - plus noch die eigene, persönliche Ausrüstung. Die drei Träger sind 19-21 Jahre alt, ca. 1,55m groß und wiegen etwa 50kg.
Gegen 13:30h geht's dann los: es ist eine eher leichte Tour, denn von Lukla auf 2.840m geht es abwärts nach Phakding auf 2.610m. Der trail ist überwiegend gut begehbar, teils mit felsigen Treppenstufen und es bieten sich erste Ausblicke in das Dudh Kosi Tal, das seinen Namen vom gleichnamigen Fluß hat, der uns begleitet. Bald kommt die erste größere Hängebrücke in Sicht, die wir, obwohl für uns ungewohnt und daher auch etwas skeptisch, aber ohne Probleme bewältigen.
Hier sehen wir auch die ersten breit-hornigen Kühe, gekreuzt mit Yaks - in Nepalesisch heißen sie „Phio" (männliche Tiere) und „Dzum" (Kühe), denen wir bereitwillig die Vorfahrt lassen und brav warten, bis sie die Brücke verlassen haben.
Auf unserem Trekk passieren wir immer wieder sogenannte Manis - in tibetischer Schrift eingemeißelte Mantras auf Felsblöcken oder auf Schiefertafeln - diese umgehen wir immer nach gut-buddhistischer Sitte von links, also im Uhrzeigersinn.
Nach einigen kurzen Pausen, hier und da auch einmal an einer Gebetsmühle anhaltend und diese immer im Uhrzeigersinn drehend, erreichen wir nach knapp 3 Stunden Phakding. Hier überwinden wir nochmals eine größere Hängebrücke und sind bald in der schönen HCR Jo's Garden Lodge, die unserer nepalesischen Reiseagentur Asian-Trekking gehört.
Nach dem Abendessen und einem ersten und für die nächsten Tage auch letzten Everest-Beer aus der Dose klingt der erste Tag im Himalaya aus.
13.11.2010 Phakding (2.610m) --> Namche Bazar (3.450m)
Zum Frühstück um 07:30h gibt es gleich wieder etwas zu feiern: Sibylle hat heute Geburtstag und wir beginnen den Tag mit einem Geburtstagsständchen und dem Überreichen von Geschenken.
Die Nacht war recht kalt mit etwa 6°C draußen und etwa 11°C in unserer Unterkunft. Die heutige Tour wird anspruchsvoller als die gestrige. Nach dem Abmarsch um 08:30h folgen wir zunächst dem Dudh Kosi weiter flussaufwärts. Der Höhengewinn ist nicht sehr groß. Durch Nadel- und Mischwälder, hin und wieder auch vorbei an großflächigen Rhododendronbüschen und ausladenden Magnolienbäumen, die um diese Jahreszeit aber leider nicht blühen, erreichen wir nach gut einer Stunde die erste hohe Hängebrücke des Tages. Nachdem wir eine entgegenkommende Yak- oder Yak-Kuh-Gruppe zunächst einmal vorbeiziehen haben lassen, überqueren wir den unten weiß schäumenden Dudh Koshi (Milchfluß) über die leicht schwankende Brücke.
Weiter geht es dann, immer noch nur allmählich Höhe gewinnend bis wir gegen 11:00h auf 2.740m das Eingangsgate zum Mt.Everest-Nationalpark erreichen. Hier müssen wir durch Lhakpa unsere permitts vorzeigen und gehen dann das kurze Stück bis zum „Mt.Everest Guest House", wo wir das Mittagessen einnehmen.
So gestärkt geht es auf den 2. und schwierigeren Teil der Tagesetappe. Nach einer Stunde Gehzeit sehen wir von weitem schon die spektakuläre „Hillary Bridge", die sich sehr hoch über den Dudh Koshi erhebt, in den hier auch der von Nordosten kommende Bohte Kosi einmündet. Von der Brückenmitte flattern viele meist gelbe Fahnen und Schals meterweit im kräftigen Wind und verleihen der Brücke eine gewisse Mystik. Auf der Brücke selbst, die etwa auf 2.900m liegt, herrscht starker Verkehr. Viele Trekker und Yaks wollen her- und hinüber. Wir warten eine Yaks-freie Zeit ab und genießen dann beim Überqueren den spektakulären Ausblick auf die beiden Flüsse und die umliegenden Täler und Berge.
Nach der Brücke steigt das Gelände jetzt steiler, in kurzen Passagen auch sehr steil an. Leider ist der Himmel bedeckt, so dass wir von dem bald erreichten ersten Aussichtpunkt auf den Mt.Everest nur den grauen Himmel sehen können. Von hier ist es nicht mehr weit bis zum Ziel Namche Bazar, das auf 3.450m liegt.
Namche Bazar ist mit seinen ca. 1.000 Einwohnern der größte Ort hier im Khumbu-Tal und bietet neben vielen Läden, in denen es fast alles zu kaufen gibt, Post, Bank, viele Internetcafes, unzähligen Lodges und noch mehr Souvenirläden insbesondere auch eine German Bakery, in der wir herrlich frischen sprich warmen Apfelkuchen und Zimtschnecken mit Cappuccino genießen. Den Abend verbringen wir im Restaurant unserer Camp de Base Lodge. Untergebracht sind wir hier im einfachen „Standardbereich".
14.11.2010 Akklimatisationstag (3.450m --> 3.800m)
Nach etwas kälteren Nachttemperaturen als in der letzten Nacht, draußen sind es 4°C und im Schlafraum 9°C, wärmen wir uns im Restaurant bei einem kräftigen Frühstück auf. Zwecks guter Akklimatisation ist heute ein 2-Stunden Aufstieg zum Syangboche Panorama Point angesagt. Er befindet sich auf ca. 3.800m d.h. wir müssen von Namche Bazar etwa 350m über viele Stufen-Serpentinien hochsteigen. Das Wetter ist zwar etwas offener als am Vortag, aber leider wird unsere Anstrengung nicht mit dem erhofften ersten freien Blick auf den höchsten Berg der Welt, dem Mt.Everest und andere 7. und 8.000er belohnt, denn der Aussichtspunkt hüllt sich in Nebel- und Wolkenschwaden, die zwar hin und wieder aufreißen aber dennoch keinen Weitblick zulassen. Der eine oder andere von uns leidet unter Magen- oder Darmbeschwerden, so dass wir den Nachmittag mit etwas Bettruhe oder einem Spaziergang durch Namche Bazar, vorbei an den vielen Souvenirläden und Internet-Cafes verbringen. Natürlich besuchen wir wieder die German Bakery von Helmut Helmers, der aber gar nicht in Namche sondern wie man uns sagt z.Zt. in Europa ist. Die süßen „Teilchen" und Kuchen sind eine willkommene Abwechslung zum eher typischen „Bergessen" der Lodges, welches kohlenhydratreich und manchmal auch „nepalesisch" stärker mit Curry oder Knoblauch gewürzt ist.
15.11.2010 Namche Bazar (3.450m) --> Khumjung (3.780m)
Heute geht's gegen 08:30h los. Erstmalig haben wir blauen Himmel und Sonnenschein. Schon von der Lodge aus sehen wir den mächtigen Thamserku mit gut 6.600m quasi der Hausberg von Namche Bazar. Wir nutzen die gute Sicht, um auf einen Aussichtpunkt, nahe einem Militärposten, oberhalb Namche Bazar's aufzusteigen. Kurz bevor wir diesen erreichen, sehen wir - hell in der Morgensonne leuchtend - die Ama Dablam (6.814m), die in einigen Reiseführern mit ihrem spitzen Hauptgipfel und einem niedrigeren Nebengipfel als der „schönste Berg der Erde" beschreiben wird.
