Das Reich der Inka
05.09.09
Von den Zubringerflughäfen Nürnberg, Stuttgart, Düsseldorf und Köln reisen Christine, Rosi, Uschi, Hans-Jürgen, Jürgen, Michael, das Ehepaar Rudolf (Rudi) und Edeltraut und ich nach Amsterdam, um dort um 10:00h die KLM-Maschine nach Lima zu besteigen. Nach 12 Stunden Flug kommen wir zur Ortszeit 15:45h - bei 7 Stunden Zeitunterschied zu Deutschland - in Lima an. Dort werden wir von Klaus empfangen, der uns - außerhalb des angekündigten Programms - zu einer kleinen Stadtrundfahrt auf dem Weg zum Hotel einlädt.
Lima wurde 1535 von dem spanischen Eroberer Pizzaro gegründet. Heute wohnen dort ca. 7,0 Mio. Einwohner. Unsere Fahrt führt direkt zur Altstadt mit dem Plaza de Armas im Zentrum. Hier befinden sich wichtige öffentliche Gebäude wie der Regierungspalast (Sitz des Präsidenten), das Rathaus sowie die Kathedrale, in der Pizzaro begraben ist und der Bischofssitz von Lima sowie balkongeschmückte schöne Herrenhäuser. Ein kurzer Spaziergang führt uns vorbei an der Hauptpost (im Kolonialstil gebaut) und dem Hausberg von Lima, dem Cerro San Cristobal, an dessen Hängen sich die Häuser und Hütten des Armenviertels hochziehen.
Unser Hotel liegt im vornehmen Stadtteil Miraflores und heißt Casa Andina Centro, ist sehr sauber, hat große Zimmer, Internet und am nächsten Morgen ein gutes Frühstück. Jetlag - bedingt schlafen die meisten von uns von 21.00h - 03:00h, auch bedingt durch Lärm und Hupkonzerte des nicht zur Ruhe kommenden nächtlichen Straßenverkehrs.
06.09.09
Bereits um 07:00h verlassen wir das Hotel in Richtung Flughafen, um den 10:00h Inlandsflug mit LAN Peru in südöstlicher Richtung nach Cuzco, der alten Hauptstadt des Inka-Reiches, zu nehmen. Kurz vor dem Anflug auf Cuzco sehen wir am Horizont die ersten hohen Berge Perus, die beiden 6.000 er Pumasillo und Huillique.
Am Flughafen werden wir von Yovanna Mendoza empfangen, unserer Führerin für die nächsten 9 Tage. Wie wir im Laufe der Zeit noch feststellen werden, ist Yovanna, deren direkte Wurzeln bis zum alten Volk der Inka, den Quechua reichen, nicht nur eine hervorragende Führerin sondern auch kraft ihrer Persönlichkeit eine ausgezeichnete Botschafterin der originären Einwohner Perus.
Der Flughafen von Cuzco liegt auf einer Höhe von 3.400m, in unmittelbarer Stadtnähe. Mit dem Ziel einer möglichst optimalen Höhenanpassung umfahren wir mit unserem Bus die Stadt Cuzco (ca. 400.000 Einwohner) und gelangen auf die Passhöhe von 3.800 m und in das Urubamba-Tal, das „geheiligte Tal der Inka", um dann „abzusteigen" (Höhenanpassungsregel: go high, sleep low) nach Pisac auf 2.800 m. Dort beziehen wir zunächst unser „Royal Inka Hotel", einer sehr schönen, etwas außerhalb des Ortes liegenden Wohnanlage mit mehreren flachen, zweistöckigen Wohngebäuden, zu erreichen über schmale Wege mit vielen Blumenbeeten dazwischen.
Dann geht es gemütlich bei strahlendem Sonnenwetter los zum Besuch des Indiomarktes, für den Pisac berühmt ist. Zum ersten Mal sehen wir das Riesenangebot an Früchten, Gemüsen, Farben, Stoffen, Schmuck und Souvenirartikeln (uns belustigend mit diversen Phallus- und Fruchtbarkeitsdarstellungen) und besonders beeindruckend - die Frauen aus den umliegenden Dörfern in ihrer bunten Kleidung, den vielen Röcken und den typischen Hüten, aus denen jeweils die Herkunft der einzelnen Trägerin zu erkennen ist. Viele Frauen haben ihre Babies bis zum Alter von 2 Jahren in einem Tragetuch auf dem Rücken. Im Restaurant „Inti Hua Tana", auf der 1.Etage mit Blick über den ganzen Markt, essen wir unsere erste Trucha (Forelle) mit oder ohne Knoblauchsoße. Nach dem Spaziergang zurück ins Hotel - größere Anstrengungen sollten an diesem 1.Tag in der Höhe tunlichst vermieden werden - sitzen wir gemütlich zusammen im Restaurant unseres schönen Hotels und lassen den Tag bei Palmenherzen, Scampi oder der soup of the day - und wir 4 Männer natürlich bei einem wohlschmeckenden Cuzquen?a - Bier - ausklingen.
Obwohl die Temperatur nach Einbruch der Dunkelheit nach 18:00h in den einstelligen Plusbereich zurückgeht, nimmt Jürgen noch ein Bad im schönen, großen, überdachten Swimmingpool des Hotels.
Heute schlafen wir von 20:00h bis 04:00h, immerhin schon 1-2 Stunden länger als am ersten Tag.
07.09.09
Nach einem guten Frühstück verlassen wir um 08:00h das „Royal Inka", um mit dem Bus bis zum Eingang der so genannten Inka-Ruinen auf 3.400 m etwa 600 m oberhalb des Ortes Pisac zu fahren. Hier erklärt uns Yovanna zunächst den Unterschied zwischen Inka und Quechuas - die Inka waren die Mitglieder der Adelsfamilien und die Quechuas deren Volk, über die sie herrschten. Wir durchwandern die Reste eines Inka-Zeremonial-Zentrums, umgeben von landwirtschaftlichen Terrassen, Tempel mit Gebäuden für Priester, vorbei an Fels-Grabhöhlen des Friedhofes (hier wurden ca. 2000 Tote gefunden), in denen die Toten in Hockstellung saßen/bestattet wurden, dann weiter zu Gebäuden, in denen Nahrungsvorräte gelagert wurden und zu Wachtürmen, schließlich durch einen schmalen Inka-Tunnel zur anderen Seite des Berges. Von hier aus geht es nun hinunter zu einem weiteren Tempelkomplex. Hier sehen wir zum ersten Mal im Original den typischen Inka-Baustil (die typische Inka-Bautechnik): nach innen geneigte, erdbebensichere Wände, trapezförmige Fenster- und Türöffnungen und ganz besonders beeindruckend und weltweit einmalig, die millimetergenau aufeinander angepassten, fugenlos also mörtel- oder lehmfrei verbauten großen schwarzgrauen Steinblöcke. Wie die Quechuas diese präzise Baukunst ausführten, ist auch heute noch nicht 100 %tig bekannt. Wahrscheinlich verwendeten sie Werkzeuge aus Obsidian (erstarrte Lava) für die Grob- und bestimmte (Schmirgel-)Pflanzen plus Kaktussaft für die Feinbehandlung.
Der folgende Abstieg nach Pisac ist bei 30°C zwar schweißtreibend aber äußerst interessant, denn - auch zum ersten Mal - sehen wir dabei die für die Inka-Kultur so berühmten - 600 Jahre alten Terassenfelder - mit ihren ausgeklügelten Bewässerungssystemen.
Von Pisac geht es nun mit dem Bus wieder aus dem Urubamba-Tal in Richtung Cuzco, dem alten Sitz der Inka, von wo sie ihr Riesenreich regierten. Zunächst besuchen wir die Awana Cancha Lama-Farm mit Weberei. Wir lernen die vier verschiedenen Lama-Arten zu unterscheiden: Lama (Schwanz nach oben), Alpaka (Schwanz nach unten), Vikunia und Guanako. Wolle der Vikunias vom Hals der Tiere geschoren, ist die teuerste Wolle der Welt. In der Weberei sehen wir, wie mit haltbaren Naturfarben gefärbt wird, u.a. wird der rote Farbstoff aus der Cochenille-Laus, die auf Opunien (Kakteen) siedelt, gewonnen. Im Shop der Weberei finden wir hochwertige Ponchos, Schals usw. aus Alpaka-Wolle und kaufen zum ersten Mal ziemlich kräftig ein.
Auf dem weiteren Weg nach Cuzco besichtigen wir den Wassertempel „Tambo Machay", in dem die Inka den Wassergott verehrten und dessen beide unterirdische Quellen noch heute unbekannten Ursprungs sind; dann die rote Festung „Puca Pucara", die laut Yovanna als Herberge für weit angereiste Pilger und als Wechselstation für Botenläufer, die vom Titicacasee oder aus dem Heiligen Tal kamen, diente. Weiter geht es zu Fuß zur Kultstätte „Kenko" (Q'enqo), in der auf über 100 Altären der Göttin „Pachamama = Mutter Erde" Opfergaben dargebracht wurden.