Ama Dablan bedeutet übersetzt so viel wie „Mutter der Amulette". Noch beeindruckt vom Anblick der Ama Dablan, erreichen wir den Aussichtspunkt, der uns ein großes Panorama von Himalaya-Gipfeln eröffnet. Zum ersten Mal sehen wir von hier den 8.848m hohen Mt.Everest, der uns sein Sud-West-Face zuwendet. Rechts neben dem Mt.Everest erkennen wir den 8.516m hohen Lhotse, links davon den 7.864m hohen Nuptse und einige andere über 6.000m hohe Berge. Gegenüberliegend von unserem Aussichtpunkt sehen wir auch den 5.765m hohen „heiligen Berg Nepals" Khumbila, der nicht bestiegen werden darf, da er den Göttern als Wohnort vorbehalten ist.
Nachdem wir den Ausblick genug genossen haben, begeben wir uns auf den eigentlichen Treck des Tages, zunächst nach Khunde. Hier besuchen wir das Hillary Hospital, welches in der ganzen Region das einzige Hospital ist. Es ist relativ klein; neue Patienten müssen draußen Platz nehmen, da es scheinbar drinnen kein Wartezimmer gibt. Leider können wir das Hospital nicht von innen besichtigen, da wir den Tagesbetrieb hier nicht aufhalten wollen. Wir ziehen weiter zum Ziel unseres heutigen Tages nach Khumjung. Hier ist unserer Führer Lhakpa zu Hause und er lädt uns in sein Haus zu einem Mittagessen ein. Wenngleich er mit seiner Familie sicher wesentlich besser lebt als der Durchschnitt hier im Khumbutal, ermöglicht der Besuch doch einen sehr guten Einblick in die Lebensverhältnisse hier. Wir lernen seine Frau, seinen Sohn und seine Mutter kennen und werden hervorragend mit Sherpatee und einem Nudelgericht bewirtet. Zufällig sind 3 Mönche im Haus, die von Lhakpa's Familie heute bewirtet werden. Sie sitzen in einem anderen Teil des Hauses und wir können kurz zusehen, wie sie ihre Mantras sprechen.
Lhakpa ist leitendes Mitglied des örtlichen Komitees, welches sich um die Erhaltung des eigentlich leeren, nur einmal im Jahr anlässlich eines Festes genutzten Klosters von Khumjung kümmert. Er führt uns dorthin und wir dürfen auch den inneren Betraum betreten. Hier befindet sich eine mehrere Jahrhunderte alte sicherlich sehr wertvolle Bibliothek in Form vieler handgeschriebener Domangs (= Mantraschriften), außerdem - etwas ungewöhnlich - ein rätselhafter Yetischädel.
In den späteren Gesprächen mit Lhakpa erfahren wir viele Einzelheiten über seine Familie und sein Volk, die Sherpas:
Sein ältester Sohn ist 20 Jahre alt; er ist buddhistischer Mönch und studiert z.Zt. in Indien. Er darf alle 2 Jahre nach Hause und steht regelmäßig mit seiner Familie telefonisch in Kontakt. Seine Familie unterstützt ihn finanziell, ansonsten lebt er wie alle buddhistischen Mönche von Spenden.
Entsprechend der Sitte der Sherpas erbt der jüngste Sohn, der jetzt noch in die Schule geht, das Haus der Eltern.
Die fast erwachsene Tochter macht gerade ihren Schulabschluss und möchte danach in Kathmandu studieren. Falls für sie die alten Regeln der Sherpas gelten würden, würden ihre Eltern einen Ehemann, der aus der gleichen Kaste wie sie kommen muß, aussuchen. Diese Regeln sind aber schon seit einer Generation nicht mehr so streng und junge Leute suchen sich ihre Lebenspartner heute selbst aus.
Das Volk der Sherpas ist vor rund 700 Jahren aus Tibet herübergekommen (Sherpa = östliches Volk). Heute leben sie nur in Nepal; es sind ca. 30.000, davon wohnen etwa 3.000 im Khumbutal.
Der Vater von Lhakpa verlor sein Leben als Träger am Mt.Everest als im Khumbu Eisfall ein haushoher Serac (Eisturm) umfiel und ihn und 3 Kameraden tötete. Lhakpa war damals 3 Jahre alt und er hat seinen Vater nicht gekannt. Er geht seiner Familie zuliebe nicht mit Expeditionen zum Everest sondern ist als Führer von Trekkingtouren bis zur Höhe von 6.000m tätig.
Wie üblich verbringen wir den Abend in unserer heutigen Lodge, dem Himalayan Chain Resort, in Khumjung. Die Zimmer sind natürlich nicht geheizt, dafür aber der Restaurantraum. Im Zimmer sinken die Temperaturen während der Nacht diesmal „nur" auf etwa 8°C.
16.11.2010 Khumjung (3.780m) --> Tengboche (3.860m)
Wieder sind wir kurz nach 08:00h auf den Beinen. Ab heute werden wir von Anlhakpa, der Frau von Lhakpa begleitet, die schon seit 20 Jahren nicht mehr oberhalb ihres Wohnortes Khumjung war und mit uns zusammen das obere Khumbu-Tal erkunden möchte. Beim Abmarsch ist der Himmel fast wolkenlos und vor uns breiten sich rechts die Ama Dablan und links Lhotse, Everest und Nupse als unglaubliches Panorama aus. Die Ama Dablan begeistert uns immer wieder auf Neue; sie ist weltweit in ihrer Form wohl einzigartig: Der Hauptgipfel mit 6.814m ragt wie ein Finger, weiß glänzend mit seinem Eispanzer vergletschert, in den blauen Himmel. Der Lhotse rechts vom Everest hat die typische Dreiecksform und sieht von unserem Standort höher als der Everest aus. Dieser wiederum thront über dem ganzen Pnaorama hinter dem Lhotse links - uns das majestätische South-West Face zuwendend. Links davon die breite Gipfelridge des Nupse mit seinen 7.864m am höchsten Punkt in östlicher Richtung..
Beeindruckt und beflügelt von diesem Panorama nehmen wir die heutige Etappe in Angriff. Zunächst führt uns der trail durch die letzten meist blau-bedachten Häuser von Khumjung. Dann tauchen wir ein in Birken- und Rhododendron-Wälder. Wir kommen schnell voran, da wir zunächst 400m bergab steigen, ganz hinunter ins Khumbu-Tal. Hier erreichen wir nach etwa 2 Stunden den Dudh Koshi, den wir erneut über eine der uns inzwischen vertrauten aber immer wieder spektakulären Hängebrücke überqueren. Auf der anderen Seite folgt nun der härtere Teil der Etappe: 500m Aufstieg vom Flusstal hinauf nach Tengboche. Nach 3 Stunden stehen wir etwas unvermittelt am Eingang von Tengboche, wo uns ein großer Stupa begrüßt. Nach dem Einchecken in die Tashi Delek Lodge und einem kurzen Rundgang durch den kleinen Ort, den wir uns viel größer vorgestellt haben, besuchen wir das Kloster. Die Monastery von Tengboche ist die bedeutendste im ganzen Khumbu-Tal und kultureller Mittelpunkt.
Heute sind nur wenige Mönche hier und wir verfolgen das „Nachmittagsgebet", also das Beten bzw. Lesen der Mantras aus der Domang. Domangs sind in tibetischer Schrift geschriebene alte Schriften. Die Inhalte stammen aus dem 16.Jahrhundert, aus der Zeit Buddhas. Damals wurde eine andere Sprache gesprochen und die Mantras wurden inzwischen ins Tibetische übersetzt und werden heute auf Tibetisch gesprochen.
Später besuchen wir noch ein Informationszentrum, in dem große Schautafeln und ein Film über die Entwicklung des Khumbutales, Umwelt und Natur sehr eindrucksvoll informieren.
Die Tashi Delek Lodge ist ziemlich gewöhnungsbedüftig. Die „Zimmer" befinden sich im Hinterhof. Alles ist aus dünnem, teilweise Sperr-Holz: Fussböden, Decken, Zwischenwände. Die Fenster in meinem „Zimmer" sind an einigen Stellen geborsten und mit Tesafilm „repariert". Es ist so laut, dass man alle Schlafgeräusche, Schritte und sonstige Laute der jeweiligen 5-6 Nachbarn „life" mitbekommt. Für etwa 30-40 Gäste gibt es 2 Toiletten und einen Verschlag für hot showers. Bei mir persönlich führt dieses „Umfeld" dazu, dass ich gefühlt etwa 1 Stunde schlafe und froh bin, um 06:00h aufstehen zu dürfen auch weil es im Zimmer nur 2,6°C „warm" ist.
Es gibt aber auch Positives über die Lodge zu berichten: Erstens, wir alle haben nach Sonnenaufgang einen einmaligen Blick vom Bett auf Nupse, Everest, Lhotse und vor allem die Ama Dablan. Wann werden wir das in dieser Anhäufung jemals beim Aufwachen noch einmal haben? Zweitens, der Inhaber der Lodge ist der Schwiegersohn von Dawa Tenzing, der 1953 zusammen mit Sir Edmund Hillary den Mt. Everest als erste Menschen erfolgreich bestiegen haben. Es gibt entsprechende Originalfotos, -briefe, etc., die von der damaligen Zeit zeugen und zum Schmökern im geheizten Restaurantraum einladen.
17.11.2010 Tengboche (3.680m) --> Periche (4.240m)
Wir starten gegen 08:15h, das herrliche Panorama von Everest und Co. mit eisbedeckten Gipfeln vor blauem Himmel stets vor Augen. Es geht zunächst ½ Stunde abwärts hinunter in das Dudh Koshi-Tal. Dort überqueren wir den Fluß zum x-ten Mal auf einer der Hängebrücken und dann geht es aufwärts zum nächsten Ort Pangboche, in dem sich als einzige Attraktion ein Nonnenkloster befindet. Zwei größere Gruppen, Japaner und Kanadier, die uns schon häufiger begegnet sind, beenden hier ihre Tagesetappe. Für uns geht es noch etwa 3 Stunden weiter. Der Weg wird steiler, denn heute überqueren wir unseren 1. Pass, den Pheriche-Pass auf 4.270m. Das letzte Stück, wie schon den ganzen Tag in der prallen Sonne, ist unsere erste richtige Herausforderung. Auf dem etwas zugigen Pass haben wir eine herrliche Rundumsicht auf die umliegenden Berge, alle der Kategorie 6.000m +. Vom Pass aus geht es dann hinunter nach Pheriche auf 4.240m.
Zunächst checken wir in das für diese Höhe sehr komfortable „Himalayan Hotel" ein, einer Lodge mit gehobenem Standard. Als erstes gibt es nach mehreren Tagen Katzenwäsche eine „hot shower". Beim Rundgang durch Pheriche zählen wir 10 Lodges, 1 Internetcafe, 1 Medizinstation und ein Denkmal zum Gedenken an die Toten am Everest. Dieses Denkmal ist aus Edelstahl gefertigt, besteht aus einem etwa 2 m hohen in der Mitte durchgeschnittenen (Berg-) Kegel. Auf den Innenseiten stehen die Namen aller Everest-Toten - auch der Name von Lhakpas Vater - außen spiegeln sich die umliegenden Berge, symbolisierend, dass die Toten auf dem Everest geblieben sind.
Das „Himalayan Hotel" ist im Gegensatz zu unserer letzten Lodge ein Ort wirklicher Erholung; Zimmer, Essen, Atmosphäre sind für diese Höhe - nahezu am Ende der Welt - hervorragend. Wenn auch die Zimmer nicht beheizt sind, bietet doch der beheizte Gastraum eine gute Möglichkeit, mit Treckern aus anderen Ländern ins Gespräch zu kommen, was wir auch gerne nutzen.
18.11.2010 Akklimatisationstag (4.250m --> 4.700m --> 4.250m)
Heute lassen wir es etwas gemütlicher angehen und starten erst gegen 09:00h zu unserer Akklimatisationstour. Zunächst steigen wir auf einen Hügel hinter dem „Himalayan Hotel", dann auf der anderen Seite hinunter und schließlich auf einen 2.Hügel, von dessen halber Höhe auf etwa 4.600m wir einen perfekten Blick auf den unten liegenden Ort Dingboche haben. Nach kurzer Pause geht es noch ein Stück höher, bevor wir nach rechts queren zu einem leer stehenden Kloster mit dem Namen Nangkartshang. Hier angekommen, machen wir eine längere Pause und erfahren von Lhakpa, dass an diesem Ort, der Lama, der das berühmte Kloster Tengboche gegründet hat, jedes Jahr einige Wochen hierher zum Meditieren kam. Vor dem Hintergrund dieser Geschichte bekommt der kleine, verfallene Klosterhof, in dem wir jetzt sitzen, eine gewisse spirituelle Bedeutung.
Wir befinden uns jetzt auf 4.700m Höhe und haben damit die Akklimatisationshöhe erreicht, die wir heute schaffen wollten. Alle, außer Michael und mir haben heute übrigens einen persönlichen Höhenrekord aufgestellt.
Nach dem Abstieg erreichen wir gegen 12:30h das schöne „Himalayan Hotel", in dem wir den Nachmittag und Abend mit Lesen, Schlafen und dem einen oder anderen Schwätzchen mit anderen Hikern verbringen.
19.11.2010 Pheriche (4.250m) --> Lobuche (4.910m)
Nach einer kalten Nacht - im Zimmer der Lodge 3,6°C und draußen minus 5°C - machen wir uns um 08:30h auf die bisher längste Etappe. Gott sei Dank haben wir bis heute noch nicht ernstlich mit der Höhenkrankheit Bekanntschaft gemacht. Lediglich Durchfall, Erkältung oder zeitweise Appetitlosigkeit plagten den einen oder anderen von uns.
Um unsere Kräfte so gut wie möglich einzuteilen und damit auch weiterhin möglichst „Höhenkrankheit-frei" zu bleiben, verordnen wir uns wie schon an den Vortagen eine langsame, gleichmäßige und möglichst kraftsparende Gehweise.
Zunächst steigen wir langsam entlang dem Dudh Koshi das flach ansteigende Tal hinauf. Von der rechten Bergseite kommen immer wieder Bäche herunter, die wir über dicke Steine überqueren. Nach 2 Stunden erreichen wir nach einer Rechtskurve einen ziemlich steilen Anstieg, der uns allmählich zu einem Zwischenstopp im kleinen Ort Thokla auf 4.620m führt. Hier legen wir bei schönem Wetter eine längere Mittagspause ein. Dann steht die wesentliche Herausforderung des Tages an: die Überquerung des 4.830m hohen Thokla Passes. Nach Erreichen der Passhöhe, breitet sich vor uns der „Friedhof des Everest" aus: eine große Anzahl von Tschörten, Denkmale für verunglücke Everest-Besteiger. Das bekannteste Denkmal ist das für Scott Fischer, der Expeditionsleiter jener amerikanischen Expedition, die 1996 am Everest verunglückte.
Viele Inschriften auf Metalltafeln und niedergelegte, handschriftlich verfasste Schreiben zeugen von Freunden und Verwandten, die auf dieser Hochfläche ihrer Toten mit einer Tschörte - gebaut aus viereckig aufgeschichteten Steinblöcken - gedenken. Das Verweilen hier macht sehr nachdenklich und ehrfürchtig, ob der vielen Schicksale, derer hier beeindruckend gedacht wird.
Nach dem Pass geht es noch 2 Stunden aufwärts, sodass wir nach insgesamt gut 7 Stunden unser Tagesziel, die Eco-Lodge in Lobuche, auf 4.910m erreichen.