Am Schluss des Tages gibt es dann noch einen Höhepunkt mit der Begehung der auch heute noch einmal jährlich für ein großes Fest genutzten und berühmten Anlage der ehemaligen Kultstätte „Sacsayhuamán". Die Anlage stammt aus dem 15.Jahrhundert. Sie besteht aus 3 übereinander liegenden Mauern, die bis zu 30 m hoch und 500 m lang waren. Aus Stabilitätsgründen sind sie in Zick-Zack-Form angelegt. Sie symbolisieren die 3 Welten der Inka-Vorstellung Oberwelt (Welt der Götter - Hanan Pacha) - Hierwelt (Welt der Lebenden - Kay Pacha) und Unterwelt. (Welt der Toten - Ukhu Pacha). An diesem Bauwerk sollen zehntausende Indianer ca. 50 Jahre gebaut haben. Die schwersten Steine wiegen bis zu 200 t. Sie wurden über Rampen (schiefe Ebene) und mit Hilfe von Rollen aus Steinbrüchen herangeschafft. Alljährlich findet hier am 24. Juni das Wintersonnenwendefest (Inti-Raymi-Fest) statt, bei dem alte Kulte und Rituale aus der Inkazeit vorgeführt werden.
Heute übernachten wir im „Suen?os del Inca" nur wenige Gehminuten entfernt vom Plaza de Armas, dem Zentrum von Cuzco.
08.09.09.
Am heutigen Tag steht die Besichtigung von Cuzco an. Um 09:00h geht es los. Bis Mittag besuchen wir 4 Sehenswürdigkeiten.
- Qorikkancha oder Iglesia de St.Domingo
Dies war einer der wichtigsten Inka-Tempel. Hier kann man erneut die unübertreffliche, erdbebensichere Bauweise der Inka mit millimetergenauem Versatz der tonnenschweren Steine, die teilweise zusätzlich mit gegossenen Gold/Bronze-Klammern gesichert oder mit Nut und Feder verbunden sind, bewundern. Wesentlicher Zweck dieses Tempels war die Pflege der Mumien verstorbener Inka. - Markthalle - Mercado San Pedro
Hier gibt es nahezu alles zu kaufen, was man zum täglichen Leben braucht. Deshalb nennt Yovanna die Markthalle auch „Aldi von Cuzco". Neben einem Riesenangebot an Früchten, Gemüsen, Gewürzen, Blumen, Brot und Fleisch finden wir u.a. auch das Angebot lebender Frösche und fix und fertig verpackte Opfergaben. Diese dienen auch heute noch vor allem dazu, den Göttern geopfert zu werden, um dann einen besonderen Wunsch erfüllt zu bekommen. Inhalt dieser Opfergaben sind in Zellophan verpackte kleine Geschenke einschließlich zentimetergroßer, getrockneter Lama-Embryos. - Kathedrale
Die Kathedrale besteht aus insgesamt 3 Kirchen:
- der Capilla de la Sagrada Familia
- dem Hauptschiff
- und der Capilla del Triunfo
Die Kathedrale wurde auf den Mauern eines alten Inka-Palastes von 1559 über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren gebaut, in Teilen beim Erdbeben 1950 zerstört und wieder aufgebaut. Vor dem Eingang links ein kleines Bauwerk, in welchem die Spanier/Christen verurteilte Inkas hinrichteten. Ein Fresko mit Totenkopf und gekreuzten Knochen erinnert daran. Die Kathedrale ist reich geschmückt mit großen Gemälden im so genannten Cuzco-Stil, einer Mischung europäischer Malkunst und indianischen Einflüssen. Besonders beeindruckend sind das aus Zedernholz fein geschnitzte Chorgestühl aus dem 17. Jahrhundert sowie die Orgel gleichen Alters, die aus Stuttgart stammt. In einem Seitenaltar befindet sich der „schwarze Christus", der zu Fronleichnam durch die Strassen getragen wird. - Iglesia de San Blas - St.Blasius
Diese Kirche liegt im Künstlerviertel Cuzco's in San Blas. St.Blasius ist eine Kirche für die Indianer, wie sie von den Spaniern bewusst einfach gebaut wurde. Das besondere Kuriosum ist die von einem indianischen Künstler im Barockstil filigran aus Zedernholz geschnitzte Kanzel aus dem 16.Jahrhundert. Zur Ehre des Künstlers wird sein Schädel bis heute gut sichtbar auf dem Kanzeldach aufbewahrt.
Am Abend besuchen wir eine Folkloreshow mit alten Tänzen und Musikbegleitung durch Gitarren, Panflöten, Geige und Klavier.
09.09.09
Heute verlassen wir um 08:00h Cuzco und fahren ins Hochland, in der Ferne, teilweise in weißen Wolken eingehüllt, begleiten uns die Gipfel der Berge Verónica (5750 m) und Chicón (5500 m). Wir kommen zunächst nach Chinchero, einen alten Sommersitz der Inka, wo es Sonntags einen sehr typischen, noch vom Tourismus unverdorbenen, Inka-Markt gibt. Hier besuchen wir eine Weberei, in der wir die einzelnen Arbeitsgänge zur Verarbeitung von Wolle, also Reinigen, Spinnen, Färben und Weben - alles mit natürlichen Substanzen und Werkzeugen - sehr anschaulich vorgeführt bekommen. Danach besichtigen wir die Dorfkirche, in der zufällig eine Messe mit Anwesenheit der Bürgermeister der umliegenden Orte stattfindet. Es bietet sich hier ein überaus farbenprächtiges Bild, da die Bürgermeister und auch die anwesenden Gottesdienstbesucher in ihren typischen Trachten gekleidet sind.
Dann geht es über Schotterstrassen weiter zu den Inka-Terrassen von Moray. Vermutlich in einen Meteoriten-Krater hineingebaut, liegt eine 45 m tiefe Rundterrasse, in der die Inka landwirtschaftliche Versuche zum Herausfinden optimaler Anbaumethoden und neuer Pflanzen gemacht haben sollen. Hier konnten unterschiedlich ökologische Bedingungen getestet werden.
Nach einer kurzen weiteren Busfahrt schließen sich die Salinen von Maras an. Aus einer Quelle mit salzhaltigem Wasser (25 Grad Celsius, konzentrierte Salzlösung), welches seit Inka-Zeiten in regelmäßigem Fluss aus dem Fels kommt, wird das Wasser in Hunderte von Salzpfannen (5.500 Miniterrassen) geleitet. Durch die Sonneneinstrahlung verdunstet das Wasser und das zurückbleibende Salz kann ein Mal im Monat „geerntet" werden. Vor dem Verkauf im Inland bzw. dem Export wird das Salz noch mit Jod angereichert. Die Salinas de Maras bieten über 300 Familien Lebensunterhalt.
Von den Salinen über einen schmalen Steg entlang der Salzpfannen gelangen wir über einen längeren Abstieg zum Urubamba-Fluss, wo uns der Bus aufnimmt und bei herrlichem Wetter nach Ollantaytambo, der Heimatstadt von Yovanna bringt.
Anläßlich eines Zwischenstops konnten wir in einem kleinen Anwesen die Herstellung des einheimischen Bieres „Chicha" aus vorgekeimtem Mais kennenlernen. Der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig. Deswegen wird es auch inzwischen mit Erdbeere, Zimt und aromatischen Kräutern der Region angereichert. Auf dem Hausflur wuselten massenweise große und kleine Meerschweinchen herum. Gebratene Meerschweinchen „Cuy" sind ein besonderer Leckerbissen für jeden Peruaner.
Am Nachmittag erkunden wir die Inka-Festung von Ollantaytambo. Diese Anlage blieb unvollendet, da es im Verlauf der Bauzeit zu kriegerischen Handlungen mit den Spaniern kam. Am Beispiel dieser Festung kann man gut nachvollziehen, wie die Inka arbeiten ließen: In ca. 6 km Entfernung liegt der Steinbruch, wo die großen Blöcke ausgelöst wurden. Sie wurden dann bis zum Urubamba-Fluss hinabtransportiert; der Fluss wurde in der Mitte durch eine kleine Insel geteilt, damit die bis über 100 t schweren Blöcke im Fluss besser bewegt und dann über schiefe Ebenen den Berg zur Festungsanlage hinaufgezogen werden konnten.
Laut Yovanna, wurde Ollantaytambo nie von den Spaniern eingenommen. Sie kamen zwar in den Talkessel des Ortes, wurden aber wieder von den Quechuas vertrieben, indem sie von den Bergen Steine herunterwarfen und von einem höhergelegenen See Wassermassen auf sie herabließen.
Abends essen wir im „Panteria" am Markt in einem schönen „Rittersaal". Obwohl das Essen diesmal nicht besonders gut ist, haben wir eine gute Unterhaltung durch Hans-Jürgen, Michael und Edeltraut, die uns den ganzen Abend mit Witzen „versorgen".
Unsere Unterkunft Hostal Ollantaytambo Lodge konnte uns nicht recht begeistern.
10.09.09
Für die „Inka-Trailer" beginnt heute ein neuer Höhepunkt, nämlich die 4-tägige Wanderung auf dem Inka-Trail. Um 07:00h fahren wir mit dem Bus durch kleine, ärmliche Ansiedlungen und auf schmalen Schotterstrassen entlang/abwärts des immer schmäler werdenden Urubamba-Tals zu km 82 der Eisenbahnstrecke Cuzco - Machu Picchu, zu einem der beiden Eingänge zum Inka-Trail. Gleichzeitig mit uns finden sich dort auch die 11 Träger incl. Koch ein. Yovanna stellt Träger und Gruppe einander vor und bald begibt sich die Gruppe auf die Hängebrücke über den Urubama-Fluss auf den Trail.
Da ich zu spät für den Inka-Trail angemeldet worden bin und auch ein letzter Versuch, eine Zulassung am Eingang zu bekommen, scheitert, fahre ich mit Rudi und Edeltraut zurück nach Ollantaytambo. Zusammen mit Rudi besteigen wir am Nachmittag den der Festungsanlage gegenüberliegenden Hang bis zu den 3-stöckigen Vorratslagern und den vielen Wachtürmen, die inzwischen restauriert wurden. Rudi entdeckt dabei eine Reihe von exotischen Blumen, darunter auch einige Orchideenarten, die in Kürze ihre Blütenpracht entfalten werden.
10.09.09 (Die Inka-Trail Gruppe)
Christine, Rosi, Uschi, Hans-Jürgen, Jürgen und Michael begeben sich mit Yovanna auf die Hängebrücke über den Urubama-Fluss auf den Trail.
Zuvor müssen sie sich am Kontrollposten ausweisen; die Identität wird mit der computerregistrierten Anmeldung verglichen. Dies ist dann gegen 10:30 Uhr erledigt. Der Einstieg liegt auf 2.694 m. Es geht entlang eines kaktusberandeten Weges leicht bergan, an diversen primitiven Ansiedlungen vorbei, dem Urubambafluss folgend bis zur Inka-Anlage Llactapata, ein ehemaliges Dorf mit 112 Häusern und Terrassen-Anlage. Von dort zweigt der Weg ab ins Cusichaca-Tal, wo wir um 12 Uhr am Mittagsrastplatz (2.746 m) ankommen. Die Träger mit dem Essen schliessen um 12:30 Uhr zu uns auf und bereiten schnell in aufgestellten Zelten, eines zum Kochen, das andere für uns sieben mit Tisch und Servietten zum Essen gedeckt, ein leckeres Mal aus Maissuppe, Spagetti und erfrischendem Obstsaft.
Um 13:30 Uhr brechen wir auf und folgen weiter dem rauschenden Cusichaca Fluss, der dem Tal eine üppige Flora ermöglicht. Nach 3 Stunden um 16:30 Uhr erreichen wir unseren Zeltplatz Nr. 11 auf knapp 3.100 m Höhe. Die Träger haben unsere 7 Zelte bereits auf dem grasbewachsenen Platz aufgestellt, die Sonne lacht, obwohl die höheren Berge alle teils mit schwarzen Wolken verhangen sind.
Das normalerweise für 2 Personen vorgesehene Zelt ist sehr geräumig, eine Luftmatratze zur Auflage des Schlafsacks sollte ein gutes Ohmen für eine erholsame erste Zeltnacht sein.
11.09.09
An diesem Tag besuchen wir mit einem örtlichen Führer, Saul ist sein Name, zwei Bergdörfern - Patacancha und Willoc - auf 3.800 m. Über eine unbefestigte Strasse folgen wir dem Patacancha-Fluss immer höher und höher. Schließlich kommen wir über der Baumgrenze an und treffen überall Bauern, die in dieser Höhe - teils mit teils ohne Stiere als Zugtiere - ihre Felder bestellen. Das Highlight des Tages ist ein Gespräch mit einer über 100-jährigen, einer persönlichen Bekannten von Saul. Die alte Dame ist angeblich eine direkte Nachfahre des letzten Inka. Obwohl sie etwas kränklich ist und wir uns auch nicht direkt mit ihr unterhalten können, spüren wir ihre Persönlichkeit und Ausstrahlung. Sie hat im Dorf Willoc insgesamt 48 Nachfahren in 5 Generation, von denen wir einige kennen lernen. Saul wird von der Familie gebeten, diverse Medizin in Ollantaytambo zu besorgen, die es hier oben in den Bergen nicht gibt, um der alten Dame wieder auf die Beine zu helfen.
Am Nachmittag erfülle ich Rudis Wunsch, zusammen mit ihm und Saul einen der Hänge des Urubamba-Flusses bis zu einem im oberen Drittel liegenden „Kratzzeichens" zu besteigen. Es ist mächtig steil, aber wir 3 erreichen das Zeichen nach ca. 2 Stunden. Von oben haben wir einen umfassenden Blick auf Ollantaytambo und die Inka-Festung ...... und auch auf die miserable Verkehrsführung - viele Autos zwängen sich in beiden Richtungen durch die Stadt. Dies löst bei Saul und mir eine Diskussion über die Linienführung einer Umgehungsstrasse aus. Saul will in den Stadtrat gewählt werden und eines seiner Ziele ist die Verbesserung der Verkehrssituation seiner Heimatstadt.
11.09.09 (Die Inka-Trail Gruppe)
Heute gilt es, 1.200 Höhenmeter zu überwinden bis zum Warmiwanuska Pass.
Die Nacht verläuft ruhig, gegen 5 Uhr wecken uns krähende Hähne. Nach einem von dem Koch und den Trägern zubereiteten guten Frühstück brechen wir um 7:20 Uhr auf. Yovanna gibt die Losung aus, dass jeder nach seinem Rhythmus laufen möge. Kurz oberhalb des Zeltplatzes ist die nächste Trail-Kontrolle (Check Point). Das ist dann auch die letzte Ansiedlung und es geht fortan nur noch bergauf. Teilweise über lange Strecken schätzungsweise 30-40 % Steigung von Steinstiege zu Steinstiege.
Leider hat es sich sehr eingetrübt und es fängt an zu regnen. Die am Rastplatz postierten Indio-Händlerfrauen haben vorgesorgt und verkaufen auch Plastikponchos für 5 Soles. Diese sind beim weiteren Aufstieg sehr nützlich.
Der weitere, sehr steile Weg über unterschiedlich hohe und lange Steinstufen führt durch tropischen Regenwald, viele große Gummibäume, Lianen, usw. und auf der nahen Sohle ein rauschender Bach. Sehr beeindruckend. Leider keine Vögel oder sonstige Tiere.
Ab und an überholen uns mit leichtem Schritt Träger mit sehr bepackten Rucksäcken. Der Regen hört, je höher wir kommen auf, es wird aber zunehmend frisch und feuchter Nebel kommt vom Pass herunter. Die letzten Meter sind sehr steil und anstrengend. Als wir schließlich die Passhöhe des Warmi Wanusca auf 4.215 m erreicht haben, waren wir ausgepowert aber glücklich.
Es ist trotz Anziehens aller verfügbaren Kleidungsstücke samt Indio-Wollmütze unangenehm kühl, denn kalter Wind bläst vom gegenüber liegenden Tal herauf mit Wolken, die immer wieder die Passhöhe verhängen.
Der Abstieg gegen 13 Uhr ist steil abfallend über Steinstiegen nach unten gegen den Wind und in Wolken, so dass wir die Gegend nicht zu sehen bekommen. Christine und Jürgen gehen vor, Michael und Rosi folgen, Hans-Jürgen und Yovanna machen mit Uschi die Nachhut.
Gegen 14:30 Uhr erreichen wir das Paqaymayu Camp auf 3.500 m. Dieses Camp ist das größte am Camino, sehr feucht, Schotteruntergrund für die Zelte und unser Platz liegt in direkter Nachbarschaft zur Toiletten- und Waschanlage. Diese Anlage ist sehr primitiv, die sanitären Installationen kaputt und schmutzig. Die Gerüche sehr unangenehm.
Die Zelte sind schon aufgebaut, es beginnt vom wolkenverhangenen Himmel zu regnen, es ist feucht, nass, ungemütlich und dazu piesacken uns noch Scharen kleiner, stechender Mücken. Um 15 Uhr gibt es Lunch mit Suppe und einem Stück gebratenem Fleisch, Reis und einheimische Kartoffeln.