Dort angekommen, melden zwei von uns stärkere Kopfschmerzen. Wir deuten diese als beginnende Höhenkrankheit. Beiden verordnen wir Bettruhe, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich ohne weitere körperliche Anstrengung an die neue Höhe von 4.900m anzupassen.
20.11.2010 Lobuche (4.910m) --> Gorak Shep (5.140m) --> Besteigung des Kala Pattar (5.550m)
Heute steht der bis dato härteste Tag an. Nach einer wiederum kalten Nacht - Zimmertemperatur 2°C - starten wir schon um 07:30h in einen minus 4°C kalten Morgen. Der Himmel ist stahlblau und schon nach gut 30 min kommt die Sonne von Osten über den Gipfel des Nuptse. Sofort wird der Aufstieg in Richtung 5.000m Marke etwas angenehmer da wärmer. Unsere beiden Teamkollegen, die gestern noch über Kopfschmerzen klagten, sind heute Morgen wieder fit. Dafür ist aber unsere Mitstreiterin Sibylle heute gehandikapt durch leichten Schwindel.
Die Route steigt zunächst nur leicht an, so dass wir uns gut einlaufen können. Bald schon erreichen wir den Fuß des Lobuche Pass, den wir über viele Zick-Zacks und Felsbrocken dann nach harter Steigarbeit auf 5.140m überschreiten. Nach dem Pass eröffnet sich eine Steinwüste, die wohl als End-Moräne von früheren Gletschern zurückgelassen wurde. Hier geht es nun ab- und aufwärts, über kleine Sättel und hin und wieder Hänge querend.
Uns begleiten die ganze Zeit auf der rechten Seite die riesigen Eismassen des gewaltigen Khumbu-Gletschers, der vom Everest herunterkommt. Kurz vor Ghora Shep kommen von links 2 weitere große Gletscher: der Chanri Nup und der Chanri Shar, die sich mit dem Khumbu vereinigen.
Gegen 10:30h erreichen wir ziemlich erschöpft Ghora Shep. Es ist nicht nur der 3 Stunden Treck, sondern vor allem die Höhe - oberhalb von 5.000m - fordert genauso Tribut wie das nicht immer einfache sehr felsige Gelände, jetzt weit oberhalb der Baumgrenze.
Nach einem leichten Lunch in der sehr einfachen Lodge - die etwa 10 Steingebäude hier in Gorak Shep werden als die höchsten der Welt bezeichnet - entschließen wir uns, das gute Wetter zu nutzen und heute Nachmittag den Kala Pattar (5.500m) zu besteigen. Obwohl wir sowohl vom gestrigen Aufstieg nach Lobuche als auch vom heutigen nach Gorak Shep ziemlich mitgenommen sind, motivieren wir uns gegenseitig und beginnen den Aufstieg. Wir haben großen Respekt vor Sibylle, die schon seit einigen Stunden Kopfschmerzen und Übelkeit verspürt, aber die Zähne zusammenbeißt und trotzdem mitgeht.
Bei bestem Wetter, blauem Himmel, wenig Wind begleiten uns rundherum berühmte Berge wie Pumo Ri, Mt.Everest, Nupse, Lhotse und Ama Dablan. Vor den Gipfel des Kala Pattar haben die Berggötter aber noch viel Arbeit und Schweiß gesetzt: von Gora Shep aus geht es gleich auf einen langen Anstieg, der uns auf einen dem Kala Pattar vorgelagerten Hügel auf etwa 5.250m führt. Hier machen wir eine erste längere Pause, bei der wir schon mal die grandiose Aussicht auf die berühmten Berge um uns herum eine Weile genießen können. Dann geht es weiter - zunächst ein wenig abfallend, dann aber wieder ordentlich ansteigend auf einen weiteren Vorgipfel, wo wir etwa 5.400m erreichen. Von hier können wir nun den eigentlichen Gipfel des Kala Pattar erkennen, der reichlich mit Gebetsfahnen geschmückt ist, aber noch ziemlich weit weg erscheint.
Nach einer weiteren Pause nehmen wir alle Kräfte zusammen, denn nun können wir den Gipfel schon „riechen". Der 3. Anstieg ist der steilste und schwierigste. Die dünne Luft führt bei jedem Schritt zu einer Sauerstoffschuld, die unsere Atemfrequenz in ungeahnte Höhen treibt. Kurz unterhalb des Gipfels geht es nun über größere Felsblöcke, bei deren Übersteigen wir hin und wieder unsere Hände zur Hilfe nehmen müssen. Endlich nach 2 ½ Stunden vom Ausgangspunkt Gora Shep auf 5.140m erreichen wir den Gipfel des Kala Pattar auf 5.550m.
Ausgelassen und glücklich, das Berg-Ziel unserer Nepal-Tour hier erreicht zu haben, platzieren wir uns auf der schmalen schräg abfallenden Gipfelplatte. Unsere beiden Führer Lhakpa und Sherab schießen diverse Gipfelfotos, um für uns diesen Moment festzuhalten. Für Ingrid, Sybille, Thomas und Werner ist dies die höchste Höhe, die sie jemals erreicht haben. Nach der kurzen „Siegesfeier" mit frischem Espresso - hergestellt auf einer speziellen „outdoor Kaffeemaschine - genießen wir nun den unvergesslichen Ausblick auf die spektakuläre Bergwelt um uns herum.
Direkt vor uns - nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt - überragt das dunkle, fast schneefreie South-West-Face des Mt. Everest (8.848m) das Panorama, rechts davor erhebt sich der Nuptse mit seiner scharfen Gipfel-Ridge, links der Lho La und zwischen beiden, vom Everest herunterkommend, der gewaltige Khumbu-Gletscher.
Wir können die verschiedenen Phasen des Khumbu-Gletschers, der sich pro Tag etwa 1m nach unten bewegt, genau erkennen: seine zusammenhängende Eisfläche in 6.-7000m Höhe rechts vom Everest, dann - oberhalb des Everest Base Camps auf 5. - 6.000m - der berüchtigte Eisfall, in dem die meisten Todesfälle am Everest passieren, mit den haushohen Eistürmen oder Seracs, die in unregelmäßigen Abständen zusammenstürzen, gefolgt von der nach unten immer weiter aufgefächerten Eisfläche mit tausenden Gletscherspalten, schließlich weiter talwärts bedeckt vom Geröll der umliegend Berge, in einzelne Eisblöcke übergehend und endlich die steinige Endmoräne, aus der das Gletscherwasser in den Dudh Koshi abfließt.
Auf der gegenüberliegenden Seite nach Norden reihen sich viele Bergipfel der Kategorie 7.000+ aneinander. Sie markieren weitgehend die nahe Grenze zu China/Tibet. Der markanteste von ihnen - für uns von hier zum Greifen nahe - ist der Pumo-Ri (7.165m) in klassischer Dreiecksform.
Voll von diesen spektakulären Eindrücken und durchdrungen von euphorischen Gefühlen über unsere eigene Kala Pattar-Besteigung steigen wir nach einiger Zeit ab nach Gora Shep. Obwohl es schon eine spätere Nachmittagsstunde ist, kommen uns von unten immer noch Trecker unterschiedlichster Nationalität entgegen, die noch einen langen Weg nach oben vor sich haben. Ob sie heute noch den Gipfel erreichen werden?
Auf dem Weg nach unten passieren wir eine kleine Gedenkstätte, die darauf hinweist, dass vor einigen Monaten der Premier Minister von Nepal mit allen Gouverneuren des Landes an dieser Stelle eine Sitzung abgehalten haben, um auf die vom Menschen verursachte Erderwärmung hinzuweisen. Es muß ein ziemliches, allerdings nur etwa 1-stündiges Medien-Spektakel gewesen sein. Die Teilnehmer kamen „unakklimatisiert" mit Helikoptern hier hinauf und trugen während der Sitzung Sauerstoffmasken wegen der großen Höhe.