Bis zum „Tee" mit Poppcorn und Dinner um 19 Uhr muss die Zeit bei dem unfreundlichen Wetter in den Zelten totgeschlagen werden. Auch als wir zur Nachtruhe in die Zelte kriechen, regnete es noch, eine klamme Nacht steht uns bevor.
12.09.09
Um 04:00h werde ich bereits geweckt durch die Frühstücksvorbereitungen anderer Trekker, die heute Morgen früh wegwollen. Rudi, Edeltraut und ich werden um 09:00h von einem Taxi abgeholt und zum Bahnhof gefahren. Von dort fahren wir mit dem Zug nach Aguas Calientes, neuerdings auch Machu Piccu City genannt. Die Zugfahrt ist ein echtes Erlebnis: In langsamem Tempo folgt die Bahnstrecke exakt dem Lauf des Urubamba. Wir sehen hinab in die tiefe Schlucht des reißenden Urubamba, passieren bei km 82 und bei km 88 die beiden Eingänge zum Inka-Trail und erreichen schließlich kurz vor Eintreffen in A.C. ein Stauwerk, welches der Stromerzeugung dient.
Beim Weg zum Hotel macht uns ein Einheimischer auf den Putucusi aufmerksam, einem zuckerhutförmigen freistehenden Berg, der das Tal hinter A.C. verschließt und der von unserer gesamten Gruppe in 2 Tagen bestiegen werden soll. Mit Respekt betrachten wir unseren nächsten Berg einige Augenblicke und können uns kaum vorstellen, dass man da oben hinauf kommen kann.
Nach dem Einchecken im Hotel Presidente mache ich mich sofort auf den Weg, um mir den Putucusi etwas näher anzusehen. Das einmalige an diesem Berg ist, dass er im unteren Drittel über Leitern bestiegen wird. Vom Tal bis zum Gipfel auf 2.630 m sind es rund 500 Höhenmeter. Schnell wird mir klar, dass alle aus der Gruppe die körperlichen Fähigkeiten haben werden, den Putucusi zu besteigen. Die größere Herausforderung liegt im mentalen Bereich, denn nach einer ca. 5 m kurzen „Einstiegsleiter" folgt eine etwa 40 m hohe, breite Leiter, die am Fels befestigt ist. Danach kommen noch einige kürzere Leitern und dann ein inzwischen gewohnt felsen-treppenmäßiger, steiler Pfad, der zum Gipfel führt. Ich brauche 1h und 5min bis zu Gipfel. Oben angekommen, sehe ich zum ersten Mal auf dem gegenüberliegenden Berghang die gesamte Ruinenstadt von Machu Picchu vor mir liegen - ein wirklich grandioser Anblick.
Aufgrund der Tatsache, dass die Holzleitern in einem guten, trockenen Zustand sind, entschließe ich mich, der Gruppe zu empfehlen, den Putucusi gemeinsam zu besteigen, aber natürlich jedem freizustellen, ob er mitgehen will oder nicht.
Mein Abstieg auf den Leitern - mit Gesicht zum Fels - erweist sich als nicht sehr schwierig.
12.09.09 (Die Inka-Trail Gruppe)
Die Temperatur am Morgen ist knapp unter 4° C, die Außenhaut des Schlafsacks und der Zeltinnenboden durch Kondenswasser richtig feucht. Mit vielen Schlafunterbrechungen und trotz getragener Socken kalter Füße sind wir froh, dass die Nacht vorbei ist. Die Überraschung des Morgens ist wolkenlos blauer Himmel und eine abnehmende Mondsichel. Die Überquerung von 2 Pässen ist heute zu überwinden.
Nach dem üblichen Frühstück brechen wir um 07:30 Uhr auf und reihen uns ein in die Camino-Touristen und Träger. Der Aufstieg auf den 3.950 m hohen Runkuraq'ay Pass ist wieder sehr steil, fast ausschließlich Steinstufen. Die Überwindung der 450 Höhenmeter ist zwar weniger anstrengend als gestern zum 1. Pass, trotzdem eine richtige Herausforderung. Schnell sind wir aus dem Sonnenschatten heraus und genießen die herrliche Landschaft mit den Bergen rundum. Der uns immer begleitende Berg Monica hüllt sich bereits wieder in Wolken. Gegen 9:00 Uhr haben wir die Passhöhe erreicht, eine nahe Bergkuppe, erlaubt großartige Ausblicke in beide Täler und insbesondere auch auf den gestrigen Abstieg vom 1. Pass.
Der Abstieg gegen 09:30 Uhr zur sehr gut erhaltenen und als Wohnstätte der Quechuas geltenden Ruine Sayaqmarka (3.600 m) ist bei herrlichem Sonnenwetter über viele Steinstufen landschaftlich sehr schön. Wir können einige Orchideen und andere seltene Blüten bewundern. Yovanna erklärt uns die interessante Anlage. Von dort erreichen wir sehr bald die gegenüber auf einem ausgetrockneten Seeplateau sichtbare Lunch-Pausenstation Chaquiqocha (3.680 m), wo unsere Träger schon das Küchen- und Esszelt aufgebaut und das Essen vorbereitet haben.
Die sonnige Pause dauert von 12 bis 13 Uhr, der anschließende Weg zur 3. Passhöhe, dem Phuyupatamarka ist die reinste Höhenwanderung, recht flach teils durch urwaldartige Vegetation, äußerst interessant die Pflanzen, Flechten und diverse Blüten. Die Anblicke auf die dicht bewaldeten Berghänge und den schnee- und gletscherbedeckten Gipfel des 6.271 m hohen Nevado Salkantay, der sich aber nur ab und zu sehr zurückhaltend hinter Wolken zeigt, krönen die Wanderung. Wir passieren den Inka Tunnel, eine riesige Felsplatte schiebt sich scheinbar zu Tal und bildete den steil abfallenden Tunnelweg.
Am Phuyupatamarka Pass (3.670 m) kann man auf Aguas Calientes herunterschauen! Kurz danach erreicht man eine Plattform, von wo sich der Blick auf die imposante Phuyupatamarka Inka Anlage öffnet. Der Blick schweift schon Richtung Machu Picchu, den Berg Machu Picchu (Alter Berg), Huayna Pichu (Neuer Berg) und Putucusi sowie ins Urubamba Tal mit dem Fluss und der Eisenbahnlinie nach Cuzco.
Der Abstieg beginnt sehr steil über teils schwierige Steinstufen. Die Strecke geht durch teils dichten Pflanzenbewuchs mit immer wieder Ausblicke auf die Berge um Machu Picchu.
Das Camp Wiñay Wayna (ca. 2.700 m) ist bereits wieder halbwegs in der sog. Zivilisation. Ein fester Bau, elektrifiziert, bietet u. a. einen Speiseraum, sogar warme Dusche, aber alles sehr einfach.
Unsere Zelte stehen auf einem kleinen Terrassenplatz, Schotteruntergrund direkt unterhalb des Versorgungsgebäudes. Sehr laute Musik aus Lautsprechern und die sich lautstark an erhältlichem Cuzqueña Bier erfreuenden Touristen sind recht störend. Nachdem wir uns zurück zogen, kehrt auch bald Ruhe ein zu unserer letzten Camino-Nacht im Zelt.
13.09.09
Heute ist der große Tag, an dem ich unsere Gruppe vom Inka-Trail zurückerwarte. Deshalb stehen Rudi, Edeltraut und ich schon um 04:00h auf und wir begeben uns ohne Frühstück um 04:45h zur Bushaltestelle, um mit einem der Busse nach Machu Picchu hochzufahren. Um 06:30h sind wir dort; ich verabrede mit Rudi und Edeltraut einen Treffpunkt und mache mich eiligst auf zum Sonnentor, wo ich die Gruppe gegen 07:30h erwarte. Dort angekommen, erhalte ich von Hans-Jürgen eine SMS, demzufolge die Gruppe etwas später aufgebrochen ist und erst gegen 11:30h am Sonnentor sein wird. Ich entschließe mich hinunterzugehen zu Rudi und Edeltraut, um dann erneut zum Sonnentor aufzusteigen. Dort komme ich bereits wieder gegen 11:00h an und es reizt mich, jetzt nicht zu warten sondern der Gruppe auf dem Inka-Trail entgegenzugehen. Nach zwei steilen Abstiegen begegne ich 2 Peruanern, die mir bedeuten, dass „meine" Gruppe nicht mehr weit sei. Schon bald treffe ich Jürgen, der der Gruppe mit etwas Abstand vorangeht. Wir begrüßen uns herzlich und ich gehe weiter und sehe nach einigen Minuten nun alle Gruppenmitglieder. Nach der herzlichen Begrüßung jedes Einzelnen tauschen wir unsere Erlebnisse der letzten Tage aus und alle zusammen gehen wir dem Sonnentor entgegen.
Dort angekommen, sehen nun alle zum ersten Mal die Inka-Stadt Machu Picchu und sind beeindruckt. Zum Dank für die glückliche Bewältigung des Inka-Trails betet Yovanna mit uns allen zu Patchamama (Mutter Erde) und wir opfern alle drei Coca Blätter, um Pachtamama für die gute Bewältigung des Inka-Trails zu danken. Wir schließen die Augen und jeder darf für sich einen Wunsch formulieren. Mein Wunsch ist es, dass alle übermorgen wohlbehalten von der Putucusi-Besteigung zurückkommen. Nach dieser durchaus bewegenden Zeremonie steigen wir nun langsam hinab nach Machu Picchu, der verlassenen Inka-Stadt immer näher kommend und nun immer deutlicher die einzelnen Bereiche erfassend, eingerahmt vom Huayna Picchu (Junger Berg) und Machu Picchu (Alter Berg). Die Stimmung ist aufgekratzt, fast ausgelassen, eine Mischung aus Stolz über die Bewältigung der Anstrengungen des Inka-Trail und einer gewissen Ergriffenheit vor der monumentalen Anlage der Inka-Stadt, die sich vor uns ausbreitet.
Vom „Wächterhaus", einem erhöhten Punkt über der Inka Stadt, genießen wir den Anblick auf die gesamte Anlage. Verbunden mit den Erklärungen von Yovanna spüren wir ein wenig von der Mystik, die über diesem einmaligen Ort liegt.
Spontan entschließen Jürgen und ich uns, den über uns hoch aufragenden „Alten Berg" Machu Picchu am Nachmittag zu besteigen. Um 13:00h verlassen wir die Tempelanlage und arbeiten uns zunächst auf steil ansteigenden Treppen nach oben, dann weiter auf losem Geröll, teilweise auch etwas ausgesetzt. Immer wieder genießen wir den einmaligen Ausblick auf die Machu Picchu Tempelanlage. Hier oben sind nur noch Wenige unterwegs. So begegnet uns eine Brasilianerin, die vom Gipfel kommt und uns im small talk mitteilt, dass sie in Florida wohnt und einen German Boyfriend hat. Dass wir ihr einige Stufen hinuterhelfen belohnt sie auf gut Amerikanisch mit „I love you".
Jürgen und ich nutzen unsere „Zweisamkeit" zum Austausch einiger persönlicher Gedanken und Informationen, über die sich hier oben - auch losgelöst von der Besonderheit des historischen Ortes - trotz hin und wieder aufkommender Atemnot gut reden lässt.
Nach 1 1/2h erreichen wir den Gipfel. Mein Höhenmesser zeigt 3.065m. Auf dem Gipfel genießen wir zunächst den grandiosen Ausblick rundum. Wir sehen den letzten Teil des Inka-Trails aus dieser neuen, höheren Perspektive und den Urubamba-Fluss, der sich in 3 Tälern tief eingegraben hat und als besonderes Schmalkerl die verlassene Inkastadt Matchu Picchu aus einer wieder neuen Perspektive. Von hier oben konnten wir auf den bevorstehenden Berg unserer Begierde, den Putucusi „herunter" sehen.
Jürgen öffnet die Gipfelbar, wir teilen sein Wasser und seinen köstlichen Tee mit süßen Keksen und sind ein wenig stolz, dass wir es hier hinauf geschafft haben. Die große 7-farbige Regenbogenfahne auf dem Gipfelfels weht von einem mächtigen Mast weithin sichtbar über uns.
Nach einer halben Stunde Gipfelgenuß und dem Auffinden und Fotografieren einer Reihe exotischer Blumen, machen wir uns auf den Abstieg und erreichen nach 45 min das Gate zur Machu Picchu - Anlage und fahren mit einem der Busse zu unserem Hotel nach Aguas Calientes.
13.09.09 (Die Inka-Trail Gruppe)
Entgegen allen anderen Inka-Trailern brechen wir nicht bereits zwischen 4 und 5 Uhr auf, um den Sonnenaufgang am Inti Punku, dem Sonnentor über Matchu Pitcchu zu erleben, sondern genossen vollkommen unter uns die in unmittelbarer Nähe des Übernachtungscamps gelegene Inka Ruinen Wiñay Wayna, was so viel heißt wie Ewig Jung. Sie sind hoch über dem Urubamba-Tal an den Hang gebaut und von gut erhaltenen Ackerbau-Terrassen umgeben.
Gegen 9 Uhr begeben wir uns auf den 6 km langen Weg zum Sonnentor. Der Weg führt sehr schnell in eine tropenhafte Waldvegetation. Wir sehen die Nationalblume der Inka-Region, eine doldenartige Orchidee, worauf uns Yovanna aufmerksam macht, sowie weitere schöne, unterschiedliche Orchideeenarten und als Schmarotzer auf Baumästen wachsende, rot blühende Akazien. Viele bunte Schmetterlinge (Zitronenfalter, Pfauenauge, ganz dunkelbraune und auch recht große mit enormer Spannweite) begleiteten uns auf dem Weg. Die Sonne strahlt, sogar der uns treu gebliebene Berg Veronica zeigt sich kurz zwischen den ihn ständig umlagernden Wolken in seiner vollen Pracht.
Wir erreichen das Sonnentor Inti Punku (2.700 m) gegen 10:30 Uhr. Es ist ein ergreifender Moment, die ganze Matchu Picchu Anlage mit dem Wayna Picchu dahinter in praller Sonne vor sich zu haben. Eine erlebnisreiche Camino Inka Wanderung findet damit ihr glückliches Ende.
14.09.09
Um 07:00h nehmen wir erneut den Bus nach Machu Picchu. Heute wollen wir relaxt die ganze Anlage durchstreifen und mit Yovannas Erläuterungen möglichst viel über die Geschichte dieser Anlage erfahren. Von den sehr umfangreichen Informationen zu Machu Picchu möchte ich hier nur einige mir wichtig erscheinende festhalten:
- die Anlage stammt aus dem 15 Jahrhundert
- sie wurde von den Inka in rund 2.500 m Höhe gebaut, weil sie der Sonne nahe sein wollten
- sie besteht aus einem Wohngebiet, einer Tempelanlage und einem Agrarsektor
- die Stadt wurde ca. 1525 verlassen, wahrscheinlich wegen einer Epidemie. Die Einwohner zogen sich über die so genannte „Inkabrücke" auf schmalen, steilen Pfaden in den Urwald zurück
- entdeckt wurde M.P. erst 1911 vom Amerikaner Bingham. M.P. war damals von Urwald völlig überwachsen
- in M.P. gefundene Gegenstände befinden sich heute z.T. noch im Besitz der Yale Universität, Boston/USA und sollen demnächst an Peru zurückgegeben werden
- M.P. ist heute Weltkulturerbe und eine der größten Sehenswürdigkeiten Südamerikas bzw. der Welt
Heute „verkneifen" Jürgen und ich uns, den verlockenden Huayna Picchu (Junger Berg) zu besteigen, nachdem wir gestern den Machu Picchu (Alter Berg) erklommen haben. Stattdessen fahren wir zurück nach Aguas Calientes und genießen Apple Pie mit Cappucino. Jürgen gönnt sich ein erholsames Bad in den warmen Thermen von Aguas Calientes. Abends Abendessen mit Yovanna und ihrem Mann Ronaldo. Zu Sechst genehmigten wir uns in einer kleinen Kneipe nahe dem Hotel noch einen Absacker aus nationalen, exotischen Getränken. Wir lachten und scherzten viel, es war ein harmonischer, lustiger Tagesausklang.
15.09.09
Heute steht ein neues Highlight, die Besteigung des 2.630 m hohen Putucusi an. Dabei kommt es darauf an, dass nicht nur alle, die mitgehen wollen, auch auf den Gipfel kommen sondern vor allem auch wieder heil herunter. Außerdem möchte ich, dass der 78-jährige Rudi den Gipfel schafft, unversehrt wieder unten ankommt und dabei ein besonderes Erfolgserlebnis hat.
Um 08:00h starten wir mit leichtem Gepäck. Nach der relativ flachen Anfangsstrecke, gelangen wir an den Einstieg der ersten Leiter. Ronaldo, unser peruanischer Führer, geht zunächst mit den drei Männern unserer Gruppe voran, dann folgen die beiden Frauen und zum Schluss gehen Rudi und ich.