21.11.2010 Gorak Shep (5.140m) --> Pheriche (4.250m)
Heute Morgen kommen alle - außer Ingrid und Werner, die „besser" wohnten - wenig ausgeschlafen und in schlechter Verfassung zum Frühstück. Unsere Unterkunft ist niedrigster Standard: starker Toilettengeruch von der Flurtoilette, ein Zimmer ohne Fenster - eine Art begehbarer Mini-Schrank - Waschgelegenheit draußen bei 4°C minus aus einer kleinen Tonne, von der Eiszapfen herunter ragen. Das hat uns die Laune und den Appetit ziemlich vermasselt und entsprechend sparsam fällt das Frühstück aus.
Sobald wir aber um 08:30h „auf der Piste" sind, verbessert sich sowohl unsere Stimmung als auch unser Befinden. Nachdem wir gestern unser Ziel mit der Besteigung des Kala Pattar erreicht haben, lassen wir es heute gemütlich angehen. Beim Abwärtsgehen genießen wir immer wieder die Bergriesen um uns herum, die sich mit ihren Eiskappen deutlich vom tiefblauen Himmel abheben. Auf der Hälfte der Strecke zu unserem Zwischenziel Lobuche, empfiehlt uns Lhakpa einen kleinen Umweg einzuschlagen, mit der Gelegenheit die sogenannte „Pyramide" zu besuchen. Die „Pyramide" ist ein pyramidenförmiger Glasbau, der ein Forschungsinstitut der Universität Mailand beherbergt, in dem verschiedenste Forschungen im Zusammenhang mit Umweltverschmutzung und Erderwärmung durchgeführt werden. Durch Lhakpas Vermittlung haben wir kurz die Gelegenheit, die „Pyramide" von innen zu besichtigen und einige Fragen von einem der Wissenschaftler beantwortet zu bekommen. Die „Pyramide" selbst besteht überwiegend aus Solarelementen zur Nutzung der Sonnenenergie. Rund um die „Pyramide" sind weitere großflächige Solarelemente aufgestellt, was darauf schließen lässt, dass dieses Forschungsinstitut auf der Höhe von 5.050m energiemäßig autonom nur mit Sonnenenergie betrieben wird.
Auf dem weiteren Weg nach unter passieren wir die uns vom Aufstieg her schon bekannte Hochfläche, auf der viele Tschörten - Denkmale für verunglückte Everest-Besteiger - aufgebaut sind. Von oben besehen vermittelt diese Fläche in besonderem Masse die Verbindung der getöteten Bergsteiger mit den hohen Bergen des Himalaya's, denn nach Süden umrahmen Cholotshe, Tawtse, Ombegache, alles Berge höher als 7.000m diesen „Friedhof".
Gegen 12:00h erreichen wir Lobuche, wo wir einen kleinen Lunch einlegen. Bis hier haben wir nur wenige Abstiegsmeter - etwa 200m - gemacht. Nun geht es weiter abwärts, vorbei an Thokla auf 4.620m, wo wir diesmal nicht wie beim Aufstieg eine Pause einlegen. Kurz hinter Thokla verlassen wir die Eismassen des Khumbu-Gletschers und schwenken in einer Linkskurve direkt auf unser Tagesziel Pheriche zu. Auf dem letzten Stück wird es empfindlich kalt, denn inzwischen ist die Sonne, die den ganzen Tag geschienen hat, hinter den hohen Bergen verschwunden. Schnellen Schrittes erreichen wir gegen 15:00h das schöne „Hymalayan Hotel", in dem es nach mehreren Tagen erstmals wieder eine heiße Dusche gibt.
22.11.2010 Pheriche (4.250m) --> Pangboche (3.930m)
Schon wieder gibt es etwas zu feiern: heute hat Werner Geburtstag, der beim Frühstück gebührend mit einem outdoor-Geburtstagskuchen mit echten Kerzen und Marzipanrolle, alles im outdoor-gerechten Westentaschenformat, gefeiert wird. Um 08:30h sind wir abmarschbereit. Bei sonnigem aber kaltem Wetter verlassen wir Pheriche flussabwärts. Allerdings müssen wir bald den Pheriche-Pass auf 4.310m übersteigen, bevor es dann von dort wieder leicht abwärts geht. Heute genießen wir ganz besonders die für uns immer noch einmalige Landschaft. Insbesondere die Ama Dablan begleitet uns den ganzen Weg lang auf der linken Seite. Zu Beginn sehen wir nur den niedrigeren der beiden Gipfel; später dann auch der Hauptgipfel. Nach etwa 2 Stunden kommt schon unser Tagesziel Pangboche ins Blickfeld. Zunächst wollen wir „upper Pangboche" mit einer Schule und einem Kloster besuchen.
Auf dem Weg dorthin sehen wir plötzlich auf einem freistehenden Felsvorsprung im klassischen „Alpenstil" einen wilden Geißbock und wir beobachten in welch atemberaubender Manier er steile Felspassagen kreuzt. Kurz danach tauchen ein weiterer Bock - etwa in Kalb- bis Rindergröße (Himalaya Thar) - und eine Geiß auf, die wir sehr nahe und über längere Zeit beobachten können. Es ist unbegreiflich, wie sich diese großen Tiere in diesem sehr steilen Gelände sicher bewegen können.
Nach diesem kleinen Naturschauspiel näheren wir uns „upper Pangboche" und stehen urplötzlich auf dem Hof der dortigen Grundschule.
Ursprünglich im Jahre 1963 von Sir Edmund Hillary errichtet, wurde sie inzwischen von Koreanern erweitert und sie zeigt sich in einem baulich sehr guten Zustand. Aus einem kurzen Gespräch mit einer Lehrerin in einer der Klassen erfahren wir, dass die etwa 8-10 Jahre alten Kinder gerade in Sozialkunde unterrichtet werden.
Nur wenige Minuten Gehweg weiter kommen wir ins Zentrum von „upper Pangboche", wo wir von weitem schon das Kloster sehen. Wie die anderen Klöster, die wir vorher schon besucht haben, hat es den gleichen Grundriss: ein offener Innenraum, in dem die Mönche einmal im Jahr eine große Zeremonie feiern und ausgewählte Besucher dabei zusehen dürfen und ein Betraum, in dem die alten Mantras und Buddhistischen Weisheiten - meist in einem für unsere Ohren monotonem Singsang - hin und wieder unterbrochen von lauten Gongschlägen - aus den alten Domangs abgelesen werden.
Das Kloster von Pangboche ist laut Lhakpa das älteste Kloster, ca. 700 Jahre alt, im ganzen Khumbu-Tal. Es wurde gegründet von Lama Sang Dorjee, der wiedergeboren wurde aus einem anderen Lama, der vor ihm lebte.
Das Phänomen einer „Wiedergeburt" nach buddhistischer Lehre erklärt Lhakpa (wiedergegeben in meinen einfachen Worten) übrigens wie folgt: Ein „Wiedergeborener" erkennt Gegenstände oder Ereignisse aus seinem früheren Leben, z.B. seinen früheren Wohnort, sein Haus, persönliches Eigentum, etc. und kann damit praktisch „belegen", dass er schon einmal gelebt hat. Wiedergeboren wird nur jemand, der sozusagen ein absolut perfektes Leben nach buddhistischer Vorstellung gelebt hat.
Nach dem Klosterbesuch beginnen wir den Abstieg nach „lower Pangboche" zu unserem Highland Sherpa Resort. Es wird betrieben von einem Sherpa, der 1991 mit einer nepalesischen Expedition den Mt.Everest bestiegen hat. Er erzählt uns, dass erst kürzlich Reinhold Messmer hier war, um eine VIP-Trekking-Gruppe zu führen.