Die 1.Leiter ist kurz und nicht sehr steil, also sehr gut zum Üben geeignet. Sodann kommt die Schlüsselstelle, die ca. 40 m hohe 2. Leiter. Mit etwas Abstand zwischen den Männern, den beiden Frauen und Rudi und mir kommt unsere Gruppe - zwar stark schwitzend und von Mücken geplagt - in einem moderaten, gleichmäßigen Tempo gut voran. Rudi, der vor mir geht, ist sehr trittsicher und es kommt in keiner Phase zu irgendwelchen Risikosituationen. Wir fotografieren viel von oben und von unten. Schon bald gelangen wir über weitere Leitern immer höher und aus dem dicht bewachsenen Berg in freies, felsiges Gelände. Nach regelmäßigen Trinkpausen erreichen wir schließlich die Gipfelregion und haben bereits herrliche Ausblicke auf das unter uns liegende Urubamba Tal. Nach 1:40 Stunden erreichen alle schließlich den Gipfel. Wir klatschen uns ab und genießen als erstes den wunderbaren Blick auf die gesamte Inka-Anlage von Machu Picchu, die auf der gegenüberliegenden Seite des Tales vor uns in der Sonne liegt. Alle sind hellauf begeistert von dieser neuen Perspektive mit dem Huayna Piccu rechts von uns und links der über 3.000 m hohe Machu Picchu, den Jürgen und ich am Vorvortag bestiegen haben.
Nach einer ausführlichen Gipfelpause, in der Ronaldo sich mit einer Flasche Wein bedankt, die zum Teil an Pachtamama für die unfallfreie Besteigung geopfert wird und von der dann jeder von uns einen Schluck abbekommt, beginnen wir vorsichtig mit dem Abstieg. Ich bleibe immer hinter Rudi und spüre und sehe, wie er seinen eigenen Gipfelerfolg genießt. Mehrmals hüpft er die Felsstufen hinunter und breitet an flachen Stellen seine Arme wie die Flügel eines Kondors aus und zieht kurze Kurven. Ohne Schwierigkeiten steigen wir die Leitern hinab und erreichen genau zur vorgegebenen Zeit nach insgesamt 3 ½ Stunden wieder unser Hotel in Agua Calientes.
Den Nachmittag verbringen die meisten bei Capuccino und Kuchen in einem der vielen Cafes, während Jürgen noch ein ausführliches Bad in den Thermalquellen oberhalb von Aguas Calientes nimmt.
Um 17:00h verlassen wir A.C. mit dem Zug in Richtung Poroy / Cuzco und kommen um 21:00h in Cuzco im bereits bekannten Hotel Suen?os del Inka an.
16.09.09
Bereits um 07:00h verlassen wir Cuzco auf dem langen Weg nach Puno (ca. 380 km). Die Fahrt führt zunächst zum Ort Oropesa, die Stadt des Brotes deren leckeres süßliche schmeckendes aus Mais gebackenes Fladenbrot bis nach Cuzco geliefert wird. Dann Andahuaylillas, wo die „Sixtinische Kapelle der Anden", die Lehmziegelkirche Templo San Pedro Apostol besichtigt wird. In der von Jesuiten gebauten Kolonialkirche sind außerordentliche Fresken, ein großer Goldaltar und eine Reihe großer Gemälde - meist von Malern der Cuzco-Schule - zu sehen.
Danach geht es über San Pedro de Cacha zu den Ruinen von Racchi. Hier steht ein großer Inka-Tempel - Templo de Wiracocha - zu Ehren des Gottes Huiracocha mit einem einst 90 m langen Hauptgebäude, wovon noch 12 m hohe Adobe-(Lehmziegel-)Mauern zu sehen sind und ca. 160 runden lavasteinernen Getreidespeichern. Auf dem kleinen Kirchplatz vor der Ruine befindet sich ein reizvoller, kleiner und farbenprächtiger Markt, wo allerhand Souveniers von Indiofrauen angeboten werden.
Weiter geht es dann hinaus auf den 4.338 m hohen Pass Abra La Raya und dann hinein in die 3.800 m hohe andine Hochebene, dem Alti Plano. Hier sind wir beeindruckt von den vorbeiziehenden Schaf-, Kuh-, Lama- und Alpakaherden der dort lebenden Bauern.
Bevor wir uns Puno nähern, müssen wir Juliaca (Hauptstadt der Provinz San Roman mit 220.000 EW) in 3.825 m Höhe passieren; eine selten hässliche, und staubige Großstadt mit unfertigen Backsteingebäuden, vielen dreirädrigen Rikschataxis und wie uns Yovanna sagte, Taschendieben. Es soll die gefährlichste Stadt Perus sein. Sie ist als Handels- und Schmugglerstadt bekannt. Hier werden Markenwaren und Musiktonträger aus aller Welt kopiert und gefälscht. Da wir auf der ganzen Strecke keine Gelegenheit zum Mittagessen fanden, folgte Yovanna der Empfehlung unseres Busfahrers in eine kleine Hähnchengrillkneipe, wo wir aller Skepsis zum Trotz ganz schmackhaftes Hähnchen mit Pommes und Cola aus der Flasche zu uns nahmen. Auf die „Toilette" traute sich keiner von uns!!!
Schließlich erreichen wir 15 km vor Puno einen Abzweig zu den Chullpas von Sillustani. Hier verabschieden wir uns von Yovanna, die uns die letzten Tage bestens geführt und betreut hat und treffen gleichzeitig Benito, unseren neuen Führer für den Titicacasee.
Mit Benito besichtigen wir bei bereits sehr tief stehender Sonne zunächst die bis zu 12 m hohen steinernen Grabtürme von Sillastani aus der Vorinkazeit (12. Jht.) und anschließend machen wir noch einen äußerst interessanten Besuch in einer „Uta"-Wohnung bei einer einheimischen Indiofamilie. Wir dürfen uns in den Gebäuden, d.h. im Wohn-/Schlafhaus, dem Küchenhaus und dem Vorratshaus umsehen. Die Familie hat 2 kleine Kinder; deren Mutter zeigt uns wie sie Mehl mahlt und wie sie ihre Familie mit Gemüse, Kartoffeln, Früchten und selbstgemachtem Käse ernährt. Wir sind sehr beeindruckt von der Fröhlichkeit der ganzen Familie und verabschieden uns mit ein paar Süßigkeiten und mit dem Kauf einiger Souvenirs.
Nach Einbruch der Dunkelheit erreichen wir Puno und unser zentral gelegenes Hostal Sillustani. Auf Enpfehlung von Benito gönnen wir uns ein leckeres Abendessen im gemütlichen Restaurant La Casona auf der Jr. Lima.
17.09.09
Um dem allgemeinen Touristenstrom zu entkommen, fahren wir bereits um 07.00h mit unserem „Privatboot" hinaus auf den Titicacasee. In der Nacht gab es Gewitter und es hat gehagelt; überall liegen noch Hagelkörner. Es ist kühl. Das Wasser des Sees hat nur 7-8°C. Schon nach kurzer Fahrt erreichen wir große Schilffelder, auf denen gerade von Indios Schilf „geerntet" wird. Mehrere Boote begegnen uns, in denen die Väter ihre Kinder zur Schule „schippern".
Laut Benito ist das Wasser in der Bucht von Puno ziemlich schmutzig, da es für Puno keine Kläranlage gibt. Er meint das liegt nur am Bürgermeister, der sich zu wenig um die Angelegenheit kümmert.
Nach 10min Bootsfahrt erreichen wir eine der 45 Inseln von Urus, der Inselwelt auf künstlichen Schilfinseln. Hier stoppen wir und begeben uns auf eine der Inseln. Von den Einwohnern lernen wir, wie sie die Inseln - 20 m über Grund - anlegen, Schilfhäuser darauf bauen und mit mehreren Generationen ihr ganzes Leben dort verbringen.
Dann geht es weiter hinaus auf den „großen" See zur Insel Taquile. Die Überfahrt dauert ca. 2 Stunden. Hier legen wir erneut an, genießen in einem kleinen Restaurant am Bergkamm der Inselgemeinde eine Titicacasee-Forelle und durchwandern die Insel über ihren höchsten Punkt von 4.000 m. Danach geht die Bootsfahrt zurück nach Puno, vorbei an einer großen Schilfinsel, die verbotenerweise abgebrannt wird, um neuem, frischen Grün Platz zu schaffen.
Abends haben wir nach der guten gestrigen Erfahrung wieder einen Tisch im Restaurant „La Casona" - nahe der Plaza de Armas - bestellt und genießen dort die peruanische Küche. Jürgen bestellte sich Guy, das besagte Meerschweinchen. Zartes, gut schmeckendes Fleisch aber kaum was dran, nichts für hungrige Mägen!
18.09.09
Gegen 07:30h holt uns unsere letzte Führerin - Ute Appel, eine seit 20 Jahren in Arequipa lebende Deutsche aus Kassel - am Hotel ab. Da wir eine lange Strecke von ca. 380 km in das malerische Colca-Tal vor uns haben, werden wir von zwei Fahrern - Jose und Juan - chauffiert.
Zunächst geht es von Puno zurück nach Juliaca. Diese Industriestadt gilt - wie bereits erwähnt - als Standort für eine weltweit fast einmalige Kombination aus Schmuggel und Markenpiraterie (u.a. CDs und Textilien). Dann geht es über eine neue Strasse nach Nord-Westen Richtung Arequipa hinaus in die flache Hochebene auf 3.800m. Wir sehen wieder große Alpaka-, Lama- und Schafherden. Gegen 10 Uhr pasieren wir auf 4.413m die Laguna Saracoca und Laguna Lagunillas wo wir zahlreiche Flamingos im seichten Wasser der Seen fotografieren können. Nach drei Stunden erreichen wir den 1.Pass des heutigen Tages, den Cruzero Alto auf 4.528 m. Die Landschaft wird karger und geht allmählich über in Hochwüste. In der Ferne die Vulkane Hualca Hualca (6.025 m), Sabancaya (5.976 m) und Ampato (6.288 m).
Nach einer weiteren Stunde Fahrzeit bei gutem Wetter und milden Themperaturen in der Sonne sehen wir zum ersten Mal am Horizont, „unseren" nächsten Berg, den Misti (5.823m) in seiner lavagrauen Farbe, den Rudi, Jürgen und ich in einigen Tagen besteigen wollen. Links daneben den Pichu Pichu, rechts daneben den Chachani, alle um 6.000 m.
Auf der Weiterfahrt gelangen wir auf inzwischen Schotterstraße zum höchsten Punkt unserer Busfahrt, auf den 4.910 m hohen Patampa-Pass am Mirador los Andes. Der ganze Bereich um den Pass ist gekennzeichnet durch hunderte von Steinmännchen, die die vorbeiziehenden Reisenden hier aufgestellt haben. Hier wächst auch das grasgrüne Yareta-Moos, welches über Steinen wächst und sich pro Jahr um 1 cm vergrößert und von dem Büschel gefunden wurden, die bereits 10.000 Jahre alt sein sollen.
Dann geht es vor dem Panorama der schneebedeckten Cordillera de Chilca in Serpentinen hinunter in das Colca-Tal zum Städtchen Chivay (3.650 m), in dem wir noch den farbenprächtigen Markt besuchen bevor wir das wunderschöne Hotel Pozo del Cielo mit Blick auf die Stadt beziehen. Die Nacht sollte sehr kalt werden, wir bekanen sogar heiße Wärmflaschen ins Bett!
19.09.09
Heute erwartet uns schon wieder ein besonderes Erlebnis, denn wir wollen am Cruz del Cóndor die berühmten Andenkondore beobachten. Schon um 06:30h verlassen wir unser schönes Hotel ins Colca-Tal. Das Tal ist 175 km lang, davon 75 km Canyon. An der tiefsten Stelle ist der Canyon über 3.000 m tief (in Peru ist es üblich, die Differenz vom nächstgelegenen Gipfel bis zur Talsohle des Canyon zu messen) und damit einer der tiefsten Canyons von ganz Südamerika.
Die Kondore, die wir heute beim Flug bewundern wollen, verlassen morgens ihre Nist- und Schlafplätze, wenn die Sonne die Luft über der Schlucht erwärmt hat und damit für mächtigen Auftrieb sorgt. Die beste Zeit ist zwischen 08:00h und 10:00h.
Die Kondore sind mächtige Vögel mit einer Spannweite von bis 3 m, einer Länge von 1,70 m und einem Gewicht von 10 - 14 kg. Sie sind reine Aasfresser. Nach 8 Jahren werden sie geschlechtsreif; das Gefieder der braunen Jungvögel bekommt bei „Volljährigkeit" auf dem Rücken einen breiten weißen Streifen und am Hals eine weiße Krause. Die Männchen haben zusätzlich einen roten Kamm. Kondore haben ein Flug-/Nahrungsgebiet von ca. 150 qkm und sie können bis 70 Jahre alt werden.
Als erste sieht Christine noch vor Erreichen des Kondor-Kreuzes einen Kondor, der über dem Colca-Canyon auftaucht. Gespannt und lautlos schauen wir von oben in die Schlucht hinab und nach und nach sehen wir immer mehr Kondore. Nahezu ohne Flügelschlag folgen sie den Felskonturen und man kann deutlich erkennen, wie sie Segelflugzeugen gleich die Thermik der sonnenbeschienen Hänge nutzen, um sich nach oben zu schrauben. Mit nur leichten Veränderungen der Schwanzfedern und den äußeren Flügelspitzen steuern sie ihren Flug präzise und gleiten mit einem leichten Windgeräusch über unsere Köpfe. Wir können zeitweise bis zu 10 Kondore gleichzeitig beobachten. Mit unseren Kameras versuchen wir, sie in besonders schöner Flugphase einzufangen, was ziemlich schwierig ist. Nur einige schaffen es, „picture post card - würdige" Fotos zu schießen.
Nach knapp 2 Stunden ist das Schauspiel vorbei, denn nun haben die Kondore sich hochgeschraubt und beginnen jetzt ihren Überlandflug auf der Suche nach Aas und erst am Abend kurz vor Sonnenuntergang kommen sie zurück. Entlang des imposanten Cañon de Colca wandern wir etwa eine Stunde lang zu unserem an der Straße wartenden Bus. Auf der Rückfahrt besuchen wir die Dorfkirche von Maca aus der Kolonialzeit mit einem vergodeten Altar.
Am Nachmittag unternehmen wir noch eine schöne Wanderung (ca. 9 km) flussaufwärts im Colcatal, direkt unten am Colcafluß. Dabei kreuzen wir die 144 km lange Wasserleitung, die quer durchs Gebirge zur Küste führt und dort für die Bewässerung von Feldern genutzt wird. Sehr einsam und abgelegen, entlang von Anbauterrassen aus der Preinkazeit und einsamen Anlsiedlungen von Bauern, die kleine Felder mit Einstammpflügen und einem Rind bestellen, endete die Wanderung an den Thermen La Calera 3 km vor Chivay.
Den Tag lassen wir abends in unserem schönen Hotel bei einem saftigen Alpaka-Steak und einem kühle Cuzqueña-Bier ausklingen.
20.09.09
Für Rudi, Jürgen und mich ist dies der Tag, an dem die Besteigung des Misti beginnt, während die anderen etwas länger schlafen können und dann gemütlich nach Arequipa, zur letzten Station unserer Reise weiterfahren.
Wir drei werden um 07:30h abgeholt und begeben uns auf die ca. 200 km lange Anfahrt zum Misti. Wieder überqueren wir den 4.910 m hohen Patampa-Pass mit seinen vielen Steinmännchen; vermutlich sind wir heute die ersten, die an diesem Sonntag hier oben vorbeikommen. Erstaunlich, was wir an einer Poll-Station zu Gesicht bekommen: eine ganze Truppe von Männern, Frauen und Kindern sammeln in der ganzen Landschaft herumfliegenden Müll, meist Plastikfolien und leere Plastikflaschen ein. Es gibt scheinbar doch Obrigkeiten, die ein gewisses Umweltbewusstsein entwickeln und die Natur nicht nur vergewaltigen und ausbeuten.
Allmählich taucht der Misti in seiner vollen Kegelform vor uns auf. Bis zu seinem Fuße ist es aber noch weit. Auf der ihm vorgelagerten Hochebene sehen wir die halbwilden Vikuñas, die wegen ihrer Wolle sehr geschätzt sind. Bald passieren wir ein Wasserkraftwerk (Agua Blanca), dessen Stausee fast leer ist. Von hier wird die 90 km entfernt liegende Millionenstadt Arequipa mit Strom versorgt.
Allmählich muss unser four wheel driven Toyota nun richtig arbeiten: in der feinen Flugasche des Misti und einiger umliegender Vulkane kommen wir nur mühsam voran. Schließlich erreichen wir nach 4 Stunden Fahrt den Startpunkt am Fuße des Mistis. Hier, auf jetzt 4.200 m begrüßen wir unseren Führer Arcadio (56) sowie zwei Träger und einen Koch.
Nach 30 min Ausrüstungscheck und -sortierung gehen wir zu Viert Arcadio, Rudi, Jürgen und ich los; die Träger und der Koch sind uns schon vorausgeeilt, um das Basecamp aufzubauen. Arcadio wählt ein sehr langsames Tempo, das dem 78-jährigen Rudi erlaubt, gut zu folgen. Jürgen und ich können dabei das Gelände und die Landschaft um uns herum bestens wahrnehmen.
Schon nach dem ersten Anstieg gelangen wir in eine Vulkanasche-Düne aus grau-schwarzer Flugasche. Mal ist sie trittfest, mal bittet uns Arcadio sanft aufzutreten, um nicht bis über die Knöchel darin zu versinken. Offenbar wandern diese Dünen, getrieben vom Wind; an manchen Stellen sieht es aus wie in der Sahara, nur dass die Dünen hier grauschwarz sind. Erstaunlich, dass hier noch die einen und anderen grasartigen Pflanzen wachsen. Arcadio macht uns sogar auf einen einsamen, weißen Pilz im grauschwarzen, trockenen Lavasand und Losung von eigenartigen Hasen aufmerksam.