Den Abend verbringen wir mit 4 Engländern, die heute vom Island Peak zurückgekommen sind und kurz unterhalb des Gipfels wegen Sturm (ca. 100km/Stunde) umkehren mussten. Weiterhin sind noch 2 größere japanische und kanadische Gruppen da, was dem Gemeinschaftsraum der Lodge eine besondere und internationale Atmosphäre verleiht, zumal wir hier „richtig" auch unter Anteilnahme der übrigen Gäste Werners Geburtstag feiern. Einer der Höhenpunkte ist dabei das erste Bier nach gefühlten Wochen ohne das kühle Nass, tatsächlich waren es aber „nur" 10 bierlose Tage, wie wir etwas genauer recherchierten.
23.11.2010 Pangboche (3.930m) --> Namche Bazar (3.450m)
Um 08:00h machen wir uns auf eine wiederum lange Etappe. Zunächst geht es gut 100m hinunter nach Dingboche, wo es ein Frauenkloster gibt. Den Ort haben wir schon bei unserer Akklimatisationstour in Pheriche von oben gesehen. Von da geht es dann aufwärts nach Tengboche auf 3.860m. In Erinnerung an die „nicht sehr komfortable" Tashi Delek Lodge, die wir schnellen Schrittes „links liegen lassen", geht es auf einen Abstieg gut 600m hinunter zum Dudh Koshi auf 3.250m. Von da steigen wir erneut auf und verabschieden uns herzlich von Anlhakpa, Lhakpas Frau, die uns in dem kleinen Ort Kyangjuma verlässt und wieder nach Khumjung nach zuhause zurückkehrt.
Kurz nach unserer Verabschiedung werden wir erneut Zeuge eines kleinen Naturschauspieles: hinter einer Biegung sehen wir plötzlich ganz nahe über und unter uns mehrere Himalaya-Adler mit einer prächtigen Spannweite von etwa 2 m, hell und braun befiedert, ihre Kreise ziehen.
Es werden immer mehr, wohl an die 20 Exemplare, die hier wahrscheinlich über einem Aas kreisen, das wir allerdings nicht ausmachen können. Wir sind lange beeindruckt von der Flugtechnik mit wenig Flügelschlag, meist nur wenigen Bewegungen der Flügelspitzen und des Schwanzes, die dann zu sanften und höchst ästhetischen Flugmanövern führen.
Von hier haben wir es jetzt nicht mehr weit; gegen 15:30h erreichen wir Namche Bazar. Diesmal buchen wir in der Camp de Base Lodge die „luxury"-Version, das heißt Zimmer mit Bad, Hot Shower und Toilette. Wir fühlen uns „fürstlich" und vergessen dabei auch den ziemlich ärmlich-schmutzigen Eindruck vom Tibet Markt, der gerade in Namche Bazar stattfindet. Offensichtlich hat er aber sowohl für die tibetanischen Verkäufer als auch für ihre nepalesischen Kunden eine nicht zu unterschätzende Bedeutung, denn wir hören, dass hier zahlreiche Nepalesen ihren Bedarf an Schuhen, Kleidung und Haushaltsartikel preisgünstig decken können.
Beim „Pflichtbesuch" in der German Bakery decken wir lieber unseren Bedarf an Apple Pie und Cappuccino und den Abend verbringen wir mit Bier und Popkorn im beheizten Gemeinschaftsraum der Lodge.
24.11.2010 Namche Bazar (3.440m) --> Lukla (2.840m)
Nach der Nacht in dem „luxury" Teil der Logde sind wir gut ausgeruht, frisch geduscht, gestärkt mit einem guten Frühstück und schon um 07:30h abmarschbereit zum Endpunkt unseres Trecks nach Lukla. Bei sonnigem Wetter und frischen Temperaturen von etwa 10°C machen wir uns auf einen langen Weg. Zunächst geht es gut 500m hinunter zur Hillary Bridge. An diesem markanten Bauwerk folgen wir einem alten Brauch und befestigen hier zum „Dank an die Götter" für einen unfallfreien Auf- und Abstieg eine Gebetsfahne, die sich schnell mit den übrigen dort hängenden vermischt. Dann passieren wir die Brücke schon in Abschiedsstimmung und ein wenig wehmütig. Bald erreichen wir in Jorsale den Ein- bzw. für uns den Ausgang des Everest Nationalparks. Hier bekommen wir nach dem „Auschecken" unsere permitts als Andenken an diesen Treck für unsere persönliche Verwendung von Lhakpa überreicht. Dann geht es weiter abwärts, vorwiegend durch Rhododendron- und Magnolienwälder und bald erreichen wir Phakding auf 2.610m. Hier gönnen wir uns in der schönen HCR Jo's Garden Lodge eine ausführliche Lunch Time in der Sonne direkt am Ufer des Dudh Koshi. Das schwerste Stück des Tages steht uns aber noch bevor: die Aufstieg nach Lukla: Es sind 230 Höhenmeter zu bewältigen, die es wirklich in sich haben. Pferden gleich, die die Nähe des heimatlichen Hofes wittern, absolvieren wir dieses letzte Stück unseres Trecks in einer Art „Wettkampftempo", insbesondere auch motiviert vom Gedanken an die herrliche German Bakery in Lukla. Ein bisschen „ausgebremst" durch von Lhakpa verordnete kleinere Pausen erreichen wir nach fast 9 Stunden Gehzeit gegen 16:15h Lukla und checken ein in die wider Erwarten ziemlich komfortable „Paradise Lodge", wie der Name halt schon sagt. Nichts hält uns jetzt mehr; umgehend geht es in German Bakery, die diesmal allerdings nicht so einladend ist, denn es ist kalt dort und als letzte Gäste des Tages erhalten wir nur Kaltgebäck.
Abends gibt es dafür aber noch ein Highlight: Mit einem ordentlichen Trinkgeld und einer großen Zahl von gebrauchten aber guten Jacken, Pullover, T-Shirts, Mützen, Schuhen, Thermoskannen, Riegeln und sonstigen Nahrungsmitteln und Süßigkeiten verabschieden wir uns gebührend von unseren nepalesischen Helfern. Besonders unsere drei kleinen, stets freundlich lächelnden und für uns unvorstellbar starken Träger scheinen richtig gehend glücklich und alle haben wir einen schönen Abschiedsabend.
25.11.2010 Lukla (2.840m) --> Kathmandu
Nach dem frühen Wecken um 07:00h dreht sich alles um die Frage: werden heute Flugzeuge von Kathmandu nach Lukla hochkommen oder müssen sie wegen des schlechten Wetters unten bleiben. Gerüchte von Guides, Sherpas und anderen Treckern mischen sich zu neuen Gerüchten und machen die Runde; immer wieder der Blick zum Himmel, der große wolkenfreie Stellen zeigt, aber auch eine dicke, graue Wolke, die sich genau auf die von uns gut einzusehende Start- und Landebahn legt. Der Internet-Wetterdienst gibt beharrlich von sich, dass es nicht nur heute sondern auch die folgenden 4 Tage schlechtes Wetter, also kein Flugwetter geben wird.
Wir setzten uns zu einer Art Krisensitzung - verstärkt durch die 4 Engländer, die uns schon die letzten Tage begleitet haben - zusammen und sehr schnell steht unser Entschluss fest: wenn bis um 09:30h die Start-Landebahn nicht ganz wolkenfrei ist, gehen wir davon aus, dass es heute und die nächsten Tage keine Flugzeug-Flüge geben wird und dann buchen wir einen Helikopter.
Immer wieder beobachten wir den Himmel und je näher es auf 09:30h zugeht umso dichter werden die Wolken und umso klarer die Notwendigkeit, mit dem Heli auszufliegen, wenn wir nicht auch noch unseren Heimflug von Kathmandu nach Frankfurt riskieren wollen.
Um 09:30h geht dann alles blitzartig: wir beauftragen Lhakpa wegen des „zuen" Himmels für uns Sechs zum Preis von 450 US$/p.P. einen Helikopter zu buchen. Dieser fliegt umgehend in Kathmandu ab, da auch dort befürchtet wird, dass das Wetter sich weiter verschlechtert. Die Engländer buchen für ihre Vierer-Gruppe ebenfalls einen Heli und gemeinsam machen wir uns sofort auf den Weg zum Landeplatz, der mehrere Hundertmeter unterhalb von Lukla liegt. Da die Hubschrauber heute Hochbetrieb haben werden, werden sie nicht lange auf uns warten und deshalb geht es teilweise im Laufschritt hinunter, damit wir möglichst bei Ankunft des Heli auch dort sind. Buchstäblich „mit hängender Zunge" kommen wir nach 1 1/2 Stunden unten an, unser roter Heli wartet schon und auch unsere sympathischen Träger - heute übrigens neu eingekleidet mit dem outfit, das wir ihnen gestern überlassen haben - sind auch schon da. In wenigen Minuten sind Gepäck und wir im Heli verstaut und schon entschweben wir - nach kurzer Verabschiedung von Lhakpa, den Trägern und „unseren" Engländern - in Richtung Kathmandu.
Entsprechend der eingeschränkten Sicht folgt der Pilot dem Geländeprofil relativ dicht über Bergkämme abwärts, dann in Täler mit Flussläufen eintauchend, immer so dass er dabei gute „Landsicht" hat und wir ziemlich spektakuläre Ausblicke auf die unter uns liegende dünn besiedelte Landschaft haben, die hier und da großflächiger in Terrassenform landwirtschaftlich genutzt ist. Je weiter wir nach unten kommen, umso besser wird die Sicht. Kurz vor Kathmadu fliegt der Pilot noch eine „Warteschleife", da er offensichtlich noch keine Landegenehmigung hat, was für uns das Flugerlebnis noch verlängert. Vor der Landung überfliegen wir dann in niedriger Höhe ein großes Gebiet, in dem es zahllose Ziegelbrennereien gibt, deren Schlote eine Menge Abgase - wahrscheinlich ungefiltert - in den Himmel blasen. Unsere Landung erfolgt am Flughafen zunächst auf einer Außen-Warte-Position mit mehreren anderen Hubschraubern „in Reihe", da gerade vor uns der Premier Minister gelandet ist und dafür der Flughafen kurzzeitig gesperrt wurde.
Kurz danach sind wir aber dann endgültig „unten" und hinein geht es mit einem Bus in das uns schon vertraute Verkehrschaos von Kathmandu.
Nachmittags besuchen wir dann den südlichen Stadtteil von Kathmandu, nämlich Patan. Patan ist eine ehemalige Königsresidenz und war ursprünglich eine eigenständige Stadt, die aber heute nahtlos mit Kathmandu verschmolzen ist. Der alte, auch heute noch gebräuchliche Name der Stadt ist Lalitpur. Ein verkaufstüchtiger Führer hat sich uns angeboten und wir buchen ihn zu einem Rundgang. Neben vielen Tempeln, Pagoden, Stupas und Gottheiten lernen wir mehr zufällig den Oberpriester, des wichtigsten buddhistischen Tempels von Patan - einen etwa 10-jährigen Jungen - der barfüßig und nicht besonders sauber gekleidet auf dem Tempelgelände gerade so eine Art Tennis spielt. Wir erfahren, dass jeweils für die kurze Zeit von einem Jahr ein Junge diesen Alters als Oberpriester ausgewählt wird und dann auch die ganze Zeit im Tempel lebt.
Den Abend genießen wir am Kamin des Varja-Hotels, mal wieder bei einem reichhaltigen nepalesischen Essen und einem kühlen Tuborg-Bier.
26.11.2010 Bhaktapur
Gegen 09:30h machen wir uns auf nach Baktapur, der alten etwa 30 km östlich von Kathmandu gelegenen ehemaligen Hauptstadt. Wieder begeben wir uns - diesmal fast 2 Stunden - in das unbeschreibliche Verkehrschaos. In Bhaktapur werden wir allerdings reichlich belohnt: völlig anders als in Kathmandu finden wir hier bei Betreten des Durbar Square einen sauberen, ruhigen, fast menschenleeren Kulturbereich vor, der geradezu zum Genießen dieses fernöstlichen Kleinods einlädt. Bei herrlichem Wetter schlendern wir über diesen märchenhaften Platz mit seinen Pagoden und Tempeln und sind beeindruckt von der Baukunst früherer Jahrhunderte und fotografieren alles, was uns so vor die Linse kommt. Zur Mittagspause begeben wir uns auf ein Dachrestaurant, von wo wir den Durbar Square am Rande der Altstadt übersehen können: den alten Königspalast mit dem Palastteil der „55 Fenster", das Goldene Tor, den Schlangenteich und vieles mehr.
Später gehen wir noch zum Potters Square, einem Platz, auf dem auch heute noch Tontöpfe und Tonfiguren in allen möglichen Formen und Größen „auf offener Strasse" gebrannt werden.
Nachmittags relaxen wir im roof-top des Varja-Hotels bei Apple Pie und Cappuccino und genießen die noch warme Nachmittagssonne.
27.11.2010 Kathmandu
Heute ist unser letzter voller Tag in Kathmandu und entsprechend voll ist auch unser Programm. Gegen 08:30h verlassen wir mit Bus und Führer das Varja Hotel und besuchen zunächst die Buddha Academy in einem Slam-ähnlichen Stadtteil von Kathmandu. Die Buddha Academy macht in diesem Umfeld den Eindruck einer abgesicherten „friedlich-fröhlichen Insel". Hier leben rund 600 Kinder, davon 400, die tagsüber hier sind und 200, die im Internat wohnen. Die Kinder kommen aus Kathmandu und darüber hinaus aus dem gesamten Khumbutal, einige sogar aus Tibet, die von dort geflohen sind. Den Erläuterungen des Verwaltungsdirektors zufolge hat die Schule 35 Lehrer, 70 Studenten (16-18 Jahre alt) und die 600 Schüler in den Klassen 5-10 (5 - 16 Jahre alt). Die Kinder sind nicht nur Buddhisten sondern auch Hindus und Christen; die Religion spielt keine Rolle für das Lernen an der Schule, nur ihre Bedürftigkeit.
Beim Besuch der Klassen- und Aufenthaltsräume bekommen wir einen sehr positiven Eindruck; alles ist sehr sauber, überall treffen wir fröhliche Kinder.
Aus dem Reisepreis unserer Trekkingtour gehen 50,00 Euro pro Teilnehmer als Spende an diese Schule, die wir in Form eines Schecks an die Frau des erkrankten Schuldirektors vor einem Teil der Kinder überreichen.
Sehr beeindruckt von dem Gesehenen und Gehörten verlassen wir die Buddha Academy, um zum Boudhanath Stupa zu fahren, etwa 6 km nord-östlich des Stadtzentrums. Er gehört zu den wichtigsten buddhistischen Heiligtümern des indischen Subkontinentes und ist Anziehungspunkt für gläubige Buddhisten aus aller Welt. Als einer der höchsten und größten Stupas überhaupt gilt er für Buddhisten als „König der Weisheit" und als wichtige „Energiequelle".
Ähnlich wie schon den Durbar Square in Bhaktapur empfinden wir den Platz um den Boudhanath Stupa als ebenfalls sehr ruhig, sauber, besinnlich und im Gegensatz zum lärmenden und chaotischen Kathmandu um uns herum auch für uns als „Energiequelle", nach den Bergerlebnissen und inmitten des hektischen Kathmandus. Sofort küren wir ihn zu unserem Lieblingsplatz von Kathmandu. Entsprechend lange verweilen wir hier, beobachten Mönche und Gläubige, wie sie unaufhörlich im Uhrzeigersinn den Stupa umrunden, dabei Mantras murmeln, stöbern in den vielen kleinen Geschäften am Platz und landen schließlich in einem Dachrestaurant über dem Platz.