Nach 3 Stunden langsamen Aufstiegs an dem spärlich mit Hochgras und dem grünen Yareta-Moos bewachsenen Hang des Misti erreichen wir das Basislager auf 4.800 m. Hier haben die Träger bereits 4 Zelte aufgebaut: 1 Zelt für Rudi, 1 Zelt für Jürgen und mich, 1 Zelt zum Essen und die Träger und den Koch und 1 Zelt für Arcadio.
Nach einem schmackhaften Essen mit Gemüsesuppe und Spagetti mit Hühnchen ziehen wir uns nach Einbruch der Dunkelheit zur kurzen Nachtruhe in unsere Zelte zurück. An tiefen Schlaf ist allerdings nicht zu denken, da die hochaufragenden Zelte der Träger und von Arcadio im Wind hier auf 4.800 m laute Flattergeräusche abgeben. So kommt es bei mir zu einem Wechsel von Wach- und Schlafphasen, die ich immer wieder auf dem grün-leuchtenden Zifferblatt meiner Uhr verfolge.
21.09.09
Wie der Zufall es will, ist dieser neue Tag ein ganz besonderer in Peru - und auch für uns! Es ist nämlich der Tag der Sommersonnenwende und unser Misti-Gipfeltag. Kurz nach 01:00h verlassen wir unser Zelt und machen uns „gipfelfertig". Leider vermeldet uns Rudi aus seinem Zelt, dass er „Schmerzen im Arm" - herrührend von einem früheren Sehnenabriß - habe und sich entschieden hat, nicht mitzugehen.
Nach einem kurzen Frühstück mit Arcadio, bestehend aus frischem, warmem Pfannkuchen, warmer Milch mit Cerialien und leckerer Leberwurst, die Jürgen vom Vogelsberg mitgebracht hat, machen wir uns um 02:30h auf zum Gipfel des Misti. Obwohl es nicht sehr kalt ist, ziehen wir alles Mitgebrachte Wärmende an und das ist gut so.
Zunächst geht es Zick-Zack durch ein Geröllfeld. Es ist erstaunlich, wie Arcadio in der Dunkelheit, nur erleuchtet von unseren Stirnlampen und dem grandiosen südlichen Sternhimmel, den schmalen Pfad nach oben findet. Nach dem Geröllfeld folgt eine längere Passage aus reiner Flugasche und hier ist Kondition gefragt, denn bei einem Schritt nach oben sinkt man wieder ¼ Schritt zurück.
Nach 45 min Aufstieg machen wir die erste Rast. Wir sind ziemlich schnell gegangen, bereits auf über 5.000 m angekommen und wollen jetzt etwas langsamer hochsteigen. Das ist auch notwendig, denn es wird immer steiler. Die Route führt nun als Traverse auf die gegenüberliegende Seite des Berges, aber immer ansteigend. Etwa alle 45-60 Minuten wird an einem felsigen Platz - solche gibt es selten - eine Verschnauf- und Teetrinkpause eingelgt. Die dünne Luft und die Tritte im lavasandigen Untergrund machen uns schon zu schaffen.
Im Osten rötet sich bereits gegen 4:30 Uhr der Himmel und allmählich geht die Sonne an diesem für die Inkas so bedeutenden Tag der Sommersonnenwende auf. Im Licht des neuen Tages können wir jetzt zum ersten Mal den Teil des Kraterrandes erkennen, auf dem sich der höchste Punkt mit dem Gipfelkreuz befindet. Das motiviert, denn es ist inzwischen nach über 4 Stunden in der losen Asche des Vulkans sehr schwierig geworden, aufzusteigen. Bei jedem Schritt nach oben rutscht man wieder ein Stück zurück. Arcadio ermuntert uns, indem er die abnehmende Anzahl der Zick-Zacks jeweils ansagt. Endlich kommt das Gipfelkreuz in voller Größe in Sicht und nach weiteren 4 Zick-Zack erreichen wir den Gipfelgrat. Von hier sind es jetzt nur noch wenige Minuten bis zum Gipfelkreuz.
Arcadio lässt sich zurückfallen, um einem von uns den 1.Schritt auf den Gipfel zu überlassen. Wir aber bitten ihn zu uns aufzuschließen und so gehen wir 3 schweigend nebeneinander in einer Linie zum Gipfelkreuz. Dort - nach 5 1/2 Stunden - angekommen, bilden wir einen Dreierkreis, hüpfen vor Freude mit ein wenig wässrigen Augen und beglückwünschen uns gegenseitig. Dann danken wir mit einer kleinen Zeremonie Patchamama, indem wir aus Jürgens Flachmann etwas wertvollen Whisky auf die Erde schütten und dann jeder selbst einen Schluck nehmen.
Etwa eine halbe Stunde genießen wir den grandiosen Ausblick in alle Richtungen. Wir sehen hinunter auf die 2.500 m unter uns liegende Millionenstadt Arequipa, die hochgelegenen Salzfelder im Osten und die beiden Stauseen für die Stromerzeugung, neben uns den 6.075 m hohen Chachani mit seiner kleinen Schneekappe und am Horizont im klaren Morgenlicht viele schneebedeckte 6.000er. Wir sind die ersten auf dem Gipfel und es folgen nach einiger Zeit ein Schweizer und ein Deutscher mit ihrem peruanischen Begleiter. Mehr Menschen sehen wir an diesem Tag am Misti nicht.
Der Abstieg ist ein weiteres Erlebnis. Zunächst steigen wir ein Stück weit hinunter in den Krater zu einem windschattigen, sonnigen Plätzchen, wo wir eine Jausenpause einlegen. Bereits von oben haben wir verschiedene Stellen gesehen, an denen weißer Dampf entweicht. Es riecht stark nach Schwefel bzw. landläufig gesagt nach „faulen Eiern". Wir gehen Direttissima soweit hinunter, bis wir den kompletten Kratergrund sehen können. Es gibt hier besondere Felsformationen und Gesteinsfarben, die erahnen lassen, wie es bei einem Ausbruch zugeht. Wir sehen rote, gelbe, weiße und tief schwarze Felspartien. Besonders beeindruckend sind die grün-gelben Schwefelablagerungen auf dem Kraterboden, aus dem überall weiße Wölkchen aufsteigen.
Von hier unten steigen wir nun wieder zum Kraterrand empor, um von da die „diretissima", also einen der von außen sichtbaren Hänge des Misti direkt nach unten zum Basislager zu nehmen. Es dürften ca. 800 bis 1000 Höhenmeter abwärts sein, die wir nun in tiefer Asche, direkt auf die kleinen roten Punkte der Zelte zuhaltend, abwärts stürmen. Wenn auch das Abwärtsgehen leichter fällt als das Hochsteigen, bedarf es doch äußerster Konzentration. Wir schwimmen praktisch auf einer „Aschewelle" nach unten aber immer Gefahr laufend, dass wir an einem Stein hängen bleiben und dann stürzen. Der feine Staub dringt überall ein, Ohren, Augen und bei mir der Rachenraum sind im Nu gefüllt und ich habe Schluckbeschwerden, wie bei einer Erkältung. Dennoch unser Lager rückt immer näher und nach insgesamt 8 1/2 Stunden erreichen wir schließlich das Basislager, wo noch ein Träger und der Koch auf uns warten.
Höhenmeter und Herzfrequenz von Paul Thelen während des 9-stündigen Auf- und Abstiegs
Nach einer kurzen Pause geht es dann weitere 600 Höhenmeter hinab auf 4.200 m zum Ausgangspunkt der Besteigung, wo bereits Rudi und unser Toyota wartet, um uns nach Arequipa zurück in die Zivilisation zu bringen.
Abends treffen wir uns mit der ganzen Gruppe in dem feinen Restaurant „Zig Zag" zu unserem Abschiedsessen, denn bereits morgen geht es zurück nach Deutschland.
Da Jürgen und ich leider noch keinen Eindruck von Arequipa, einer der schönsten südamerikanischen Städte bekommen konnten, machen wir nach dem Abendessen noch einen Schnelldurchgang durch das Stadtzentrum. Was wir sehen, sind schöne Restaurants, tolle Läden und eine überwältigende Plaza de Armas mit an drei Seiten umlaufenden Bogengängen, die jetzt am Abend von unten angestrahlt sind und ein südliches Flair vermitteln, die riesige, weiße Kathedrale mit ihren zwei mächtigen Türmen und mitten auf der Plaza Palmen und viele junge Leute, die hier flanieren.
So bekommen wir einen letzten, wunderschönen Eindruck von dieser Stadt und dem Land Peru, das uns mit Kultur, Trekking und Bergbesteigung soviel Neues in den letzten knapp 3 Wochen beschert hat.
Würselen, 06.10.09
Paul Thelen & Jürgen Drissler