Etwas widerwillig stürzen wir uns danach zu Fuß wieder in das Chaos der Stadt, um eine weitere „Sehenswürdigkeit" den Pashupatinath Tempel mit den dahinterliegenden Bagmati Ghats, den Verbrennungsstätten für tote Hindus zu besichtigen. Hier sind wir ziemlich enttäuscht: Im Pashupinath-Tempel wird die volle Aufmerksamkeit zunächst der riesigen Anzahl von wilden Affen zuteil - einerseits um deren Streitereien amüsiert zu verfolgen und andererseits um aufzupassen, dass kein Affe uns zu nahe kommt. Dabei kommt die Aufmerksamkeit für die unzähligen großen und kleinen, alten und kunstvollen Shiva-Tempel zu kurz. Nach Überquerung des Hügels, auf dem der Pashupatinath Tempel liegt, steuern wir geradewegs zu auf die Verbrennungsstätten von Toten am Bagmati Nadi, einem überaus schmutzigen kleinen Fluß, der irgendwann in den „heiligen" Ganges mündet. Obwohl wir aus den einschlägigen Stadtführern wissen, was hier geschieht, ist das, was wir sehen für uns nahezu unglaublich: Auf etwa 10 vom Ufer in den Fluss hinein betonierten speziellen kleinen Flächen - übrigens aufgeteilt in solche für reiche und arme Leute - werden Leichen - eingewickelt in weiße Gewänder - „angeliefert", dann auf einen mit Reisig und Gras aufgeschichteten und mit den „Brandbeschleunigern" Kerosin und Zucker versetzten Scheiterhaufen gelegt und jeweils von einem nahen Verwandten des Toten angezündet.
Die Verwandten und Trauergäste stehen in unmittelbarer Nähe und wohnen so der Zeremonie bei. Der Scheiterhaufen brennt dann im Nu lichterloh, eine große grau-blaue Wolke ausstoßend und das dann von der Mehrzahl aller Verbrennungsstätten gleichzeitig. Entsprechend ist die Geruchsentwicklung in diesem engen Talkessel. Nachdem der Scheiterhaufen mit samt der Leiche niedergebrannt ist - es soll etwa 3 Stunden dauern - werden die Überreste von einem „Brandmeister", der hier den ganzen Tag „Dienst" tut, mit einem besenähnlichen Werkzeug in den Fluss geschoben, wobei ein laut zischendes Geräusch von der erlöschenden Glut zu vernehmen ist. Die „Überreste" treiben dann ganz langsam im trüben Wasser stromab - der eine oder andere „Brandmeister" geht hinab und wächst sich im Fluss den „Arbeitsschmutz" von Händen und Armen.
Zugegebermaßen weiß ich zu wenig über die Hintergründe dieser Verbrennungen, die möglicherweise aus hygienischen Gründen durchaus sinnvoll sein mögen. Allerdings mit westlichen Augen betrachtet erscheint dies mit allem Respekt vor anderen Totenriten nicht das angemessene Umfeld, um sich von einem geliebten Menschen zu verabschieden.
Ein wenig schockiert verlassen wir diesen „Ort des Schreckens" und werden die Bilder so schnell nicht vergessen.
Da es unser letzter Abend ist, begehen wir ihn besonders festlich und gönnen uns einen „Hot Tibetian Pot", eine Art Fondue, einem heißen, lecker gefüllten Kessel, der mitten auf dem Tisch steht, noch ergänzt um viele kleine Schälchen mit ausgesuchten Leckereien. So schlemmen wir in verschiedenen Fleischgerichten, Gemüsen, Soßen, Reis, Kartoffeln und sonstigen Zutaten sowie einem hervorragenden tief-roten australischen Rotwein und lassen dabei die eine oder andere Story unserer Tour Revue passieren.
28.11.2010 Kathmandu (Abflug)
Da wir am Nachmittag zurückfliegen, gehen wir den Tag erst mal langsam an. Gegen 10:00h begeben wir uns per Taxi nochmals zu unserem Lieblingsplatz in Kathmandu, zum Boudhanath Stupa. Hier schlendern wir ein wenig umher, genießen die warme Sonne (Ende November!!), kaufen noch das eine oder andere Geschenk und finden uns bald auf „unserer" Dachterrasse wieder. Bald brechen wir aber auf, um im Stadtteil Thahity noch das eine andere Bild in der dortigen Malschule zu kaufen. Tatsächlich werden es derer 3 Bilder, die gut verpackt in steifen Papierröhren den Heimweg antreten. Die Preise je Bild liegen im niedrigen 3-stelligen Euro-Bereich, sind also nicht ganz billig. Man kann dort allerdings sehr intensiv handeln, was mir erklärtermaßen bei der „vergleichenden Endabrechnung" am weitaus schlechtesten gelungen ist.
Unser Rückflug von Kathmandu über Abi Dhabi nach Frankfurt gestaltet sich problemlos, zumal wir ab Abu Dhabi genügend Platz zum Schlafen haben, da die Maschine nicht ausgebucht ist. Am 29.11. landen wir frühmorgens pünktlich in Frankfurt und wundern uns über das winterlich-weiße-weihnachtliche Deutschland.
Was bleibt von dieser Tour?
- Nepal ist ein sehr schönes aber auch sehr armes Land. Es scheint, dass die Menschen ziemlich stark von Hinduismus und Buddhismus geprägt sind und mit dieser Stütze auch den Alltag meistern. Liegt es auch an der Religiosität, dass die Menschen offenbar sehr friedlich, fast immer freundlich und vielleicht auch zufrieden mit dem wenigen sind, was sie haben?
- Kathmandu ist vordergründig eine laute, schmutzige und unglaublich verstopfte Großstadt, die auf der anderen Seite aber kulturell unheimlich viel zu bieten hat. Nicht umsonst ist der Stadtteil Patan (wie Bhaktapur) UNESCO Weltkulturerbe. Kaum irgendwo sonst auf der Welt gibt es eine derartige Mischung aus Religionen, Architekturen, Alltagsleben auf der Straße, Verkehrschaos, das so friedlich und ineinander greifend abläuft wie dort.
- Im Zentrum unseres Interesses standen die Berge. Nirgendwo anders auf der Erde gibt es so hohe und so schöne Berge, nirgendwo auch so gefährliche Berge. Wir haben die berühmtesten tagelang gesehen und sind ihnen ziemlich nahe gekommen; wir sind sehr beeindruckt!
- Jeder in unserer Gruppe hat einige Male körperlich und/oder mental persönliche Grenzen überschritten und dies bestens überstanden - die vielleicht wichtigste Erfahrung dieser Tour, die sich auch auf „normale" Lebensbereiche übertragen lässt. Hinter dem Horizont geht es bekanntlich immer noch weiter und zwar besonders „weit" in einem funktionierenden Team.
- Nepal und seine Bergwelt auf dem Everest Trekk zu erkunden ist keine „normale Urlaubsreise" auch kein „normaler Aktivurlaub" und hat wenig mit „körperlicher Erholung" zu tun. Es ist vielmehr ein unvergessliches Erlebnis, so eine Art persönliches Kunstwerk mit vielen Facetten, das mentale, körperliche, kulturelle, sozial-zwischen-menschliche und weitere Aspekte miteinander verbindet.
DAS SCHÖNE AN BERGEN IST DAS GEWALTIGE, DAS GELASSEN VERSCHMÄHT, UNS ZU VERNICHTEN (Zitat eines Unbekannten)
Würselen 17.12.2010
Paul Thelen